INTERVIEW MIT NINTENDO-CHEF IWATA BEI SPIEGEL ONLINE
"Die Leute werden den Controller erstmal seltsam finden"
Heute hat der Konsolenhersteller Nintendo das Konzept für sein nächstes Produkt "Revolution" vorgestellt. Im SPIEGEL-ONLINE-Interview erklärt Unternehmenschef Satoru Iwata, warum der neue Controller aussieht wie eine Fernbedienung, warum er das Gerät für revolutionär hält - und wie man die Konkurrenz abhängen will.
SPIEGEL ONLINE: Warum braucht die Welt eine Videospiel-Revolution?
Satoru Iwata: In den letzten 20 Jahren haben sich Videospiele rasant weiterentwickelt, zu einer sehr ausgefeilten Art von Unterhaltung. Gleichzeitig, und als Ergebnis davon, vergrößert sich jedes Jahr die Kluft zwischen denen, die Videospiele spielen, und denen, die das nicht tun. Wenn wir diese Kluft nicht reduzieren, wird es sehr schwer für uns, weiter zu wachsen.
SPIEGEL ONLINE: Wie soll "Revolution" diese Kluft verringern?
Iwata: Wir hielten es für notwendig, die Konfiguration des Controllers zu verändern. Im Moment müssen die Leute den Controller zum Beispiel mit beiden Händen bedienen, mit der rechten und linken Hand gleichzeitig und sehr schnell - das ist eine der größten Hürden für neue Gamer.
SPIEGEL ONLINE: Was ist der Hauptunterschied zwischen dem neuen und einem anderen Controller?
Iwata: Der große Unterschied ist, dass der Revolution-Controller mit nur einer Hand und ganz intuitiv benutzt werden kann, sofern man nur in der Lage ist, das Ding mit einer Hand zu greifen und auf den Fernsehschirm zu richten. Das ist eine Erfahrung, die die Menschen weltweit kennen, weil sie ihre Fernbedienung so halten. Das muss eine große Erleichterung sein, besonders für Nicht-Gamer, dass man gleich weiß, was man tun muss.
SPIEGEL ONLINE: Ist es nicht aufwendig für normale Spieler, die vorher schon Videogames gespielt haben, sich an dieses erstmal seltsame Gerät zu gewöhnen?
Iwata: Was bisher existierende Spiele angeht - die wird man mit dem neuen Controller gut spielen können. Tatsächlich bieten wir ja schon die "Nunchaku"-Erweiterung mit einem Joystick an. Wir haben das schon probiert und festgestellt, dass sich bestehende Software-Titel sogar besser spielen und steuern lassen, wenn man sie auf diese neuen Hardware überträgt, besser als mit dem bisherigen Gamecube-Controller. Unsere Spiele-Schöpfer haben diese Erfahrung schon gemacht. Ich weiß, dass die Leute den Controller erst einmal seltsam finden werden, weil er brandneu ist, völlig anders als herkömmliche Controller. Aber ich glaube, sie werden dieses Gefühl nur ein paar Minuten haben. Sobald sie ihn anfassen und benutzen, werden sie den Controller selbst schnell völlig vergessen.
SPIEGEL ONLINE: Es wird Spiele geben müssen, die speziell für dieses Gerät geeignet sind. Wie werden die aussehen?
Iwata: Ich denke, Hüpfspiele und Angelspiele kann man damit gut kommerzialisieren. Ich kann das beurteilen, weil mir meine Erfahrung als Spieleentwickler das sagt. Wir versuchen auch experimentelle Dinge, etwa mit dem Controller in der Hand so zu tun, als ob er ein Modellflugzeug ist, um das gleiche auf dem Fernsehschirm zu simulieren. Ich glaube, das ist noch ein Beispiel, aus dem ein tatsächliches Spiel werden könnte.
SPIEGEL ONLINE: Wie sie sagten, sind Sie ein Unternehmenspräsident mit Erfahrung als Spieleentwickler, was ungewöhnlich ist. Wie groß war Ihr Einfluss in der Entwicklung des Controllers?
Iwata: Weil ich diese Erfahrung habe, verstehe ich, vor welchen Herausforderungen Entwickler stehen, und was für die Entwicklung nötig ist. Ich habe so viele Erfolge und Misserfolge gesehen, dass ich glaube zu wissen, was wichtig ist, wenn man ein Softwareprodukt macht. Wenn ich einer dieser Präsidenten wäre, die keine Erfahrung als Entwickler oder Ingenieur haben, vielleicht hätte ich eine eher lineare Weiterentwicklung des Controllers befürwortet, wie das andere Präsidenten tun.
SPIEGEL ONLINE: Wie wollen sie andere Entwickler dazu bringen, den Controller so zu nutzen, wie Sie sich das vorstellen?
Iwata: Mit so einem einzigartigen Gerät werden sich die unabhängigen Entwickler natürlich fragen, wie geht das, wie können wir Spiele dafür machen, die auch auf anderen Plattformen funktionieren. Andere sorgen sich vielleicht, dass wir keine Unterstützung von den externen Entwicklern bekommen könnten, weil sie keine Multi-Plattform-Spiele machen können, weil unser Input-Mechanismus so anders ist. Ich kann diese Angst nachvollziehen. Aber in Abhängigkeit davon, was für Spiele, was für Kontrollsysteme sie anbieten, gibt dieses Gerät ihnen intuitiveres und einfacheres Gameplay. Einfach, dadurch, dass sie den Revolution-Controller für andere Spiele anpassen, gibt es ein Riesenpotential, dass diese Spiele besser werden als die Versionen auf den anderen Plattformen.