Danke für den Text und ich stimme da auch überein. Wir haben jetzt Texte von unterschiedlichen User gelesen, die Böhmermann schon länger als Zuschauer verfolgen und - trotz individueller Unterschiedlichkeit - doch zu einer recht ähnlichen Bewertung kommen.
Ich möchte - unabhängig von diesen Texten - meinen Standpunkt oben noch ergänzen (und ich darf ja nicht mehr oben editieren): Bei Böhmermann sehen wir eben nochmal das neuere Phänomen aus Teilen der Internetcommunity und ein bisschen auch den Medien, dass man quasi den moralischen Zaubertrank trinkt und dann wie früher bei Asterix die Unterdrücker (Römer) fertig macht, wohlgemerkt manchmal auch mit ein bisschen Witz und Satire beigefügt.
Es ist nun aber so, dass Böhmermann sich bei vielen dieser Themen überhaupt nicht in einer Minderheitsposition befindet, auch wenn er auf Widerstandskämpfer macht. Eigentlich fährt Böhmermann oft auf der Mainstreamstraße und macht dann Leute fertig, die sich außerhalb derselben befinden. Er fährt sie quasi mit dem Auto um.
Es ist also nicht wirklich mutig, was er macht und mit seinen Erklärungen führt er eigentlich sogar noch mehr Leute auf die Mainstreamstraße, siehe den langen Vortrag bei Alice Schwarzer. Diese stellt er dann am Schluss der Sendung neben Frau v. Storch und stellt die 80jährigen Feministen - deren Lebensleistung ansonsten niemand absprechen kann - als Nazi hin und warf sie quasi auf den Müllhaufen der Gesellschaft. Und dafür wird er dann gefeiert, weil er das hinter dem "Comedy" Schild eben machen kann, während sich Journalisten nur daran stören dürfen, dass Frau Schwarzer eine andere Meinung zum Ummelden des Geschlechts mit 14 hatte, Gesetz war damals ja noch nicht final.
Man kann das auch gut bei der aktuellen Sendung sehen. Am Anfang baut Böhmermann das mit ein paar Zeitungsüberschriften und nem kleinen Video so auf, als sei die Angst vor satanistische Ritualen die Mainstreammeinung. Er geht aber nun hin und klärt uns auf und sagt was Sache ist, also macht er wieder auf kleine Minderheit, die Widerstand leistet. Ironischerweise stellt er dann aber selber klar, dass da gar nicht so die große Angstbewertung bei Politik und Polizei vorhanden ist. Die ganze Sendung geht eigentlich nur darum, sich an einer älteren Frau abzuarbeiten, die - sagen wir es wie es ist - das als Nichenthema entdeckt hat und damit Geld verdient. Wenn dann irgendein Magazin oder Redakteur noch irgendeinen Inhalt braucht, dann fragt man die Frau eben an. Nebenbei schmeisst Böhmermann noch bezugslos Markus Söder rein, damit sein "Widerstand" und seine Aufklärungsarbeit noch gewichtiger erscheint, weil die Frau ja offenkundig überhaupt keine Gegnerin für ihn ist.
Und hinterher machen seine Hardcorefans dann das Video in der Mediathek aus und denken sich, dass ihre heiliger Jan mal wieder die Spinner und Nazis aufgemischt hat, gegen die sie als Zuschauer als kleine Minderheitengruppe - als ob - jeden Tag im Internet kämpfen. Man ist dann sehr zufrieden mit sich und fühlt sich gut.
Das Prinzip wiederholte sich immer wieder und wurde im Laufe der Zeit immer mehr gesteigert. Im übrigen war das selbst bei Erdogan schon so. Jan wusste doch genau, dass Erdogan - jenseits bestimmter Communities (klare Minderheit) - in Deutschland sehr unbeliebt ist. Im Zweifelsfall hätte er sogar die Rechten und Nazis auf seiner Seite, besonders wenn er - satarisch natürlich - deren Vokabular benutzt. Rückblickend betrachtet war das Schmähgedicht eher unter der Kategorie "das wird man doch einmal sagen dürfen" und "ich spreche aus, was alle denken" zu verbuchen und nicht als Widerstand gegen den Mainstream oder gesellschaftlich mutig zu bewerten.
Im übrigen zeigt die Causa Schönböhm ja, dass Jan mit seiner Satire sogar wichtige Beamte (also keine Politiker oder Showmenschen) weggeschafft bekommt, egal wie viel Wahrheitsgehalt (ist ja nur Satire, I know
) seine Sendung hat:
Ich kenne sonst keinen Satiriker und erst recht keine Kabarettisten früher, der die InnenministerIN Deutschlands und eventuell Ministerpräsidentin Hessens an seiner Seite hat.