Hellraizer schrieb:
Ich würde ja auch nie behaupten, dass GJ kein gutes spiel ist, aber als brilliant oder meilenstein würde ich es genauso wenig betiteln
Das kommt auf den Bezugspunkt an, von dem aus man das Ganze betrachtet. Gehirn Jogging bietet sicherlich nicht die beste Grafik, den besten Sound und auch nicht die perfekte Spieltiefe mit unglaublicher Atmosphäre. Aber man sollte sich auch fragen, wollte Nintendo das mit diesem Spiel überhaupt erreichen? Du kannst als Fußballtrainer auch nicht von einem Abwehrspieler erwarten, dass er der Torschützenkönig Nr. 1 in deinem Team wird, das macht einfach keinen Sinn. Der Stürmer schießt die Tore, der Abwehrspieler bewahrt das Tor. Genauso ist es bei Videospielen. Die einen fahren auf der Schiene A, die anderen auf der Schiene B. Wenn du die Qualität von Gehirn Jogging bewertest, musst du ganz anders an das Spiel rangehen als bei klassischen Spielen a la Zelda. Genau das fällt z.B. aktuell etlichen Videospielmagazinen schwer, weshalb viele DS und Wii Spiele erst recht in der Anfangsphase unter dem eigentlichen Qualitätswert bewertet wurden.
Die komplette Aufmachung und auch das Ziel von Gehirn Jogging müssen z.B. in die Wertung einfliessen. Kann Gehirn Jogging bei der Menüführung, bei dem Menüdesign, bei den vorhandenen Tests wirklich die Zielgruppe erfolgreich ansprechen und bei Laune halten (auch auf Dauer)? Ist alles perfekt durchdacht und umgesetzt worden? Erreicht Gehirn Jogging sein Ziel, Non und Casual Gamer in den Videospielmarkt zu führen (und das nicht nur kurzzeitig)? Hier geht es nicht mehr um die neusten Physikgesetze und Shader, hier geht es um andere Dinge. Der Erfolg spricht für Gehirn Jogging. Sicher, Erfolg und Qualität sind zwei verschiedene Dinge, so sagt man. Aber glaubst du wirklich das Erfolg und Qualität kein bisschen zusammenhängen? Warum hat sich z.B. Rares Goldeneye (ohne jegliches Marketing, nur auf dem N64 erschienen) besser verkauft als jedes (!) James Bond Spiel von EA (mit massivem Marketing, Multiplatformer)? Erfolge sind oftmals nämlich doch ein Indiz für hohe Qualität. Nur ist das nicht immer der Fall, weshalb viele behaupten, dass Qualität und Erfolg nicht wirklich zusammenhängen. Jedoch würde ich im Falle von Gehirn Jogging auf alle Fälle sagen, der Erfolg gibt die Qualität wieder. Wieso? Das Ziel von Gehirn Jogging ging erst mit dem Erfolg auf - nämlich etliche neue Videospieler dieser Welt in diesen Markt zu führen. Wäre das Programm auch nur halb so überzeugend, nur halb so gut - glaubst du Gehirn Jogging wäre wirklich so erfolgreich? Ich bezweifel es sehr. Wie gesagt: Elemente wie die Menüführung, die Qualität der einzelnen Tests, usw. machen Gehirn Jogging zu einem sehr guten Spiel und genau deshalb ist es so erfolgreich.
Hellraizer schrieb:
Es kommt auf die sparte an

Hip-Hop wurde dank Massenmarkt zerstört. Von politischen, kritischen und anspruchsvollen Texten wurden Texte über ärsche, titten und blingbling-zähne.
Rakim, Gangstarr, KRS-One > 50 Cent, 2Pac, Dirty South

Auch wenn es ausnahmen im Mainstream gibt.
Der Massenmarkt zerstört keine Märkte, das ist eine Ausrede. Wahre Künstler können ihre Kunstwerke an die Masse verkaufen. Da wäre z.B. Shigeru Miyamoto im Videospielmarkt zu nennen. Da du gerne mit dem Musikbusiness ankommst - Michael Jackson war lange Zeit ein derartiger Künstler, bis er sich selber zerstört hat (und glaube nicht, ihn hätte der Massenmarkt zerstört).
Außerdem: Ist nicht Eminem der erfolgreichste Rapper aller Zeiten? Ich wenn mich umsehe im Hip Hop Business, dann sehe ich fast nur schwarze. Mir fällt auf, dass Eminem gegen den Strom geschwommen ist. Gegen ein Gesetz des "Mainstream". Rapper müssen nicht schwarz sein, Eminem hat es erfolgreich bewiesen. Aber es geht noch weiter: Du behauptest dank dem Massenmarkt sind sinnvolle Texte bzw. Texte mit Inhalt verloren gegangen? Ich seh das ganz anders. Der erfolgreichste Rapper aller Zeiten, Eminem, hat sehr, sehr, sehr viele Texte mit einem knallharten Inhalt. Seine Tracks haben einen Sinn. Der Massenmarkt zerstörte den Hip Hop? Was hat er bitte zerstört? Der Massenmarkt hat eben den Mann, der viele sehr sinnvolle Tracks hat und ein weißer Mann ist, nach ganz oben getragen. Nichts wurde zerstört. Nur gibt es zu wenig qualitativ hochwerte Rapper, da liegt der Hund begraben. Das gleiche gilt für den Videospielmarkt. Wenn du gute Entwickler suchst, dann findest du durchaus einige. Wenn du aber sehr gute bis einzigartige Entwickler suchst, dann wird man nur noch sehr, sehr, sehr wenige finden. Das ist überall so und das ist auch normal. Würden wir etliche Künstler finden, die qualitativ auf höchstem Niveau arbeiten und Werke abliefern die immer wieder alles in den Schatten stellen - GENAU DANN hätten wir ein Problem. Weil dann würden wir durch die Masse an hoher Qualität den Wert von Qualität verlieren.
Hellraizer schrieb:
Dennoch werden diese "sparten" alle jahre wieder gepusht. Die Industrie will den schnellen nicht aufgeben.
Der schnelle ohne Qualität lässt sich nur wenige Monate erwirtschaften. Sobald jeder versucht den schnellen ohne Qualität zu erwirtschaften, beginnt nämlich wieder ein marktwirtschaftlicher Konkurrenzkampf und dann zählt nämlich wieder die Qualität. Wer dann weniger bietet als der Konkurrent, der hat keine Chance.
Hellraizer schrieb:
Ich lege jedoch auch viel Wert auf Präsentation und eine Story die mich fesselt. Diese Spiele sind es die mich als zocker noch halten. Ich befürchte einfach eine vernachlässigung von "Must haves", wenn die Entwickler dieses NDS konzept über Komplexere Spiele stellen würden.
Gleich vorweg: Was ist ein "must have"? Ein "must have" ist im Grunde gar nichts. Was du für ein "must have game" hälst, ist ein andere Spiel, als das "must have game" was mein Opa in seinen Gedanken vor sich sieht. Du musst immer aufpassen was du für richtig hälst und was der Markt / die Masse für richtig hält. Dir mag der DS evtl. in Zukunft zu wenig "must have games" bieten. Aber dem Markt / der Masse bietet der DS vielleicht endlich die richtige, genügende Anzahl an "must have games". Hier müssen wir ganz klar differenzieren.
Es gibt gute Gründe, weshalb der DS / Wii sich nie auf eine Spielergruppe einschießen wird. Vielleicht wird es Monate geben, wo die Hardcore Gamer auf dem DS / Wii nichts zu spielen bekommen. Aber auf Dauer müssen beide Spielergruppen angesprochen werden und das werden sie auch. Wenn sich alle Entwickler auf Non / Casual Gamer einschießen, dann wird es Entwickler geben die weniger Erfolg mit dieser Strategie haben und Entwickler die mehr Erfolg mit dieser Strategie haben. Die erfolgreichen Entwickler werden noch mehr auf diese Strategie setzen. Die erfolglosen Entwickler dagegen, werden zur anderen Seite (den Hardcore Gamern) wechseln und hier den Erfolg suchen. Deshalb würde ich mir persönlich darum keine Sorgen machen. Nur darf man dabei nicht vergessen, während früher jeder sich um den Hardcore Gamer gekümmert hat - kümmert sich in Zukunft nicht mehr jeder um den Hardcore Gamer, sondern etliche auch um die Non und Casual Gamer. Damit muss allmählich jeder klar kommen, schließlich ist das die Zukunft des Marktes. Egal ob ihr das wollt oder nicht. Ich weiß, viele Könige haben nicht einsehen wollen, dass sie entmachtet wurden. Aktuell will auch Saddam nicht von seinem hohen Ross absteigen. Aber die Realität ist eben doch anders als der Traum, so schmerzhaft das manchmal ist (auch für mich).
Hellraizer schrieb:
Wenn die Entwickler und Bosse dieses konzept auch wirklich beibehalten/umsetzen, werfe ich auch meine vorurteile in die Tonne
Ist nicht ein Kritikpunkt des Massenmarktes, dass er Vorurteile fördert bzw. desinformiert ist? Wenn du gegen den Massenmarkt bist, dann solltest du aber schleunigst damit aufhören Vorurteile zu fördern. Aber schleunigst.
