Wir befinden uns aktuell in einer Rezession. Explodierende Energie und Erzeugerpreise treiben viele Unternehmen in den Bankrott oder an den Rande dessen.
Die Mindestlohnerhöhung von 10 auf 12 Euro erhöht die reinen Lohnkosten für einen Arbeitgeber in Vollzeit um ca 390 Euro im Monat pro Person
Bei einer Erhöhung von 12 auf 15 Euro wären es ca. 580 Euro im Monat.
Bzw bei 10 auf 15 Euro wären es im Monat 970 Euro mehr Personalkosten pro Mitarbeiter im Monat plus halt den höheren Energie - und Erzeugerpreisen.
Viele Unternehmen können sowas nicht stemmen. Du meinst zwar ein Unternehmen dass einem Arbeitgeber nicht mindestens 15 Euro die Stunde bezahlen kann, verdient es nicht zu existieren aber potentiell würde es unzählige Arbeitsplätze gefährden.
Du hast jetzt aber sehr viel Text von mir einfach ignoriert oder nicht verstanden.
Ich habe das im Post den du Zitierst schon beantwortet :
Zu zeigen ist, dass steigende Löhne zu einer steigenden Nachfrage nach Arbeit führen. Ein besonders variabler Teil der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage sind Investitionen. In Investitionsgütern(aber auch breiteren Interpretationen des Investitionsbegriffs) sind erhebliche Lohnkosten enthalten, teils sehr mittelbar. Die nominalen Investitionskosten hängen von den Löhnen ab. Wenn die Löhne mit zunehmender Zeit steigen, dann bedeutet dies, dass die nominalen Investitionskosten mit zunehmender Zeit im Verhältnis zu den Löhnen sinken. Verglichen mit einem Scenario mit schwächerer Wachstumsrate der nominalen Stundenlöhne steigt also das Volumen von lohnenden Investitionen und damit das Volumen an tatsächlich gewagten Investitionen. So gelangt Geld in den Wirtschaftskreislauf. Die gesamtwirtschaftliche Nachfrage steigt und damit die Nachfrage nach Arbeitskräften. Dies wäre also das Gegenteil von deinen beschriebenen Effekt
Aber gern nochmal etwas ausführlicher.
Du scheinst mir anzunehmen, dass die Anhebung des Mindestlohns instantan erfolgt. Wenn wir den gesetztlichen Mindestlohn von derzeit etwa 16% auf 25% anheben geschieht das über mehrere Jahre. Die jährliche(kann auch kleinteiliger gestaffelt werden) Erhöhung könnte beispielsweise um 4% des bisherigen Mindestlohns plus 1% der gesamtwirtschaftlichen Produktivität erfolgen. Wenn durch allgemein stärker steigenden Löhne die gesamtwirtschaftliche Produktivität mit 4% p.a. wächst, dann bräuchte es also 9 Jahre bis zu den erwähnten 25% der gesamtwirtschaftlichen Produktivität. Da haben die anderen Löhne also genug Zeit ausreichend mitzuziehen. Der gesetzliche Mindestlohn wäre dann kaum mehr als 50% des Durchschnittslohns und 60% des Medianlohns.
Man kann die Frage auch anders stellen: Wofür sollen die Menschen ihre höheren Einkommen eigentlich ausgeben, wenn die Löhne wieder anständig steigen?
Ein wesentlicher Wirkmechanismus ist die Investionsdynamik. Die Erwartung steigender Massenkaufkraft induziert Investitionen. Investitionen borgen sich reale Kaufkraft aus der Gegenwart und transferieren sie in die Zukunft, wo sie das reale Angebot erhöhen. Umgekehrt borgen sich Investionen nominale Nachfrage aus der Zukunft(wenn die Kredite getilgt werden) und setzen sie in der Gegenwart frei. Der Versuch zukünftige Nachfrage zu befriedigen schafft also gewissermaßen erst die Nachfrage, die zu befriedigen versucht wird
Es ist eine Frage der Nachfrage. Um das Problem zu beheben müsste mehr Nachfrage nach sinnvollen Dingen entstehen, während die Nachfrage nach unsinnigen Verwendungen ausgetrocknet werden muss. Wenn die nominalen Stundenlöhne vor allem am unteren Ende ordentlich wachsen, dann werden die billigen Bullshitsjobs zu teuer. Auf der anderen Seite steigt die Nachfrage nach dem, was die normalsterblichen Menschen für sinnvoll halten, denn sonst würden sie ihr begrenztes Einkomen ja nicht dafür verwenden.
Am oberen Ende der Reichtumsverteilung kann man die Steuern drastisch erhöhen, sodass die finanziell privilegierten Menschen weniger Geld für Unsinn übrig haben.
Ein wesentlicher Punkt ist die Notwendigkeit von Vollbeschäftigung. Erst wenn die Menschen frei sind Bullshitjobs zu kündigen ohne ihr Einkommen zu gefährden werden Bullshitjobs ausgemerzt. Das führt dann jedoch zu der Frage, welches Volumen an Arbeit ist sinnvoll und wie hilft man eine faire Verteilung dieser sinnvollen Arbeit zu erreichen?
In der real existierenden Marktwirtschaft ist es für Individuen oft nicht wichtig in einem objektiven Sinne produktiv zu sein, sondern über Marktmacht zu verfügen, um einen möglichst großen Anteil des Volkseinkommen für sich zu beanspruchen. In diesem Sinne gibt es an der Spitze der Einkommensverteilung keine Leistungsträger, sondern Leistungsaneigner.
Die mit den heutige Methoden mögliche Produktivität ist deutlich höher als die tatsächlich realisierte Produktivität. Damit eine höhere Produktivität wirtschaftlich vernünftig wird muss diese auch abgesetzt werden können, das heißt die Konsumnachfrage müsste massiv ansteigen. Eine möglichst gleichmäßige Verteilung der Einkommen ist also wichtiger als eine im engen produktionstechnischem Sinne effiziente Produktion. Maßnahmen, die die Einkommen an der Spitze der Einkommensverteilung reduzieren zugunsten der Einkommen am unteren Ende der Einkommensverteilung, sind wirtschaftlich vernünftig.
Das allein wäre noch vergleichsweise einfach. Eine höhere Konsumnachfrage ermöglicht ein höheres BIP und wäre in diesem Sinne wirtschaftlich vernünftig. Für Individuen wird es aber oft so sein, dass höhere Konsumausgaben nicht zum eigenen Bedarf passen. Wenn für ein bestimmtes Konsumniveau weniger gearbeitet werden muss kann es für die eigene Lebensqualität am besten sein weniger zu arbeiten anstatt die Konsumausgaben zu erhöhen. Wenn dann genug Zeit bleibt um selbst zu kochen, um sich selbst um die eigenen Kinder zu kümmern, dann reduziert dies die gesamtwirtschaftliche Nachfrage. Ziel des Wirtschaften ist es den Bedarf mit möglicht geringem Resourceneinsatz zu befriedigen.
Je weniger Einfluss Unternehmen dabei auf die Höhe der Löhne haben, desto besser funktioniert eine Marktwirtschaft. Hoch innovative Unternehmen können hohe Löhne bezahlen. Nach unten flexible Löhne sind ein Schutzschirm für minderinnovative Unternehmen, eine Subvention schlechter Unternehmen auf Kosten ihrer Angestellten. Bei rigiden Löhne hingegen kommt der marktwirtschaftliche Wettbewerb um die besten Innovationen voll zum Tragen. Hochinnovative Unternehmen gewinnen ungebremst Marktanteile, minderinnovative Unternehmen verlieren ungebremst Marktanteile und verschwinden vom Markt. Das ist eine Selektion der besten Unternehmen und im Interesse der Allgemeinheit.
Man muss genug Geld in die Hand nehmen um sinnvolle Arbeit zu finanzieren. Bei sehr hoher Arbeitslosigkeit kann man auch vorübergehend Arbeit fnanzieren, die nicht an sich sinnvoll ist, aber Massenkaufkraft schafft die dann für die Dinge ausgegeben wird, die den jeweils Beschäftigten sinnvoll erscheint. Wenn zu wenig nominale Kaufkraft im Umlauf ist muss mehr nominale Kaufkraft ins System gepumpt werden. Die Wachstumsrate der Löhne ist dabei auch ein wichtiges Indiz dafür, ob Geld- und Fiskalpolitik eher expansiver oder eher restriktiver werden sollten.
Ein wesentlicher Effekt angemessener Mindestlöhne wäre, dass weniger Sozialleistungen in Anspruch genommen werden müssen. Mehr Menschen wird die Würde zuteil, nicht auf dezidierte Sozialleistungen wie Wohngeld oder Grundsicherung angewiesen zu sein. Ein angemessener Mindestlohn ist so zu wählen, dass bei er bei Vollzeitbeschäftigung ausreicht, um einen Rentenanspruch oberhalb der Grundsicherung zu erwerben
Abgekürzt, steigende Löhne regen das Konsumverhalten an und sorgen so für eine höhere Nachfrage. Um diese Nachfrage zu decken muss mehr Angebot geschaffen werden. Für das schaffen von Angebot, muss entweder effektiver gearbeitet werden oder man benötigt mehr Arbeitskräfte. Bedeutet es entstehen neue bessser bezahlte Arbeitsplätze.