Ich bin mal auch so frei und schreibe eine Zusammenfassung der Saison. Eher aus einer technischen Sicht.
Wir dienen dem Reifen
Wodurch zeichnete sich dieses Jahr allgemein aus? Sicherlich der Reifen.
Ich glaube, nach dem normalisierten Abschluss des Jahres, dass der Reifen an sich nicht schwer zu verstehen war. Er scheint schlicht anders funktioniert zu haben, als man das gewohnt war. Da spielte sicherlich das Wegfallen des angeblasenen Diffusors eine ähnliche Rolle.
Diesen beiden Faktoren haben wir wohl die turbulente Anfangsphase zu verdanken, weil die Fahrer wohl gegen viele Gewohnheiten ankämpfen mussten. Der 2012er Reifen sorgte zusätzlich für mehr Spannung, was die Taktik angeht, waren beiden Mischung oft eine brauchbare Alternative.
Der angeblasene Diffusor sorgte auch für die zweite Charakteristik dieser Saison: Das sehr enge Fahrerfeld.
Seit 2009 ging es nicht mehr so eng zu.
Aber nun direkt zur Analyse der Teams und der Fahrer.
Red Bull Racing:
RBR war das Team, dass sicherlich am meisten vom angeblasenen Diffusor profitiert hat. Schlimmer noch. Das gesamte Auto baute mehr oder weniger darauf auf. Die Folge war ein instabiles Auto, ein Auto, das weniger Vertrauen geben konnte (Ein Umstand, der gerade Vettel nicht lag, war doch Webber zu Beginn der Saison auf Augenhöhe) und ein Auto, dass es ganz von Null zu verstehen galt.
Der Red Bull oder besser, die überlegene RedBull/Vettel Kombination kam auch letztes Jahr auf Strecken mit langsamer Kurven und engen Passagen zum Vorschein. Das sind meistens auch die Strecken, bei denen Vettel deutlich vor Webber liegt.
Ich denke auch, dass Red Bull auch in der ersten Hälfte das schnellste Auto hatte, es dauerte aber fast schon bis zur zweiten Hälfte bis man den Wagen auf das gewohnte Fahrverhalten der 2011 Version bringen konnte.
Vettel:
2012 war schon ein sehr enges Jahr, in dem viele Eigenschaften gefragt waren. Hier wird niemand zufällig Weltmeister.
Es war auch das erste Jahr, in dem mir Vettel wirklich gefallen hat. Im Rennen hat Vettel in diesr schweren Saison immer einen herausragenden Speed erwiesen. Er ist auch mit Alonso der Fahrer im Feld, der sich im Rennen noch am meisten steigern kann und eine gewisse Konstanz aufweist. Webber ist auf eine Runde auch schnell, aber über die Renndistanz macht er noch ein mal den Unterschied.
Über die durchwachsene Anfangsphase habe ich mich ja schon geäußert, genauso über seine Steigerung, als das Auto immer mehr zu seiner Fahrweise gepasst hat.
Besonders erwähnenswert finde ich auch, dass sich Vettel beim Überholen massiv verbessert hat. Gerade in der Anfangsphase mit seinen schlechten Qualifikationen lieferte er in echten Zweikämpfen (Das Platzmachen in Abu Dhabi und Brasilien kann man kaum so nennen) sehr starke Manöver. Ich denke da vor allem ans Spa Wochenende.
Webber
Es war eine typische Webber Saison. Webber war schon immer schnell auf eine Runde, aber speziell seit den Slicks und noch spezifischer, seit den Pirellis kommt er kaum noch mit Vettel mit. Erinnert man sich an 09 und 10, war Webber nicht weit dahinter. Webber hat eine aggresiven, sehr mutigen Fahrstil. in Eau Rouge oder Monaco ist er für mich absolut auf Augenhöhe mit den Allerbesten. Ich würde ihn den "Eier-Award" sogar noch vor Hamilton geben.
Aber Reifen lesen, Abstimmung verfeinern, Taktik und Übersicht und wohl auch teaminterne Politik sind einfach nicht seine Stärken und vor allem in diesem und letzten Jahr merkt man das deutlich, sind es genau die Punkte, die immer mehr in den Vordergrund gerückt sind.
Wenn Webber aber mal ein gutes Wochenende erwischt, ist er auch verdammt schnell. In den letzten zwei Jahren passierte das aber deutlich zu selten, um ihn als "echten" Spitzenpiloten zu sehen.
McLaren
Den Designern ist dieses Jahr der Coup gelungen, war das Auto meiner Ansicht nahe an Red Bull dran.
Gerade in schnellen Kurven lief der McLaren seit dem ersten Rennen gut. Was bei McLaren auch erwähnenswert war, war die Entwicklung. Das Auto war auch zum Schluss konkurrenzfähig und das obwohl man das Auto auf zwei komplett unterschiedliche Fahrstile auslegen musste. Letztendlich waren sie somit sogar auf der ein oder anderen Strecke das schnellste Auto.
Das Team wiederum leistete sich erstaunlich viele, erstaunlich einfache und erstaunlich einseitige Fehler, was einen Fahrer anging. Ich habe ja ein kleines Faible für Verschwörungstheorie. Die Sache ist mir nicht geheuer.
Hamilton
Wohl die beste Hamilton-Saison, obwohl man merkte, dass er an den "weichen" Reifen und der Entwicklungsteilung bei McLaren gelitten hat. Die Folgen von 2011 sind meiner Ansicht nach größer, als es die Beteiligten zugeben möchten. Man hatte oft das Gefühl, dass ihm sowohl Strategie als auch Auto nicht 100%ig entgegenkommen.
Trotzdem hat er gute, keine überragenden, aber gute Rennen gezeigt. Das änderte sich dann Mitte der Saison. Es ist schwer nach zu vollziehen, was den Schalter umgelegt aber, aber danach hatten wir wieder einen Hamilton, der das gewisse Etwas hatte. Man erinnere sich an die Spanienqualifikation, wo er das (sehr enge Feld) um 0,6-0,7 deklassierte. In einer Saisonphase, wo der McLaren bei weitem nicht das schnellste Auto war. Kanada, wo er Button 1,2s einschänkte und ein Rennen mit einem Auto gewann, dass man wohl kaum aufs Podium gestellt hätte. Genauso in Ungarn, wo er im extrem engen Qualifing in jeder Saisson 0,4s schneller als das gesamte Feld war. Genauso in Abu Dhabi und Singapur.
Es gab dieses Jahr schon sehr viele Ausrufezeichen und man kann sich wohl einig sein, dass Hamilton in einer glücklicheren Saison 2-4 Siege mehr geholt hätte und wohl auch die Weltmeisterschaft gewonnen hätte.
Grundsätzlich ist seine Stärke das Einlenken/Reinbremsen in eine Kurve, sowie rutschiger Untergrund. Auf feuchten Strecken ist er wohl der schnellste Fahrer im Feld, was z.B. Budapest 2011 schön bewiesen hat, aber auch unter normalen Bedingungen kann er dort glänzen, wo das Auto viel rutscht. Seine stärksten Strecken sind Montreal, Budapest, Nürburgring und AbuDhabi. Dieses Jahr auch Austin.
Button
Ein eher schwaches Button Jahr. Button hatte ja Mitte der Saison ein plötzliches Problem mit der Bremse bzw. mit blockierenden Vorderreifen. Komischerweise genau in der Phase, in der Hamilton immer mehr zu brillieren wusste. Wer Hamilton Fahrstiel kennt weiß, dass er am meisten Zeit auf der Bremse und dem Kurveneingang gewinnt. Für mich ein Anzeichen, dass man hier die Entwicklung auf Hamilton fixiert hatte. Vielleicht weil Button zufrieden war und Hamilton nicht. Es fällt aber sicherlich auf, dass sich Buttons schlechte Phase mit Hamiltons guter Phase überschnitt. Montreal war das offensichtlichste Beispiel und erst in Brasilien konnte Button wieder wirklich mitreden (nimmt man mal Hamiltons schlechtes Spa Wochenende weg).
Ferrari
Ferrari sehe ich ähnlich wie Red Bull. In der Hinsicht, dass sie ein eigentlich schnelles Auto hatten, es aber einfach nicht verstanden haben. Im laufe der Saison wurde es offensichtlich, dass der Ferrari auch zu guten Leistungen in der Lage war, wobei Ferrari seit Jahren eines der Teams ist, das am besten Entwickeln kann.
Letzendlich bleibt aber die miserable Anfangsphase und die Tatsache, dass man auf keiner Strecke das beste Auto hatte.
Erwähnenswert ist aber sicherlich das Ferrari Team. Die Box, die Strategie usw eine überragende Saison hinbekommen haben. Gerade Malaysia war ein meisterhaftes Fahrer/Team Rennen.
All das macht Ferrari für mich eindeutig zum besten Team dieser Saison, auch wenn für mich persönlich solche Aktionen, wie mit dem Getriebe in Austin das Bild trüben. Da es sportlich durchaus Sinn macht, darf es aber nur eine persönliche Meinung sein.
Alonso
Über Alonso habe ich dieses Jahr schon sehr viel geschrieben, deswegen kann ich mich an der Stelle kurz fassen. Alonso versteht wie kein zweiter sein Auto ein zu stellen und die Reifen zum arbeiten zu bringen. In der turbulenten Anfangsphase der Saison konnte er diesen Umstand sehr gut für sich nutzen indem er ein perfektes Wochenende nach dem anderen fuhr, wo die Konkurrenz strauchelte.
Ich habe vorhin Hamilton gelobt, dass er mit einem Auto gewann, dass man nicht aufs Podium stellt. Für mich gewann Alonso dieses Jahr mit einem Auto, dass man schwer in die Punkte gefahren hätte.
Valencia, Barcelona und Malaysia bleiben mir als drei der besten Rennen aller Zeiten in Erinnerung.
Negativ war höchstens seine durchwachsende Schlussphase, in der der Ferrari offensichtlich immer besser und besser funktionierte. Aber selbst in diesen "schlechten" Phasen holt Alonso immer sehr gute Ergebnisse.
Der kompletteste und beste Fahrer im Feld.
2012 nach meiner und seiner persönlichen Meinung die beste seiner Karriere.
Massa
Kann man bei Webber noch halbwegs nachvollziehen, warum er so stark nachließ, ist Massa wohl uns allen ein großes Rätsel.
Ich persönlich bin immer eher ein Verfechter seiner Leistungen oder besser seines Talents. 2012 aber, startet er so schlecht, dass selbst ich nicht verstehen konnte, was Ferrari an ihm hat und urplötzlich ist er wieder da und fährt für mich die beste Schlussphase der "zweiten Reihe".
Das Beeindruckendste ist eigentlich, dass er es auf waschechten Fahrerstrecken geschafft hat. Spa und Suzuka um nur zwei zu nennen.
Der Rest kommt im zweiten Teil...