Die Diskussion kam schon wiederholt auf. Das Problem ist allerdings bei uns, dass man sich damit beschäftigen müsste, dass man in diesem Moment weiterhin Gas aus Russland bezieht und die Menge über NS1 eigentlich sogar erhöhen möchte, nämlich zum vertraglich vereinbarten Ausmaß. Im Grunde genommen ist das eine Diskussion, die schon letztes Jahr stattfand und wo sich Russland schon damals eher darüber lustig machte, dass wir uns über Lieferengpässe beschwerten, anstatt NS2 aufzumachen, was ja auch damals fertig war. Im Nachhinein wäre unsere Situation sogar besser gewesen, wenn man schon letztes Jahr mehr Gas bezogen hätte und nicht im Februar bereits kurz vor knapp gestanden hätten. Das hätte auch die Inflation in diesem Ausmaße vermieden. Hinterher ist man immer schlauer.
Durch den Krieg tun wir uns nun mit dem Umstieg schwerer, weil man NS2 aus Symbolik geopfert hat,
ohne weniger Gas beziehen zu wollen. Da kommt man schlecht wieder raus, obwohl es für die Ukraine jetzt (ich rede nicht von Feb 22) gar keinen Unterschied mehr macht, ob Gas über NS1 oder NS2 kommt. Es ist also nicht davon auszugehen, dass wir einfach von NS1 auf NS2 umsteigen werden. Das wird aber - wie letztes Jahr die Entscheidung - möglicherweise Folgen haben.
Das Problem ist die Zeit nach dem Ukrainekrieg. Angenommen die Ukraine gewinnt bis Ende des Jahres. Dann braucht Russland dringend Devisen (let`s say für Reparationen) und wir brauchen für den nächsten Winter dringend Gas zum Heizen und die Industrie. Das würde auch die Inflation abbremsen. Um die fehlenden Kapazitäten aufzufüllen, könnte man dann kurzfristig über NS2 erhöhen, ohne dass das ein großes Thema wäre. Das geht aber nicht, wenn die Pipeline nicht im Betrieb ist. Wir werden stattdessen wieder die Russlanddiskussion und die Klimadiskussion haben. Mitten im Winter bei hoher Inflation, während wir auf das genauso klimaunfreundliche Gas aus Katar oder sonstwo warten. Dann wird man sagen, dass es doch besser gewesen wäre, die Pipeline schon im Sommer 2022 aktiviert zu haben. Es ist nicht einfach derzeit Politiker zu sein.