Ich habe mal noch ein wenig nachgedacht, und mit Screenshots und Videos angesehen, und glaube, zwei vorstellbare Gründe gefunden zu haben, warum viele Wii-Titel bislang so vergleichsweise gruselig aussehen.
Zum einen liegt's wohl am Speicher. Die Wii hat dramatisch mehr Speicher als der Cube, also sollten Texturen und Objekte deutlich detaillierter sein, richtig? Natürlich, wenn man den gesamten Speicher nutzen würde. Aber es scheint, als würden viele Spiele nur die 24MB 1T-SRAM verwenden. Also den Speicherpool, der garantiert da ist, und den schon der Gamecube hatte. Aber eben nur den, nicht die 64MB GDDR3. Vielleicht, weil diese 64MB nicht sicher enthalten waren, schließlich gibt es zwei verschiedene, herausgesickerte Spezifikationen, mit unterschiedlichen Angaben bezüglich der Größe und Geschwindigkeit des zweiten Pools. Und so scheinen einige Studios auf Nummer Sicher zu gehen und sogar 16MB weniger Speicher zu nutzen als auf dem Gamecube - die damals enthaltenen 16MB ARAM waren zwar extrem langsam, aber doch zumindest schnell genug, um Musik und Audiosamples darin abzulegen. Wenn man die nun aus Sicherheitsgründen auch noch mit in die 24MB Sys-Ram knallt, bleibt eben nicht viel Platz für hochauflösende Texturen und detaillierte Geometrie. An Far Cry Vengeance sieht man das beispielsweise, die Sichtweite ist enorm, aber die Details sind für'n Arsch. Logisch, das Terrain muss ohnehin im Speicher sein, also kann man - wenn man schon keinen Platz für bessere Assets im Speicher hat - die Mehrleistung des Systems zumindest nutzen, um die Sichtweite hochzuschrauben. Kostet nichts und macht keine Arbeit.
Und dann hätten wir natürlich die GPU selbst. Die scheint schließlich nicht nur schneller als Flipper zu sein, Nintendo hat scheinbar auch einige Erweiterungen spendiert. Während der Gamecube nur flach-wirkendes Vertex Lighting konnte, zeigen einige Wii-Titel durchgängig Per-Pixel Lighting (zumindest simuliert). Und das ist nur ein Beispiel, auch einige andere Effekte, die Feuereffekte in Pokemon beispielsweise, wären auf Flipper vermutlich selbst mit einer höheren Taktfrequenz so nicht möglich gewesen. Aber wie gut sind die vermeintlich neuen Features dokumentiert, wie gut sind die Tools, und noch wichtiger, seit wann gibt es Tools und Dokumentation? LiveMove oder fmod beispielsweise sind erst seit wenigen Monaten überhaupt verfügbar. Auch ein Programm, um sehr viel speichereffizientere Texturen speziell für Wii zu erstellen, gibt es erst seit Juni - ob das Programm mittlerweile auch in Englisch zu bekommen ist, entzieht sich meiner Kenntnis (ursprünglich nur Japanisch).
Somit dürften viele gerade westliche Entwickler tatsächlich bis mindestens August für einen übertakteten Gamecube mit nur 24MB RAM entwickelt haben - PS2 Ports eben, die zusätzliche Rechenleistung geht für höhere Sichtweiten, bessere Physik oder komplexere Partikeleffekte drauf. Denn grafisch reißt man in ein, zwei Monaten auf Produktions-Hardware nunmal nicht mehr viel raus. So gesehen ist es vermutlich sogar positiv zu werten, dass so viele Spiele ziemlich in letzter Sekunde noch verschoben wurden, gerade voraussichtlich grafisch stärkere Titel wie DQ:S oder FF:CC2, bzw. gleich für viel später angekündigt wurden, wie RE:UC. Für Zelda spielte es keine Rolle, sieht ohnehin aus wie die Gamecube Version. Und Red Steel oder Excite Truck konnte man einfach nicht verschieben, die Titel waren zu wichtig für den Launch. Die anderen Spiele sind simple quick-and-dirty Ports, teilweise sogar grafisch schwächer als die Gamecube Versionen, aber dafür waren sie eben auch spottbillig zu produzieren und sorgen für ein breites Angebot.