Ich stelle jetzt einfach mal eine provokante These in den Raum: Selbst wenn man die Grafik auf den Stand von 2005 zurückschrauben würde, die Spiele wären erstens nicht so viel billiger und zweitens würde man durch die verlorene optische Opulanz ein wichtiges Signal an die Käufer verlieren. Ob den Leuten Grafik während dem Spielen wichtig ist spielt gar keine so große Rolle. Gute Grafik steht für Qualität und den vollen finanziellen Einsatz der Publisher. Bei einem 60€ Projekt können solche Signale durchaus wichtig sein wenn der Käufer unentschlossen ist. Ähnlich wie bei Supermärkten ist es Leuten nicht wirklich wichtig zwischen 20 verschiedene Apfelsorten zu wählen, wenn sie entschieden zu welchem Markt sie einkaufen gehen nehmen sie aber trotzdem lieber den größten Markt in der Nähe. Investitionen in unsinnige Tätigkeiten finden ständig statt, die meisten Marketingkampagnen könnte man da dazuzählen. Wenn die Qualität des Angebots schwer zu evaluieren ist spielen solche Dinge aber eine relativ entscheidene Rolle.
Ich stelle ebenfalls eine provokante These in den Raum: Grafik muss nicht zwangsläufig für die Qualität eines Spieles stehen! Wieviele gut aussehende Spiele gibt es, die spielerisch aber totaler Nonsense sind? Oder umgedrehter Fall: Wieviele weniger gut aussehende Spiele gibt es, die sich trotzdem millionenfach verkaufen? Es kommt ganz darauf an, welche Art von Gamer man ansprechen möchte! Ein Shooter glänzt mit Präsentation, da sich spielerisch die Shooter mehr oder weniger gleichen. Spiele wie Jump'n Runs hingegen müssen mit kreativem Gameplay überzeugen.
Ein Mario Galaxy sieht auch 1000x hübscher als ein New Super Mario Bros aus, trotzdem sehen die Mario Galaxy Zahlen recht mickrig aus im Vergleich zu denen von NSMB. Ein GT5 und ein FF13 sehen auch besser als ihre Vorgänger aus und sind auf der Höhe der Zeit, trotzdem verkaufen sich die Titel schlechter... Es gibt noch viel mehr Beispiele... Z.B. auch Wii Sports (Resort)! Grafisch ja mal eine totale Gurke, trotzdem die wohl bestverkaufteste Software die es je gab (neben WiiFit). Der Inhalt eines Spieles muss überzeugen, da gehört Grafik zwar mit dazu, aber je nach Genre und Zielgruppe haben die Inhalte unterschiedliche Gewichtungen. Bei einem Tetris wird NIE jemand auf die Grafik schauen, während man von einem Battlefield 4 grafisch viel mehr erwarten wird.
Davon abgesehen scheint es hier "allgemeines Wissen" zu sein, dass der Großteil des Budgets durch Grafik aufgefressen wird. Wieso ist es ersichtlich, dass die Entwicklungskosten in anderen Bereichen nicht ebenso angestiegen sind? Bloß weil ein Spiel simpler ist, ist es noch lange nicht billiger oder weniger aufwändig in der Entwicklung. Herauszufinden was die Masse will und es tausendfach an Fokusgruppen anzupassen kostet auch ne Menge Geld, vorallem weil die meisten Menschen sagen sie wollen A, gibt man ihnen aber A, so kaufen sie B. Heutige Spiele sind in Sachen Vertonung und Soundtrack, Leveldesign (jetzt kommt mir bloß nicht wieder mit einer Doom-Levelkarte, auf der 99% der Wege sinnlos, mit Keycards verperrt, eintönig oder eine schlichte Kopie aus einem anderen Teil waren), Pacing, Multiplayer und Story deutlich weiter als frühere Vertreter. Selbstverständlich kostet das alles Geld und niemand würde dafür nennenswerte Summen ausgeben, wenn es keine Anzeichen dafür gäbe, dass es die Verkaufszahlen erhöht.
Die intensivsten Kostensteigerungen gehen nunmal auf die zu schnell steigende Technik und die daraus resultierenden Möglichkeiten der Entwicklung zurück.
Kleines Beispiel: Nächste Gen wird Umgebung zerstörbar und Gegner werden intelligenter. Beides hat nichts mit Grafik zutun, aber trotzdem werden diese Dinge durch stärkere Technik ermöglicht. Was resultiert jetzt daraus?
Durch intelligentere Gegner müssen Level ebenfalls intelligenter designed werden. Sowas bedarf einer menge Planung und Gameplayentscheidungen. Und durch zerstörbare Umgebungen muss man aufpassen, dass das Level noch spielbar bleibt. Man muss schauen, was für Einschnitte ins Gameplay passieren können, wenn gewisse Objekte zrstört sind. Ein Spiel soll schließlich Spaß machen und nicht im Frust enden.
Zusätzlich entstehen durch beide Faktoren aber noch eines: Bugs! Und die müssen ausgiebig ergründet werden, da das Spiel zumindest spielbar sein sollte zum Launch (also nicht wie Gothic3). Und nach dem Ergründen müssen sie auch behoben werden. Alleine die bessere KI und die zerstörbaren Objekte einzubinden bedarf ja schon einer menge Programmierarbeit, aber die Bugs zu beheben ist nochmal zusätzlicher Aufwand...
Und davon abgesehen gibt es dann natürlich die immens gestiegene Grafik... Hochauflösende Texturen mit immer mehr Details, mehr Polygone und mehr Charakterdetails die auch wieder eigene Texturen brauchen... An einer Figur gibt es dann wohl mehr Texturen als in einem ganzen N64 Spiel (um es mal übertrieben auszudrücken). Zusätzlich ein höherer Polycount und viel aufwändigere Animationen. So haben wie in der UE4 Techdemo z.B. gesehen, dass man jetzt für ienen Umhang Kollisionspunkte setzen kann, die der Umhang dann nicht überschreiten kann (so das sich der Umhang z.b. um das Bein herum legt statt einfach durchzugehen). Diese Punkte müssen aber mühsam gesetzt werden. Auch der Animationsbereich, also der Bereich in dem sich der Umhang maximal bewegen kann muss bestimmt werden. Und das selbe dann nochmal für Gürtel, Haare, Kapuze usw... Und das alles an einer einzigen Figur!
Du kannst dir also selbst ausrechnenwas für Kosten ein großer technishcer Sprung verursacht, insbesondere wenn neue Engines kommen, mit denen die 3rds nicht eingearbeitet sind und man sich auf diesen Techniksprung nicht sinnvoll vorbereiten konnte...