Terminator schrieb:
Und der Beweis wurde ja eindeutig durch die ehemalige "DDR" erbracht, daß Polizei-Gewalt die Kriminalität wirkungsvoll auf niedrigem Niveau halten kann. Mich haben nicht wenig junge Frauen aus der "DDR" erzählt, daß sie im Gegensatz zu jetzt damals angstfrei nachts mit der U-Bahn fuhren.
Ja, da hast du ausnahmsweise einmal absolut recht. Wenn wir Deutschland doch nur in einen Überwachungstaat wie die DDR verwandeln könnten, gäbe es auch nicht mehr so viel Kriminalität. Und wer sich nicht systemkonform verhält oder gar die Regierung kritisiert, verschwindet für Jahre in einem Folterknast. Dann könnten auch Politiker vom Schlage eines Schäuble endlich schalten und walten wie sie wollen, ohne das ihnen irgendwelche "Freiheitsfanatiker" in die Quere kommen, da diese einfach von der Bildfläche verschwinden.
Erstens: Wie schon angemerkt wurde, waren die Polizei und Geheimdienstorgane nur deshalb so erfolgreich, weil sie im wahrsten Sinne des Wortes Angst und Schrecken verbreiteten - das ganze System baute nun einmal (genau wie auch die Gestapo) auf Bespitzelung und Denunziation auf . Todesurteile oder Leute die einfach auf Nimmerwiedersehen spurlos verschwanden, gab es zwar meist nur in den Anfangstagen des Unrechtstaates, aber es ist schon sehr fragwürdig sich solche Zustände zur Kriminalitätsbekämpfung zurückzuwünschen. Obwohl ich zugeben muss, daß sich die Bundesrepublik in den letzten Jahren tatsächlich genau in diese Richtung bewegt.
Ich persönlich wäre sogar dafür, ganz nach dem Vorbild der Ermittlungen gegen die Stasi nach der Wende, nun endlich einmal auch das West-Gegenstück zu Stasi, also den BND aufzulösen und dessen Mitarbeiter und Informanten aufzudecken und abzuurteilen (und genau wie die Verbrecher der Stasi auch gesellschaftlich zu stigmatisieren/auszugrenzen). Leider scheint man sich genau in die entgegengesetzte Richtung zu orientieren - zumindest hat der Top-Gefährder Schäuble mal wieder
einen neuen Anschlagsplan auf die Verfassung erdacht - er will am liebsten die (IMHO ohnehin völlig zahnlosen) Kontrollinstanzen für den Geheimdienst schleifen. Geheimdienste ohne jede Kontrolle, die schalten und walten können, wie sie wollen, all das gab es ja schon einige Male und jedes mal mit verheerenden Konsequenzen. Aber leider scheint es derzeit niemanden zu geben, der Schäubles politischen Amoklauf bzw. dessen Anschlagspläne auf den deutschen Staat vereitelt.
Oder um mal den oben verlinkten Artikel zu zitieren (bzw. ein Zitat aus diesem Artikel zu zitieren
![Wink ;) ;)](/styles/sanleiassets/cwsmilies/m-wink.gif)
):
[...]
Auf Anfrage von Telepolis kommentierte der Geheimdienstexperte Dr. Erich Schmidt-Eenboom, der selbst vom BND wegen seiner Enthüllungsbücher über die rechtsstaatlich fragwürdigen Operationen des BND
bespitzelt worden war:
"Schäubles bewusst provozierende Forderung nach Aufhebung der parlamentarischen Kontrolle der Nachrichtendienste erinnert fatal an jene braunen Parolen, die einst die gesamte Volksvertretung als Quasselbude diffamierten. Sein Vorschlag, die Überprüfung von BND, BfV und MAD in die Hände eines von der Exekutive berufenen "Expertengremiums" zu legen, würde den Weg frei machen hin zu einer Geheimen Staatspolizei in inneren und äußeren Angelegenheiten."
[...]
Sollte Schäuble seinen Vorschlag allerdings nicht als Provokation geäußert haben, sondern ernst meinen, so fragt sich, wo das hinführen soll und wird. Bereits vor Jahren hatte ein Experte in Polizeikreisen prophezeit, wir würden absehbar den Tag noch erleben, wenn sich in Berlin wieder ein "Reichssicherheitshauptamt" formiert, sich also die heute qua Verfassung organisatorisch getrennten Institutionen Polizei, Inlandsgeheimdienst und Auslandsgeheimdienst unter einem Dach vereinigen und der Exekutive eine Allmacht einräumen würden. Auf Derartiges hatte man hierzulande seit 65 (West) bzw. 20 Jahren (Ost) eher gut verzichten können. Was einst nach Cassandra-Rufen klang, ist heute schon zu einem Gutteil Realität geworden: War es früher aufgrund der Polizeihoheit der Bundesländer noch undenkbar gewesen, dass der Bund (neben Zoll, Bahnpolizei und Bundeskriminalamt) eine eigene Vollzugspolizei unterhalten könne, hat nunmehr die seit 2005 aus dem obsoleten Bundesgrenzschutz rekrutierte Bundespolizei das Föderalismusprinzip aufgeweicht.
[...]
Aber ich nehme einmal an, das ist genau das, was du dir für einen
sauberen Staat wünschst, welcher gegen "Kriminalität" vorgeht.
Zweitens: Wer immer noch glaubt, in der DDR hätte es kaum Kriminalität gegeben, ist wohl der damaligen Propaganda aufgesessen. Alkoholbedingte härtere Prügeleien mit Schwerverletzten oder gar Toten (allgemein hatte die DDR ein weitaus größeres Alkoholproblem, als jenes welches man der derzeitigen Jugend unterstellt), Jugendgewalt, Ausländerfeindlichkeit, Kindesmißbrauch, Triebtäter und sogar Serienmörder gab es
natürlich auch in der DDR. Nur wurden das in den damals strengstens kontrollierten Medien eben ganz einfach unter den Teppich gekehrt. Wenn eine Nachrichtenredaktion ohne eine Absegnung der Zensurorgane einfach über Dinge berichtet, die nicht erwünscht waren, waren die Verantwortliche schneller weg vom Fenster als ihnen lieb war. Nicht umsonst bestanden die Nachrichten ja zumeist aus langweiligen Berichten darüber, daß irgendein hohes Tier aus der Partei irgendeine völlig unwichtige Einrichtung eingeweiht hat. Übrigens gab es offiziell in der DDR ja auch keine Arbeitslosigkeit...
Aber um zum eigendlichen Thema zurückzukommen. Parteien wie die NPD sind IMHO zwar in der Tat die schlimmsten Auswüchse des Rechtsruckes in Deutschland (nach Kohl, Rot-Grün [ja, ich sehe die Regierung Schröder als klaren SPD Rechtsruck an] und derzeit schwarz-rot), nur sind die "Politiker" der NPD recht klar als das erkennbar, was sie eigendlich sind; nämlich verkörpern sie genau das, was sie den Ausländern immer vorwerfen: sie sind Kriminelle, Schläger, Vorbestrafte etc. Und solche, klar als unfähig erkennbare Subjekte wie die Deppen von der NPD haben IMHO in der derzeitigen politischen Lage zum Glück keine Chance auf politischen Erfolg. Deshalb sehe ich auch eine echte Gefährdung auch nicht durch die NPD. Aber wenn man sich die immer reaktionärer werdenden Äußerungen mancher ihrer Mitglieder (z.B. der eigendlich notorisch für so etwas bekannte Rütgers) sowie die Aufweichung rechtstaatlicher Prinzipien durch Minister wie Schäuble betrachtet, so sind zumindest für mich CDU/CSU ganz klar derzeit die gefährlichsten Parteien Deutschlands.
Leute wie Udo Vogt oder die anderen Vollpfosten von der Sachsen-NPD könnte man recht leicht aufgrund ihrer volksverhetzenden Äußerungen aus dem Verkehr ziehen, wenn man denn wollte - Verfassungsfeinden wie Schäuble beizukommen ist das weitaus schwerer. Und eine Koalition einer solchen reaktionären Partei mit einer fast schon demagogisch antisozialen Partei wie der FDP, wäre für mich der Albtraum schlechthin.
Aber leider hat sich IMHO nun einmal das politische Spektrum (weit) nach rechts verschoben. Ehemals eher konservative Parteien wie die CDU sind weiter nach rechts gerückt (gemessen an der jetzigen Ausrichtung, war ja sogar die CDU der vor-Kohl-Zeit sogar noch sozialer als derzeit die SPD bzw. teilweise gar die Linke), die SPD würde ich inzwischen eher als konservativ ansehen, zumal die vorher eher mit der CDU in Verbindung gebrachten persönlichen Verknüpfungen von Politikern mit Wirtschaftsunternehmen (ganz besonders die Energiewirtschaft) nun in riesigen Ausmaß auch in der SPD anzutreffen sind. Die Grünen sind immer deutlicher nur eine grün eingefärbte FDP und die Linke stehen eigendlich "nur" für die SPD Politik der Ära vor Schröder, werden aber ausgerechnet deshalb von allen Seiten und ganz besonders von der Bundes SPD angefeindet.
Da ein Großteil der Parteien also sozusagen für mich "verbrannt" sind, könnte ich mich am ehesten dazu aufraffen vielleicht die Linke oder (so sie denn in Sachsen überhaupt auf der Liste steht) die Piratenpartei zu wählen. Irgendwie erinnert mich die derzeitige politische Lage doch sehr an die Zeit um '68, als eine überalterte verknöcherte politische Kaste, die noch dazu teils ideologisch vorbelastet war (die Entnazifizierung war leider nicht ganz so erfolgreich, wie man es uns heute weißmachen will), so fest im Sattel saß, daß sie sich nur über den Druck der Straße in kleinen Schritten reformieren ließ. Genau diese Ausgangslage führte ja auch erst zur Gründung der Grünen, die nun dummerweise selbst teil des Problems sind.