Die internationale Gemeinschaft steht in Afghanistan vor dem Scheitern und muss deshalb früher oder später auf die einheimischen Machtstrukturen zurückgreifen, glaubt der Grüne Jürgen Trittin.
Grünen-Bundestagsfraktionschef Jürgen Trittin hält dauerhafte Stabilität in Afghanistan nur für möglich, wenn auch hochrangige Kriegsherren und Talibanführer an der Macht im Land beteiligt werden. Konkret nannte Trittin in der Stuttgarter Zeitung (Montagausgabe) den einflussreichen Warlord Gulbuddin Hekmatyar und Talibanführer Mullah Omar. Was am Ende des Prozesses bestenfalls stehen wird, ist ein Kompromiss und eine Machtteilung mit jenen Kräften, von denen ein früherer US-Präsident mal gesagt hat, sie seien das Böse schlechthin, das vernichtet werden müsse, sagte Trittin.
Regierung soll über Abzugsdatum sprechen
Omar und Hekmatyar stünden zwar noch immer auf der Terrorliste der Vereinten Nationen, räumte der Grünen-Politiker ein. Er sei sich aber ziemlich sicher, dass sie über kurz oder lang in Afghanistan an der Macht beteiligt werden müssten. Auch aus diesem Grund seien
gezielte Tötungen von Aufständischen ein fataler Irrweg. Man muss mir mal erklären, wie man auf der einen Seite einen politischen Deal über eine Machtteilung in Afghanistan mit den Oberkommandierenden der Taliban hinbekommen möchte, wenn man gleichzeitig versucht, die mittlere Funktionärsebene der Taliban wegzuschießen, sagte Trittin.
Der Bundesregierung warf Trittin Konzeptlosigkeit vor. Die Nato habe das Ziel ausgegeben, bis 2014 die Kampftruppen abzuziehen. Die Grünen gingen davon aus, dass das, was für die Nato gilt, auch für die Bundeswehr zutreffe. Die Bundesregierung weigere sich aber noch immer, über Abzugsdaten zu sprechen. Das Ziel, alle gehen und die Deutschen machen als Letzte das Licht aus, kann ja wohl nicht ernsthaft verfolgt werden, sagte Trittin.
nb/ddp