sebi88 schrieb:
Mal "political correctness" aside...wie kann man bitte die FDP wählen?
Alleine schon die Tatsache, dass sie FÜR die Lockerung des betrieblichen Kündigungsschutzes sind, ist Grund genug, sie unter keinen Umständen zu wählen.
Das kann ich nur unterschreiben.
Ich frage mich nur, was man nach den Deregulierungsexzessen unter Schröder dort
noch mehr "lockern" kann. Über die Ausweitung und Förderung des Sklaven... äh Leiharbeitsmarktes hat man den Kündigungsschutz und allerlei andere Jahrzehntelang erkämpften Arbeitsrechte mit einem Schlag zunichte gemacht. Und letztendlich hat diese Politik ja auch solche Auswüchse wie die Umgehung von Tariflöhnen durch (erzwungene) Scheinselbstständigkeit oder gar die Scheingewerkschaften mit meist "christlichem" Namenszusatz, welche auschließlich Arbeitgeberinteressen verfolgen, erst möglich gemacht. Was erwartet uns da unter Schwarz-Gelb? Wird dann für alle Branchen nur noch Hire-and-Fire gelten? Wobei letzteres durch die zweifelhafte politische "Leistung" eines Wolfgang Clement in vielen Bereichen ja durchaus schon gang und gebe ist.
Wenn man mal nur die selbsternannten "Volksparteien" gegenüberstellt, hat man IMHO entweder die Wahl zwischen einer antisozialen neoliberalen Partei (SPD), einer konservativ reationären neoliberalen Partei (CDU/CSU) und einer dogmatischen radikal-neoliberalen Partei (FDP). ... und auch die Grünen würden dabei IMO nicht gerade besonders gut wegkommen, wenn man allein bedenkt was für groben Unfug (Ausweitung prekärer Beschäftigungsverhältnisse, Legalisierung von Maßnahmen zum Lohndumping, Einschränkung von Arbeitnehmerrechten wie eben der schon genannte Kündigungsschutz) man dort unter Rot-Grün so alles mitgetragen hat.
Also das von beiden Parteien angestrebte Schwarz-Gelb nach der Wahl, wäre für mich eigendlich
der politische Supergau schlechthin, nach all den ganzen sozialen Einschnitten der letzten Regierungen. Sollte ausgerechnet eine Partei wie die FDP in die Regierungsverantwortung kommen, so wird manchem, sollte er einmal selbst von Arbeitslosigkeit bedroht sein, die Zeit damals unter Schröder und seiner neoliberalen Ministerriege (allein bei dem Gedanken an solch dubiose IMHO gar moralisch verkommene Gestalten wie Wolfgang Clement oder Otto Schily schüttelt es mich jetzt noch) mit ihrer Politik des sozialen Kahlschlages und der Deregulierung der Finanzmärkte (mit den nun eingetretenen katastrophalen Folgen) vorkommen wie das reinste (soziale-) Paradies.
Und mal noch ein Punkt der gegen die FDP spricht:
Deren Außenpolitik ist mir hochgradig suspekt und erinnert mich stellenweise gar ein wenig an die US-Politik der 60er-80er Jahre, welche sich dadurch auszeichnete, in Ländern in denen eine sozialistische Regierung demokratisch gewählt wurde, durch Einflußnahme per Lobbyarbeit oder durch Unterstützung von teils faschistischer Militärs mit Hilfe blutiger Putschversuche eine "wirtschaftsfreundlichere Politik" durchzudrücken. (Extrembeispiel war ja Chile, bei der die demokratisch gewählte Regierung durch einen vom Westen geförderten blutigen Putsch von einer Militärdiktatur unter dem Massenmörder Pinochet abgelöst wurde)
Und wer nicht glaubt das die FDP (natürlich in weitaus kleinerem Maßstab) auch zu so etwas auch fähig ist, sollte sich mal über die
Machenschaften der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit (in solchen Kreisen hat man anscheinend eine recht krude Vorstellung vom Freiheitsbegriff) in Zusammenhang mit dem Putsch in Honduras informieren. Allgemein hatte man ja damals auch schon einige positive Stimmen aus der FDP vernommen, welche den Putsch eigendlich ganz in Ordnung fanden. Was sind schon ein paar Menschenleben, Verhaftungen, politische Verfolgungen, wenn man eine demokratisch gewählte aber "leider" sozialistische Regierung per Putsch in eine eine eher FDP konforme neoliberale Gesellschaft verwandeln kann? Denn laut der Friedrich Naumann Stiftung ist ein Land nur dann wirklich frei, wenn es die neoliberale, marktradikale Ausrichtung einer sozialen Gesellschaft vorzieht. Oder um mal den verlinkten Artikel zu zitieren:
[...]
Nach dem Sturz der letzten demokratisch gewählten Regierung in Honduras am 28. Juni hatte die FNF sich
offen für die neuen Machthaber ausgesprochen. Während nach offiziellen Angaben bis zu zwölf Menschen politischen Morden zum Opfer fielen
sprach der FNF-Vertreter in Tegucigalpa, Christian Lüth, von der Chance auf eine "Rückkehr zu demokratischen Verhältnissen".
[...]
Quelle:
Telepolis Blog
... und dann gibt es tatsächlich noch Leute die so eine politische Nullnummer wie Westerwelle auch noch ausgerechnet als zukünftigen Außenminister handeln
.
Nach der Bundestagswahl kann aber zumindest niemand mehr behaupten, vorher nichts davon gewusst zu haben, was genau eigendlich CDU und FDP nach der Wahl geplant haben. Also warum nicht mal beide angedachten Programme gleichzeitig verwirklichen? Also
Zwangsarbeit (warum kommt der Vorschlag eigendlich von der CDU und nicht gleich von der FDP?) und gleichzeitig auch noch
Absenkung von Hartz IV (...
natürlich eine FDP Forderung).
Quelle:
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/30/30795/1.html
[...]
So heißt es im Zukunftsbericht aus dem Hause von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) vom April diesen Jahres. Und Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) präsentierte Mitte Juli den Abschlussbericht seiner Zukunftskommission, in dem eine "intensivere Einforderung von Gegenleistung" für staatliche Transferzahlungen gefordert wird.
Im Klartext: Künftig sollen Arbeitslose als Abschreckung für eine Entlohnung auf Sozialhilfeniveau mindestens 30 Stunden pro Woche arbeiten. Diese "Zukunftsvisionen" sind wenig überraschend, sieht man sich die Mitglieder der Kommissionen an: Hans-Werner Sinn vom IFO-Institut in München hat mit Klaus F. Zimmermann vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung Berlin gemeinsam, dass beide ideologische Rückendeckung für die Arbeitgeberseite liefern.
[...]
Qualifizierung spielt dabei keine Rolle, die Leute sollen nur dazu gebracht werden, auch für Löhne nur knapp über Hartz IV zu arbeiten: "Die Androhung von Workfare-Jobs führt ... dazu, dass die Akzeptanz von gering entlohnten Jobs im regulären Arbeitsmarkt steigt." Um diesen Zweck zu erreichen, bedarf es auch gar nicht der Vorhaltung von Millionen derartiger Jobs, was ohnehin schwierig wäre, es genüge "dass allen Arbeitslosen signalisiert wird, dass sie in letzter Konsequenz mit Workfare zu rechnen haben" - die modernisierte Form des Arbeitshauses aus dem 19. Jahrhundert.