Für die letzte Februarwoche und den gesamten März hat die
italienische Statistikbehörde Sterbedaten aus 622 Gemeinden veröffentlicht, auf die 72 Prozent der Gesamtbevölkerung der
Lombardei entfallen.
Laut der Statistik starben hier während sechs Wochen rund 21.300 Menschen - das sind 13.000 Tote mehr, als in den vergangenen Jahren durchschnittlich im selben Zeitraum gemeldet wurden. Doch nur etwa die Hälfte dieser zusätzlichen Todesfälle ist durch die Zahl der offiziell erfassten Corona-Toten abgedeckt
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In Italien werden nur Todesfälle in der offiziellen Corona-Statistik erfasst, die in Krankenhäusern aufgetreten sind und bei denen auch ein positiver Test auf Covid-19 vorliegt.
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Am Diagramm für
New York City lässt sich sowohl der jährliche Anstieg der Todeszahlen zum Jahresanfang, als auch die abweichend hohe Sterblichkeit während der Grippesaison 2018 ablesen. Bereits erkennbar wird auch, welch
extreme Sondersituation die Sterbezahlen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie darstellen.
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Schon jetzt zeigt sich auch in weiteren Ländern eine auffällige Übersterblichkeit. In
Spanien liegt die Zahl der Todesfälle seit Mitte März weit über den statistisch zu erwartenden Werten.
Sterben normalerweise landesweit zu dieser Zeit knapp über eintausend Menschen täglich, so waren es von Ende März bis Anfang April 2020 durchgehend mehr als doppelt so viele. Rund zwei Drittel der Übersterblichkeit lässt sich dabei durch die offiziell erfassten Covid-19-Todesfälle erklären.
Die zusätzlichen Abweichungen vom langjährigen Mittel legen nahe, dass circa 8000 weitere Todesfälle im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie stehen.
Bei der landesweiten Betrachtung gilt es allerdings zu bedenken, dass die Pandemie je nach Region stark unterschiedlich gewütet hat. In immerhin sechs der 19 spanischen Regionen, allesamt Küsten- oder Inselregionen, betrug die Übersterblichkeit seit Mitte März weniger als 25 Prozent. Am anderen Ende des Spektrums stehen vier Regionen mit einer um mindestens 100 Prozent erhöhten Sterblichkeit.
Allen voran die Region Madrid, in der beinahe viermal so viele Menschen starben wie im selben Zeitraum eigentlich zu erwarten war, sowie das benachbarte Kastilien-La Mancha.
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Indonesien gehört zu den ersten Entwicklungsländern aus denen Angaben zur Übersterblichkeit vorliegen. Genau betrachtet
handelt es sich hier nicht um offizielle Sterbezahlen, sondern um die Zahl der Beerdigungen in der Hauptstadt Jakarta. Diese umfassen rund drei Viertel aller Sterbefälle der Stadt und liegen relativ konstant bei monatlich knapp 3000. Dieses Jahr im März stieg die Zahl auf 4400, woraus sich eine Übersterblichkeit von grob 1500 Personen ableiten lässt.
Die offizielle Zahl der Corona-Todesfälle hingegen lag in Indonesien im März landesweit bei 84. Die Schwere der Corona-Pandemie wird durch die offizielle indonesische Statistik drastisch untererfasst.
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Die "Financial Times" nutzt deshalb die Todesfälle in Krankenhäusern (die bis inklusive 10. April mit recht großer Sicherheit erfasst sind) sowie das Verhältnis zwischen offiziellen Covid-19-Todesfällen und der sonstigen Übersterblichkeit
um die gesamte Zahl der Todesfälle bis zum 21. April abzuschätzen. Es ergibt sich so für
Großbritannien eine geschätzte Zahl an Gestorbenen von rund 41.000. Die offizielle Statistik, die keine Angaben zu Todesfällen außerhalb der Kliniken enthält, erfasste zum gleichen Zeitpunkt 17.337 Corona-Tote.
Die offiziell erfasste Zahl der weltweiten Corona-Todesfälle beträgt rund 184.000. Statistische Auswertungen legen nun jedoch nahe, dass die tatsächliche Opferzahl deutlich höher liegen könnte.
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