Buch Lest mehr Bücher! - Der Bücherthread

Tablet ist da schon die bessere Wahl aufgrund der Farbdarstellung.

Ich benutze selber ein altes 8" Samsung Tablet zum Lesen dafür, von daher solltest du mit einem billigen Tablet klar kommen. Alternative wäre eins von Lenovo, die sind auch ordentlich in der Preisklasse.
 
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Das ABC der Videospiele Level 2 von Gregor Kartsios

Die Fortsetzung vom RBTV-Moderator macht einiges besser als das Erstlingswerk. Teilweise hatte ich sogar das Gefühl der Autor hätte meine Kritikpunkte am Vorgänger selbst gelesen. So wurde vieles verbessert, nur das Marketing greift weiterhin etwas zu hoch (wenn auch nicht mehr auf dem selben übertriebenen Level wie beim ersten Band). So gibt es hier wieder einige Themen aus der Gamingwelt, die dem Anfangsbuchstaben eines Begriffs zugeordnet werden. Die Bezeichnung Lexikon ist weiterhin lächerlich, der Inhalt fühlt sich auch nicht so gefüllt mit Insiderwissen an, wie es der Klappentext einem weismachen will. Ich würde das Buch auch nur bedingt für Nerds empfehlen. Wer sich mehr mit der Branche beschäftigt hat, kennt mindestens die Hälfte schon.

Doch positiv betonen will ich die Besserungen. Kein Eintrag liest sich mehr so schnarchig wie der Atari-Eintrag vom ersten Band. Auch haben Screenshots jetzt durchgehend eine einheitliche Beschreibung. Der Lesefluss bleibt durch das ganze Buch gleich und das Niveau bleibt bei jedem Eintrag auf dem selben Level. Für Gamingfans ohne großes Wissen ist das Buch empfehlenswert.

Im Detail wundere ich mich aber über Dinge wie Gregors Einteilung von Racing Games. Die Unterscheidung zwischen Arcade und Simulation macht eindeutig Sinn, doch danach Kart-Racer als gleichwertigen Begriff zu verwenden passt dann doch nicht so ganz. Zumal als Beispiele dann auch Diddy Kong Racing und Sonic & Sega All-Stars Racing genannt werden, wo es keine oder eben nicht nur Go-Karts gibt unterstreicht die Befremdheit. Eigentlich hat sich die Bezeichnung Fun-Racer eingebürgert und hätte in meinen Augen besser gepasst.

Allgemein ist das Buch okay und hat im deutschsprachigen Raum keine direkte Konkurrenz. Wer jedoch in dem Bereich belesener ist sollte eher zum Magazin Retro Gamer greifen, da gibt es bedeutend mehr Insiderwissen.
 
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Retro Game Super Translation Selection von Hanenashi Error und Kurt Kalata

Der Titel klingt erstmal doof und billig, ist aber doch sehr interessant. Hier werden Videospiele aus den Zeitaltern der 8-bit und 16-bit genommen und bestimmte Texte der japanischen und der englischen Variante (USA oder Europa) verglichen sowie Hintergründe erläutert.

Dabei gibt es gar nicht so viele Artikel, die sich einfach darüber lustig machen, wie schlecht etwas übersetzt wurde. Stattdessen hat man sich ernsthaft mit den damaligen Problemen auseinander gesetzt und zollt ggf. Respekt für das Ergebnis. Ist sympatisch geschrieben und liest sich sehr gut weg. Die vielen Fallbeispiele werden durch wenige Abschnitte aufgelockert, die auf allgemeine Themen eingehen.
 
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Die Zeitmaschine von H. G. Wells

Auf Amazon wird dieser Klassiker beworben als "erste und beste Zeitreisegeschichte". Vielleicht ist es ja wirklich der erste Roman zu diesem Thema, zumindest ist das sein Ruhm, aber die andere Aussage ist eine maßlose Übertreibung.

Interessant finde ich die Beschreibung des Effekts der Zeitreise. So verharrt der Zeitreisende an Ort und Stelle, ist für die anderen jedoch nicht wahrnehmbar, während dieser selbst die Welt um sich herum im Zeitraffer sieht.

Ungewöhnlich ist die Zeitreise an sich auch, so geht es 800.000 Jahre in die Zukunft. Hier gibt es weniger Technologie als man erwarten würde, dafür beschäftigt man sich mit der evolutionären Folge einer Zwei-Klassen-Gesellschaft. Etwas befremdlich ist hier die Art der Erzählung. So ist der Großteil des Romans eine Nacherzählung, was erstmal nicht ungewöhnlich ist. Doch diese Geschichte wird gefühlt über Stunden mehreren Personen erzählt, wo unter anderem auch ein Journalist darunter ist. Der namenlose Zeitreisende bittet zwar mit Beginn der Schilderung seines Abenteuers, dass er wünscht von den anderen nicht unterbrochen zu werden, doch das dies auch so bleibt verwundert mich. Etwas mehr Dialog hätte ich an dieser Stelle schon erwartet, aber letztendlich verbleiben alle anderen Charaktere inklusive dem eigentlichen Erzähler im Hintergrund.

Das Geschehen bleibt recht banal, finde ich. Die geschilderte Entwicklung des Menschen hat mich nicht so abgeholt. Interessanter finde ich da schon, dass die Reise kurz noch weiterging. Doch gerade an dieser Stelle wird anhand wissenschaftlicher Erkenntnisse deutlich, dass der Roman schon über ein Jahrhundert auf dem Buckel hat. Vielleicht ist gerade das der Punkt, warum der Roman mich nicht bewegt. Er liefert keine unterhaltende Geschichte und lebt vollkommen von einem überholten Setting.

So bin ich nun hier und sage die erste Zeitreisegeschichte kann unmöglich die beste sein. Denn die Zeit ist 1895 eben nicht zum Stillstand gekommen und beflügelt Wissenschaft und Fantasie auch weiterhin.
 
Die Zeitmaschine von H. G. Wells

Auf Amazon wird dieser Klassiker beworben als "erste und beste Zeitreisegeschichte". Vielleicht ist es ja wirklich der erste Roman zu diesem Thema, zumindest ist das sein Ruhm, aber die andere Aussage ist eine maßlose Übertreibung.
Ich hatte kürzlich auch etwas in der Richtung gelesen... allerdings war dies um ein vielfaches schlechter geschrieben:

Edward Bellamy - „Rückblick aus dem Jahre 2000“ (1888)
Noch ein sehr früher Zeitreiseroman, welcher aber eher so etwas wie ein sozialistisches Manifest ist… allerdings kein wirklich gutes, wenn selbst die deutsche Übersetzerin (Clara Zetkin) hier Dinge richtigstellen musste. Geschrieben wurde das Werk 1888 und wie der Titel schon sagt, ist dies sozusagen ein Rückblick des (unfreiwillig) Zeitreisenden (von 1887 nach 2000) auf seine Epoche. Der Gesellschaftsentwurf ist äußerst holzschnittartig und (natürlich) eher so etwas wie eine Kritik an den katastrophalen sozialen Bedingungen des Jahres 1888. Aber wie der Autor sich die Zukunft vorstellte ist teils ganz schön peinlich und trotzt des prinzipiell guten Ansinnens der sozialen Ungerechtigkeit des Entstehungsjahres eine Utopie für die Zukunft entgegenzusetzen, eben diese Utopie noch immer von den Vorurteilen und dem Menschenbild dieses Jahrhunderts geprägt. Charakterzeichnung, Handlung, die wenig kreative Beschreibung der Zukunft und der belehrende Tonfall machen das ganze eher zu einem halbgaren und vor allem unbeholfenen Traktat, bei dem offenbar alles was eine solche Handlung interessant machen könnte, dem Zweck der Belehrung untergeordnet wurde.

Weitere Romane zur Zeitreisethematik die ich zuletzt gelesen habe.

Jack Finney - „Von Zeit zu Zeit“ (auch veröffentlich als „Das andere Ufer der Zeit“ 1970)
Auf jeden Fall ist dies eine eher ungewöhnliche Art und Weise wie hier durch die Zeit (vom Jahr 1970 nach 1882) gereist wird (Selbsthypnose). Auch ist es interessant, wie hier die Story um reale Geschehnisse „herumgestrickt“ wurde und auch historische Fotos, Zeichnungen und sogar Zeitungsausschnitte quasi mit in die Story eingebaut wurden (was allerdings bei der Fortsetzung doch ganz schön überspannt wurde). Dies ist zwar alles sehr kreativ, aber ich fand die Erzählweise teils etwas betulich. Es ist aber schon recht amüsant wie der Held hier staunend durch das Jahr 1882 stolpert. Die Story an sich ist aber prinzipiell mehr eine Art Krimi, als wirklich futuristische Sci-Fi.

Jack Finney - „Im Strom der Zeit“ (1995)
Fortsetzung des Romanes von 1970 und gleichzeitig wohl auch letztes Werk des Autors vor seinem Tod. Allerdings kommt die Fortsetzung nicht ganz an das Original heran, weil vieles, was im Vorgänger noch erfrischend anders und originell war, hier doch deutlich übertrieben wird. Außerdem beginnt das ganze gleich mal mit einem dicken retcon. Übertrieben wurde es hier auch mit der Handlungsepisoden die direkt um zeitgenössische Fotos herumgebaut wurden, da dies hier wirklich viel zu lang ausgewalzt erfolgt. Diesmal geht es ins Jahr 1912 und wie schon beim Vorgänger wurde die Zeit wirklich schön geschildert. Auch wird hier noch mehr darauf eingegangen, ob man die Zeit wirklich verändern sollte bzw. ob dies überhaupt nachhaltig möglich ist. Wie schon der Vorgänger ist auch hier die Art der Zeitreise eher unkonventionell und in starkem Kontrast zu den üblichen Sci-Fi Tropes und damit wirklich erfrischend anders.

Abseits von der Zeitreisethematik hatte ich seit meinem letzten Post hier noch einige Bücher mehr gelesen. Allerdings weiß ich noch nicht, ob ich wirklich alle der Bücher so ausführlich beschreiben soll... da dies inzwischen doch etwas mehr geworden ist. Vielleicht schreibe ich noch mal was zu diesen, vielleicht auch nicht, je nachdem wie ich Lust und Zeit habe.
Hier mal die Liste:
  • Bryn Greenwood „All the Ugly and Wonderful Things“ (aufgrund der Thematik hochkontrovers)
  • Marquis de Sade „Juliette oder Die Vorteile des Lasters“ (wie bei de Sade zu erwarten wortwörtlicher "Torture Porn")
  • Boris Vian (unter dem Pseudonym "Vernon Sullivan") „I shall spit on your graves“ (die Verfilmung hat außer der Rachethematik praktisch gar nichts mit dem Roman gemein... und der Autor verstarb während er im Kino die missglückte Verfilmung sah)
  • Stevie Cameron „On the Farm: Robert William Pickton and the Tragic Story of the Vancouver’s Missing Women“
  • Peter Vronsky „Paul Bernardo and Karla Homolka: The Ken and Barbie Killers“
  • Cormac McCarthy „Die Abendröte im Westen“ (Blood Meridian)
  • Thomas Ligotti „Die Sekte des Idioten“
  • Thomas Ligotti „Grimscribe – Sein Leben und Werk“
  • David Kushner „Masters of Doom“
  • Sir Terence David John Pratchett „Sourcery“ + „Wyrd Sisters“ + „Pyramids“ (ich lese nach und nach den Discworld Zyklus in chronologischer Reihenfolge)
  • Ernest Cline „Ready Player One“ - wovon ich aktuell ca 2/3 gelesen habe.
 
Hui, da Die Zeitmaschine 1895 erschien ist Ein Rückblick aus dem Jahre 2000 auf 1887 (so zumindest laut Google und anderen Seiten der exakte Titel) tatsächlich ein früherer Zeitreiseroman. Wobei ich gerade auf Wikipedia gelesen habe, dass die Zeitreise anscheinend nur durch einen tiefen Schlaf zustande kommt. Sowas empfinde ich technisch gesehen dann doch nicht als Zeitreise. Wenn jemand im anderen Kontext in einem fiktiven Werk für mehrere Jahre eingefroren wird, nennt man die Person dann ja auch keinen Zeitreisenden.

Interessant finde ich aber allgemein der Blick aus der Vergangenheit in die Zukunft. Wir können heute ja auch nicht sagen, wie es in mehreren Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten aussehen wird. Ich hatte mal eine Briefmarke aus dem Jahre 1900 gesehen. Dort stellte man sich vor, im Jahre 2000 würde man ein riesiges Hotel aus Holz gebaut haben, welches per Schienennetz durch die Welt reisen kann. Leider habe ich dieses Motiv online nie wieder gefunden, aber die Idee ist schon interessant. Heutzutage würde man natürlich nicht mehr für solch einen Zweck auf dieses Material zurückgreifen. Gleichzeitig bietet dies aber auch eine gesunde Skepsis gegenüber aktuellen Zukunftsvisionen, ob man bei bestimmten Überlegungen nicht doch zu sehr noch gedanklich in der eigenen Zeit festhängt.
 
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Die Ladenhüterin von Sayaka Murata

Keiko Furukura ist 36 und arbeitet in einem Konbini (24-Stunden-Supermarkt) irgendwo in Japan. Sie leidet an Autismus und hat daher Schwierigkeiten im Umgang mit ihren Mitmenschen. Schon früh merkt sie, dass ihr Umfeld schwer zu verstehen ist, also behält sie viele Gedanken einfach für sich und versucht sich durch Nachahmungen anzupassen. Sie liebt ihre Stelle als Aushilfe, blüht darin richtig auf. Plötzlich wird von den anderen immer wieder betont, das diese Tätigkeit nichts ist, was man in ihrem Alter noch machen sollte. Auch kann sie doch nicht ledig bleiben. Der Klappentext verspricht eine Wendung durch einen neuen Angestellten, doch eine Romanze sollte man hier nicht erwarten.

Das Keiko Autistin ist bemerkt niemand im Buch. Im Kontrast dazu ist mir dies eben bewusst geworden und ich sehe vieles wieder, was mir bei Menschen mit dieser Störung selbst aufgefallen ist. Ich empfinde die Darstellung sehr authentisisch, wüsste aber nicht wie ich diese aufnehmen würde, hätte ich nicht Erfahrungen in dieser Richtung gemacht. Vermutlich wird diese als sonderbar und komisch aufgefasst.

Ein gewisser Humor auf subtiler Ebene macht sich auch breit. Doch viel interessanter finde ich die Gesellschaftskritik, die hier verpackt wird in alltäglichen Situationen und Dialogen. Diese richtet sich natürlich auf die japanische Norm, lässt sich teilweise auch auf die westliche übertragen. Letztendlich geht es um die große Frage, wie man sich mit der Zeit selbst definiert, wenn nicht über Karriere oder Ehe, wie das Umfeld alles besser weiß und was das Herz eigentlich will.

Das Buch umfasst keine 150 Seiten, hat mir dennoch sehr gefallen! Werde mir definitiv anschauen, was die Autorin sonst noch so geschrieben hatte.
 
Die Ladenhüterin von Sayaka Murata
Danke für den Einblick.

... Plötzlich wird von den anderen immer wieder betont, das diese Tätigkeit nichts ist, was man in ihrem Alter noch machen sollte. Auch kann sie doch nicht ledig bleiben. ...

Ich erinnere mich an ähnliche Gespräche, dir mir mal ein chinesischer Kollege aus seiner Heimat berichtet hat. Alle Gesellschaften haben so ihre Eigenheiten und daher bin ich mir bei entsprechender Literatur mit Bezug nie so sicher, ob man das selbst wirklich nachvollziehen kann, oder nicht eher so den Blick mit etwas zu viele Abstand hat und das irgendwo albern findet, weil man es eben nicht kennt und die Figuren und Gespräche nicht so gut nachvollziehen kann.

Das Keiko Autistin ist bemerkt niemand im Buch. Im Kontrast dazu ist mir dies eben bewusst geworden und ich sehe vieles wieder, was mir bei Menschen mit dieser Störung selbst aufgefallen ist. Ich empfinde die Darstellung sehr authentisisch, wüsste aber nicht wie ich diese aufnehmen würde, hätte ich nicht Erfahrungen in dieser Richtung gemacht. Vermutlich wird diese als sonderbar und komisch aufgefasst.

Ein gewisser Humor auf subtiler Ebene macht sich auch breit. Doch viel interessanter finde ich die Gesellschaftskritik, die hier verpackt wird in alltäglichen Situationen und Dialogen. Diese richtet sich natürlich auf die japanische Norm, lässt sich teilweise auch auf die westliche übertragen. Letztendlich geht es um die große Frage, wie man sich mit der Zeit selbst definiert, wenn nicht über Karriere oder Ehe, wie das Umfeld alles besser weiß und was das Herz eigentlich will.

Der Teil hat mich jetzt eher abgeschreckt. In diesem Buch "versteckt" die Hauptprotagonisten - laut dir - ihr psychisches Handicap, d.h. sie trifft auf ein Umfeld, welches dies nicht berücksichtigen kann und entsprechend auch manchmal unpassende Vorstellungen oder Ideen zu ihrem Leben hat. Das kombiniert mit obigem Abstand zu den Mechanismen der japanischen Gesellschaft bin ich mir nicht sicher, ob das Buch wirklich an mich als Leser gerichtet ist.
 
Der Teil hat mich jetzt eher abgeschreckt. In diesem Buch "versteckt" die Hauptprotagonisten - laut dir - ihr psychisches Handicap, d.h. sie trifft auf ein Umfeld, welches dies nicht berücksichtigen kann und entsprechend auch manchmal unpassende Vorstellungen oder Ideen zu ihrem Leben hat.

So trifft es nicht ganz zu, ich hatte meine Formulierung bewusst wie folgt gewählt:

Das Keiko Autistin ist bemerkt niemand im Buch.

Niemand im Buch bemerkt das Handicap. Diese Aussage bezieht sich auch auf Keiko selbst. Sie kennt diese Thematik halt nicht, daher denke ich, ist es sogar sehr bewusst gewählt, dass dieser Umstand auch nicht mal im Klappentext angesprochen wird.

Zum Roman gehört meiner Vermutung nach auch die Aufgabe an den Leser, das Handicap von Keiko zu erkennen. Dies wurde jetzt leider durch meinen Eindruck vorweggenommen. Denn gelingt dem Leser dies, ist er in Bezug auf Keikos Störung schon mal weiter als jede Figur im Roman. Doch das allein führt nicht zu einer Lösung, denn die Störung ist nicht das Problem.

Ich möchte meinen, die Autorin schafft es anhand dieser Störung die schlechten Seiten der Verbesserungsvorschläge aus dem Umfeld besser zu betonen. Das soll aber nicht heißen, dass der Umgang mit Autismus seitens der Autorin nur ein Mittel zum Zweck ist. Die Darstellung dieser Störung finde ich respektvoll.
 
Schaue gerade überblicksartig in Gehen von Thomas Bernhard rein. Absolut fantastisch, den entsprechenden Humor muss man allerdings mitbringen, sonst funktioniert das nicht. :D Die Sprachakrobatik hat bisschen was von Wittgenstein.
 
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Kirschblüten und rote Bohnen von Durian Sukegawa

Eigentlich wollte Sentaro Schriftsteller werden, stattdessen landete er im Gefängnis. Jahre später ergibt er sich dem Alkohol und verkauft leidenschaftslos Dorayaki, so eine Art Pfannkuchen mit süßer Bohnenmusfüllung. Das ändert sich als die ältere Frau Tokue bei ihm im Laden anfängt und zeigt, wie man die Rezeptur bedeutend verbessern kann. Später gesellt sich noch die Schülerin Wakana hinzu, doch ihr Anteil an der Geschichte bleibt recht blass. Hauptsächlich bildet sie einen Kontrast zu Tokue und hat ihr gesamtes Leben noch vor ihr. Der alten Frau erging es in Wakanas Alter nämlich anders, bei ihr wurde damals Lepra diagnostiziert und sie musste ihr bisheriges Leben zurücklassen.

Der Roman dreht sich um Perspektivlosigkeit, Isolation und Ungerechtigkeit. Eine lange Zeit widmet er sich der Zubereitung der roten Bohnen, bis schließlich aus Sicht von Tokue auf die Zustände bei Leprakranken in Japan der letzten Jahrzehnte eingegangen wird. Gleichzeitig wird eine Brücke zu Sentaro geschlagen, was metaphorisch mit einem Kanarienvogel im Käfig noch verstärkt wird.

Wie Sentaro hatte ich eines Abends eine Internetrecherche über diese Krankheit durchgeführt, die die Menschheit nun schon seit Jahrtausenden begleitet. Wobei keine gefundene westliche Quelle sich mit der Lage in Japan befasste, womit der Roman auch weiterhin Neues bieten konnte. Anhand von Erzählungen und den Reaktionen der Kundschaft wird eine Gesellschaftskritik deutlich, die sich diesbezüglich scheinbar kaum seit dem Mittelalter weiterentwickelte, selbst wenn die allgemeinen Zustände sich zumindest in den reichen Ländern gewaltig änderten.

Die Kirschblüten spielen eine untergeordnete Rolle und tauchen im Titel der japanischen und englischen Versionen gar nicht auf. Mit den roten Bohnen wird da schon mehr verbunden, vor allem Hoffnung und Enttäuschung. Ich fand es sehr interessant wie aus Sicht einer fiktiven Person eine reale Gegenheit glaubhaft geschildert wurde und man trotzdem einen Roman erhält. Dafür wurde das letzte Viertel des Buches mit einer Traumsequenz eingeleitet, die ich schon als Klischee empfand, obwohl der Klappentext versprach, dass es gerade sowas nicht geben soll. Danach wurde es langweilig, weil sehr vorhersehbar, da halfen auch keine passenden Metaphern.

Unterm Strich informativ und gefüllt mit lebensbejahenden Aussagen, doch ohne Spannung. Mir selbst bleibt nur ein Charakter in Erinnerung, aber nicht so sehr wie bei Die Ladenhüterin. Das Buch ist übrigens verfilmt worden und kam 2015 in deutsche Kinos.
 
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From Truant to Anime Screenwriter: My Path to "Anohana" and "The Anthem of the Heart" von Mari Okada

Eine interessante und mit gerade mal 161 Seiten recht kurze Autobiografie über die Drehbuchautorin der beiden Anime im Titel. Erschien in USA bei J-Novel Club. Die Frau ist derzeit auch gerade mal 46, also soll hier kein ganzes Leben, sondern eben nur der im Titel versprochene Weg beschrieben werden. Dies gelingt ihr ganz gut. Ich hatte noch nie eine Biografie vorher gelesen und der Schreibstil hat mir den Einstieg sehr erleichtert.

Es gibt schöne Anekdoten, Details aus Maris Leben, die sich in Details in den beiden genannten Anime sowie einem weiteren widerspiegeln, aber auch einen langen Weg zum Dialog mit der Mutter. Einmal mehr wird Mobbing an japanischen Grundschulen gezeigt, was hier jahrelanges Schulschwänzen zur Folge hatte. Es gibt peinliche Einzelheiten, aber nichts Überdramatisches. Nach einigen Zwischenschritten landen wir im letzten Drittel in der Animeindustrie.

Hat mir sehr gefallen und empfinde ich auch inspirierend, wenn man selber mal was erschaffen will. Es erweckt auch das Verlangen, sich die beiden Anime nochmal anzusehen.
 
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The NES Endings Compendium: Years 1985 - 1988 von Rey Esteban

Der Autor schreibt im Vorwort, dass über allemöglichen Hintergründe von Games berichtet wird, aber sich niemand näher mit den Endsequenzen beschäftigte, also wollte er diese Lücke schließen, weil ihn die Enden von Games immer interessierten.

Es war ein Spontankauf für wenig Geld und es hat sich gelohnt. Vier Jahre an NES-Games werden hier abgedeckt, wobei hier nach US-Release gegangen wird und auch nicht wirklich jedes Game besprochen wird. Doch alle bekannten sowie einige weniger bekannte Games sind dabei und noch mehr.
Jedes Jahr beginnt mit einer Übersicht der Coverarts aller Spiele, was mich schon mal sehr anspricht. Zu den Games selber gibt es eine kleine Infobox mit Angabe von Publisher, Entwickler, Anzahl der Enden und eine Bewertung zwischen null und fünf Sternen für eben jene Endsequenzen. Die Handlung des jeweiligen Spiels wird erläutert, wobei der Autor sich hier ausschließlich auf Informationen aus dem Game und dessen Anleitung bezieht. Sofern vorhanden wird auf die unterschiedlichen Endings eingegangen, begleitet mit vielen Screenshots. Es wird sogar auf regionale Unterschiede eingegangen (und Europa dabei nicht vergessen).

Ich bin sehr positiv überrascht wie viel Spaß ich mit den kleinen Buch (132 Seiten) hatte. Am Ende melden sich ein paar Entwickler zu Wort und beschreiben ihr Erlebnis mit dem ersten NES-Games, welches sie zuerst beendeten. Danach folgt ein kurzer Ausblick auf die zweite Ausgabe, die sich wohl ausschließlich um das Jahr 1989 beschäftigen wird. Zum Schluss gibt es noch den schönen Gag, dass man das Buch nun vollständig durchgelesen hat, aber man nun 130 Seiten zurückblättern und nochmal von vorn beginnen kann, was eine wunderschöne Hommage an typische Enden aus solcher Zeit ist.
 
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Pax Britannia: Die Abenteuer des Ulysses Quicksilver - Band 1: Welt aus dem Fugen von Jonathan Green

Steampunk mit Dinos! Naja, nicht in dem Verhältnis wie man es bei dem Cover erwarten könnte. Das britische Imperium beherrscht fast die gesamte Welt sowie den Mond und den Mars. Die außerplanetare Ausbreitung des Menschen spielt in dem Band keine Rolle, doch wundere ich mich gerade wie dies mit Steampunktechnologie möglich sein soll. Es gibt zwar schon Roboter, aber im Himmel sieht man halt noch Zeppeline.

Auf die Dinosaurier hatte ich eine gewisse Vorfreude, doch diese kommen nur im berühmten Londoner Zoo vor. Natürlich gibt es mit denen noch etwas Action, doch das "Covergirl" tanzt im Grunde nur im einem einzigen Kapitel.

Ulysses Quicksilver hat nicht nur einen komischen Namen, er ist auch Agent seiner Majestät. So ganz warm wurde ich mit ihn aber nicht. Er wird oft unter anderem als Dandy beschrieben, was mich wunderte. Kannte das Wort vorher nur durch den Anime Space Dandy und war mir nicht sicher, ob mir das die richtige Bedeutung vermittelte. Letztendlich kann ich mit Agenten nicht so viel anfangen. Sein Butler Nimrod spielt noch eine wichtige Rolle. Sonst gibt es einige Schurken ohne viel Tiefgang.

Ein scheinbarer Raubmord entwickelt sich zu einer großen Bedrohung für das Imperium. So beginnt der Roman als Krimi, wird dann aber zum Agenthriller, der leider auch diverse Klischees durchläuft. Da gibt es viel Bekanntes, selbst wenn man sich nie mit dem Genre geschäftigte. Der Held wird gefangen genommen, doch anstatt sich seiner zu entledigen wird er natürlich allein einer Todesfalle überlassen. Der Bösewicht hält eine große Rede über seinen Plan. Hinzu kommt, dass bei Ulysses regelmäßig der sechste Sinn einsetzt und er dadurch vielen Gefahren mal einfach so ausweichen kann. Wirklich spannend ist das nicht.

Der erste Akt war noch gut und ich hatte noch ein wenig zwischen den Zeilen gelesen, aber dann doch schnell das Interesse verloren. Das Vorwort ist erstmal ganz nett, weil es auf die Entstehung der Geschichte eingeht, aber dann gibt es plötzlich Gedanken zum fünften oder sechsten Band der Reihe, wo ich den Sinn dahinter hinterfrage. Wer will denn schon einen kleinen Spoiler zu einen späteren Band bevor er überhaupt den Prolog vom ersten gelesen hat? (Zumal es auf Deutsch bisher nur die ersten beiden Bände gibt.)

Den Gegenspielern mangelt es an Charakter so das sie schon etwas beliebig wirken. Von der Handlung bleibt die Welt unbeeindruckt, was ein bisschen schade ist. Im Epilog gibt es einen schnarchigen Dialog zwischen Unbekannten, was vielleicht Spannung erzeugen soll, aber ich kann hier nur mit den Augen rollen.

Irritiert hat mich mehrfach das Adjektiv ungeschlacht, das ich erstmal nachschauen musste, weil ich gedanklich in eine andere Richtung ging. Hier wäre die Verwendung von mehr Synonymen besser gewesen, aber das ist nun wirklich Detailnörgeln.
 
Bzgl. Zeitreise ist “Rückkehr von den Sternen” von Stanislaw Lem auch interessant insbesondere die Technologien die sich der Autor in den 1960ern erdacht hatte. Viel interessanter ist dann aber doch die gesellschaftlichen Fragestellungen auf die Bezug genommen wird.
 
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Immun: Alles über das faszinierende System, das uns am Leben hält von Philipp Dettmer

Wer kurzgesagt kennt, weiß was man hier zu erwarten hat. Erkenntnisse aus der Wissenschaft zu einem Thema vereinfacht zusammengefasst und das Resultat gewürzt mit einer Priese Humor (und im Falle des YouTube-Kanals mit zahlreichen Anspielungen im Hintergrund).

Auf lockere und trotzdem sehr informative Weise wird das Immunsystem des Menschen erklärt, was mit zahlreichen Abbildungen im Stil der Videos begleitet wird. Hier gefällt mir vor allem, wie die Thematik auf Augenhöhe erklärt wird. So werden für furchtbar komplizierte Begriffe eingängige Synonyme gefunden, die auch das Verständnis angenehm erleichtern. Wenn zum Ende der Autor meint, das man manches (vor allem Begrifflichkeiten) schon wieder vergessen haben könnte und das dies vollkommen okay ist, dann fühlt man sich einfach gut aufgehoben.

Sehr empfehlenswertes Buch! Wer sich unschlüssig ist oder kurzgesagt überhaupt nicht kennt, kann ja mal in nachfolgendes Video reinschauen:

 
Lesen hier manche User täglich ein ganzes Buch oder was ist hier los?

Frage mich gerade, warum ich den Thread überhaupt noch abonniert habe. Das letzte mal, dass ich ein Buch komplett gelesen hab ist locker 5 Jahre her…
Daran wird sich so schnell auch nix mehr ändern fürchte ich xD
 
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Die dunklen Fälle des Harry Dresden - Band 1: Sturmnacht von Jim Butcher

Wo ich gerade das Cover sehe. Der Protagonist trägt keine Hüte und regt sich in einen späteren Band über solche aus. Der Autor meinte mal in einem Interview, dass der Verlag diese Darstellung so möchte, da dies sich besser verkaufen soll. Schade, dass Marketing hier zur Verfremdung führt.

In diesem Mix aus Urban Fantasy und Krimi verfolgen wir Harry Dresden, einen waschechter Magier in Chicago. Doch die meisten sehen ihn als Hochstapler an und glauben nicht an Magie. Es geht um die Aufdeckung einer klassischen Mordserie, deren Umsetzung jedoch nicht so einfach erklärt werden kann. Man lernt einige Charaktere kennen. Die Art der Magie und deren Auswirkung auf die Technik im Umfeld wird erläutert. Minimal bekommt man auch Ansätze über die fantastische Welt jenseits des bekannten Horizonts mit. Als Auftakt ist der Band okay, Spannung ist vorhanden, Harry finde ich schon in Ordnung, nervt aber ein bisschen durch seine Art Frauen gegenüber.

Ich mag die Reihe, doch der erste Band gibt noch nicht so viel her.
 
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Die dunklen Fälle des Harry Dresden - Band 2: Wolfsjagd von Jim Butcher

Schon bedeutend besser. Beim ersten Lesen erwartete ich schon, hier würden nun einfach nur Werwölfe behandelt werden, doch der Autor bietet bedeutend mehr. Verschiedene Mythologien führen zu drei oder vier verschiedenen Arten von humanoiden Wölfen. Auch hier gibt es wieder eine Mordserie und auch wieder gerät Harry mit einer eigentlichen Verbündeten aneinander. Das sollte ab den nächsten Band nicht mehr so kommen, sonst wäre das schon etwas steif.

Neben der eigentlichen Geschichte wird das Universum weiter ausgebaut. Ein Mafiaboss aus dem ersten Band wird weiter zum Antagonisten aufgebaut, der eine ungewöhnliche Beziehung zum Protagonisten pflegt. Es gibt eine Romanze, aber auch etwas Entgültiges. Gefällt mir besser als der erste Band. Im Rückblick fehlen mir viele Figuren, die die Reihe für mich später ausmachen.
 
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