So, ich möchte mal mit dem Beitrag etwas detaillierter aus meiner Sicht darlegen, ob Zelda die beste Videospielserie aller Zeiten ist.
Vorweg: Alles Folgende ist meine persönliche Meinung. Ich erhebe keinen Anspruch auf Richtigkeit meiner persönlichen Ansicht und es ist für mich völlig klar und auch verständlich, wenn viele von euch manche meiner Aspekte anders beurteilen. Ich möchte nur vermeiden, bei jeder Aussage ein „meiner Meinung nach“ oder „imo“ zu benutzen.
Ist Zelda die beste Videospiel-Reihe aller Zeiten? Kurze Antwort: nein. Die beste Serie aller Zeiten ist Super Mario. Zelda reiht sich dahinter ein.
Zu Zeiten von Ocarina of Time und Majora’s Mask war sie es aber. OoT hat 1998 die Videospiellandschaft signifikant revolutioniert und hat zur damaligen Zeit ein Erlebnis auf die Bildschirme gezaubert, das im zeitlichen Kontext seines Gleichen gesucht hat. Es hat auch für damalige Verhältnisse im Grunde nichts schlecht gemacht, sondern war in jeglicher Hinsicht einfach nur großartig. Ich glaube nicht, dass es noch einmal ein Spiel geben wird, das die Videospiele-Landschaft noch einmal so sehr beeinflussen wird. Dafür unterliegt die Branche heute glaube ich zu wenig technischen Einschränkungen. Man kann das Rad nur noch ein klein Wenig runder machen und nur noch Nuancen verändern aber in Sphären, in die noch kein Spiel vorgestoßen ist, kann heute keines mehr vorstoßen, da es keine unbekannten Sphären mehr gibt. In den letzten Jahren hat sich hier insbesondere Sony positiv hervorgetan, die bei ihren Spielen den Fokus zunehmend stärker auf die Inszenierung, die Präsentation der Handlung und eine möglichst hohe Immersion legen.
Hier liegt auch begründet, warum ich Zelda heute nicht mehr als die beste Videospiel-Serie ansehe.
Breath of the Wild hat mir 2017 ausgesprochen gut gefallen. Es war ein großartiges Erlebnis, das sich definitiv in die schönsten in meiner gesamten Videospiel-Laufzeit einreiht. Wenn ich heute Bilder von OoT sehe oder diverse Musikstücke höre, werden sofort Emotionen bei mir geweckt. Das ist etwas, was Spiele wie Oblivion, Mass Effect, Dragon Age und auch The Witcher 3 in diesem Ausmaß nicht geschafft haben. Bei Breath of the Wild ist es ähnlich. Dieses Geklimper beim Reiten hat mich anfangs unfassbar genervt aber mittlerweile steht diese Melodie sinnbildlich für die vielen tollen Stunden, die ich in den Weiten der Wildnis im Frühjahr 2017 hatte. Ich habe BotW sowohl auf der WiiU, als auch auf der Switch jeweils über 100h gespielt und ich habe jede Sekunde genossen. Die intensivsten Momente waren die, in denen ich am stärksten mit der Umwelt interagieren musste. Das waren zum Beispiel die beiden Fackelläufe, wo man die verschiedenen Fackeln mit dem blauen Feuer entzünden musste oder mein persönliches Highlight war die Reise zum Reich der Zoras durch den Regen. Das war der mit Abstand großartigste Moment im gesamten Spiel. Je stärker man mit der Umwelt interagiert hat, desto größer wurden die Magie und der Zauber, die dieses Spiel ausgestrahlt hat und das in einer Weise, wo ich mich wirklich frage, wie sie das geschafft haben. So etwas schaffen The Witcher 3 und Skyrim nicht.
Die beste Serie kann es dennoch nicht sein, da es dafür einfach zu viele signifikante Mängel hat. Ich hatte im Spiel insgesamt vier Momente, in denen ich wirklich ernüchtert war und die den hervorragenden Gesamteindruck dann doch stark geschmälert hat. Mein größter Kritikpunkt ist die Handlung und deren Inszenierung. Die große und auch großartige Stärke von Sonys Titeln ist Nintendos größte Schwäche. Besonders die Inszenierung fällt hier negativ auf. Ich kann diese Textboxen in 2017 nicht mehr sehen und sie sind auch eines solchen Meisterwerks wie BotW einfach unwürdig. Die erste Vorschau zu BotW hat hier einen völlig anderen Eindruck vermittelt und war im Nachhinein schon fast Etikettenschwindel, was Nintendo da betrieben hat. Die Vorschau hat den Eindruck aufkommen lassen, dass auch BotW, was die Handlung und deren Erzählung/Inszenierung angeht, endlich in der Gegenwart angekommen wäre. Wenn man es als Bash verstecken möchte, könnte man auch sagen, BotW sei endlich im Jahr 2007 angekommen (da kam Mass Effect raus, was ein Pionier von kinoreifer Inszenierung war). Die vertonten Sequenzen beschränkten sich aber auf wenige Momente in der Gegenwart und auf die verschiedenen Rückblenden. Ich hätte aber erwartet, dass auch die gesamte Geschichte in der Gegenwart in dem Stil erzählt wird, wie es in den Rückblenden der Fall war. Dem war aber leider nicht so. Dafür hätte es aber auch eine Geschichte gebraucht, die vielschichtig genug ist, um es wert zu sein, so erzählt zu werden. Mein erster Moment der Ernüchterung war, als der „Bettler“ auf dem Plateau dann doch wieder nur mit einer normalen Textbox zu mir gesprochen hat, die man spätestens seit TWW hinterfragen sollte.
Die Geschichte in den Zeldas ist einfach schlecht und zu oberflächlich, um wirklich zu überzeugen. Was mich bei Zelda spätestens seit TWW stört ist, dass die Handlung quasi nur ein Mittel zum Zweck ist, um Link von einem Tempel zum nächsten zu schicken. In der Handlung selbst ist aber einfach nicht genügend Fleisch am Knochen, um wirklich interessant zu sein. Es beginnt meisten so, dass einem am Anfang über einen längeren Zeitraum das ganze Ausmaß der Bedrohung bewusst wird und sobald der Feind bekannt ist und man weiß, wie man ihn zu besiegen hat, gibt es noch vier bis acht verschiedene Orte, die man besuchen muss, um dort vor Ort jeweils ein bestimmtes Ereignis auszulösen, mit deren Hilfe man dann das Böse besiegen kann. In OoT war Ganondorf der Böse und man musste in den fünf Tempeln die Weißen befreien, um mit ihrer Hilfe Ganondorf zu besiegen. In MM droht der Mond die Welt zu zerstören und man muss in die vier Tempel, um die Riesen zu befreien, damit diese den Mond aufhalten. In BotW muss man in die vier Titanen, um diese zu kontrollieren, um mit ihrer Hilfe Ganon besiegen zu können. Der Aufbau ist immer identisch. In jedem Zelda kommt irgendwann der Moment, wo man den konkreten Auftrag bekommt „Gehe nach A, B und C“. Bei A, B und C wartet ein Tempel auf einen, den man lösen muss. Egal, ob 3D oder 2D. Die Vorgehensweise ist immer identisch. Egal, ob Spiegelsplitter (TP), Instrumente (LA) oder Gemälde (ALBW).
Und das ist mir mittlerweile zu wenig. Ich kann seit Jahren innerlich nur noch mit den Augen rollen, sobald dieser Moment kommt. Bei BotW war ich sehr, sehr lange voller Hoffnung, dass es dieses Mal anders würde aber im Observatorium in Necluda wurde diese Hoffnung begraben, als auf der Karte die vier Punkte bei den Goronen, Zoras, Ornis und Gerudos markiert wurden. Auch hier war wieder klar, dass Nintendo von seiner schlechten Formel nicht abweicht und der Geschichte von BotW mal etwas mehr Facetten gibt. Das war der zweite Moment, wo ich wirklich ernüchtert war.
Mir ist natürlich klar, dass die Handlung von Zelda deutlich mehr zu bieten hat als das, was ich hier jetzt skizziert habe. Die Geschichte von Zelda ist schon vielschichtiger aber man erlebt davon meiner Meinung nach zu wenig. Sie haben ja immerhin versucht, Zelda etwas mehr Persönlichkeit zu geben, indem diese Probleme hat, ihre Kräfte zu erwecken, darunter leidet und neidisch auf Link wird, dem das mühelos gelungen ist aber das sind nur zarte Ansätze. Bei den Rückblenden fand auch hier eine Weiterentwicklung statt aber diese Fortschritte sollte Nintendo nun auch endlich in die Gegenwartsgeschichte transportieren.
Abseits von der wirklich schlichten Rahmenhandlung gab es geschichtlich zu wenig zu erleben. Ich war unfassbar gespannt darauf, was mich jenseits des Plateaus für großartige Erlebnisse erwarten aber rein geschichtlich bin ich hier bitter enttäuscht worden. So ziemlich das Erste was man erlebt, wenn man das Plateau verlassen hat, sind zwei Grabräuber, die von Boblins angegriffen werden. Mein erster Impuls war, dass ich, wenn ich denen helfe, mit ihnen eine Nebenquest erleben kann, wie man sie aus Skyrim, The Witcher etc. zu Dutzend bekommt. Ich hatte erwartet, dass diese beiden Grabräuber mir etwas über sich erzählen, mir erzählen, dass sie auf der Suche nach Grab XY sind, weil sie sich dort Ruhm und Reichtum erhoffen. Ich hatte erwartet, dass sie mich fragen würden, ob ich sie begleiten möchte. Auf dem Weg zum Grab würde ich mehr über sie erfahren und eine persönliche Bindung zu ihnen aufbauen. Im Grab würden wir uns gemeinsam allerhand Gefahren stellen, im Extremfall vllt sogar auf tragische Art und Weise einen der Abenteurer verlieren und am Ende würde ein Schatz auf uns warten. Ein etwas stärkeres Schwert als das verrostete Teil das man zu dem Zeitpunkt hat, mit dem man eine Weile klarkommt. Die Grabräuber würden sich bei mir für meine Hilfe bedanken und man würde sich bestimmt noch einmal begegnen, was dann nach 50h in einem anderen Zusammenhang auch passiert.
Was geschah wirklich? Einer der Grabräuber bedankt sich bei mir mittels Textbox für die Hilfe und als Dank bekomme ich eines der gekochten Gerichte, die man auch selbst kochen kann. Wenn man das nächste Mal an der Stelle vorbeikommt, werden die beiden an derselben Stelle wieder attackiert und haben wieder ein Gericht für mich als Dank.
Und das ist mir 2017 einfach zu wenig. Das ist auch das, was ich mit „Geschichte“ meine und so etwas fehlt schlicht und ergreifend. Und das ist auch das, was ich meine, wenn ich von „leer“ rede. Leer ist die Welt natürlich nicht; es gibt genug für 200h-300h zu tun aber was solche kleinen und großen Geschichten angeht, hätte ich einfach mehr erwartet. Die beiden Grabräuber waren der dritte Moment, wo ich wirklich ernüchtert war.
Ein anderes Beispiel sind die Yiga. Da hätte man so viel draus machen können aber es blieb im Endeffekt bei Zufallskämpfen und heulenden Passanten, die einen angreifen, sobald man sie anspricht. Da man irgendwann weiß, wer das ist, lässt man es einfach und reitet weiter.