Swisslink
L99: LIMIT BREAKER
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So, gleich mal die Folge mit Frau schauen.
Da sie gerade eine Doku zu Schwarzer schaut und feiert und sie mir gestern erst Karten zum Böhmermann & Ehrenfeld Tanzorchester geschenkt hat, wird das wohl gleich ein richtiger Spaß
Gerade wenn man das Fazit und Feedback der Folge betrachtet , scheint die argumentative Herleitung wieder so simpel und selektiv gestrickt zu sein, dass auch der letzte Klappspaten seiner Messias-Followschaft intellektuell und kognitiv folgen kann.
Die Folge war nicht prinzipiell schlecht. Böhmermann macht nur dieselben Fehler, die auch gesellschaftlich momentan weit verbreitet sind. Es gibt in der Trans-Debatte zwei extreme Standpunkte, die beide der wissenschaftlichen Studienlage und der biologischen Realität widersprechen (Transgender Menschen gibt es nicht vs. Transgender Menschen sind komplett identisch mit biologischen Frauen/Männern). Und im weiteren Diskurs, den auch Böhmermann weiterzieht, wird jeder, der dieser extremen - und unwissenschaftlichen - Haltung widerspricht, dem anderen - und unwissenschaftlichen - Standpunkt zugeordnet.
Das geschieht über verschiedene Talking-Points.
- Einer davon ist das TERF-"Argument", das überall durch das Internet geschleudert wird. Wenn eine Frau sagt "ich habe Angst, dass Männer sich über lockerere Gesetze in Bezug auf die Transgender Debatte, die auch Self-ID vollumfänglich anerkennt, Zugang zur Umkleidekabine verschaffen kann", wird die Aussage als transphob gelesen und die Frau der Transphobie bezichtigt. Dabei wird auch komplett ausgeblendet, dass die Person in vielen Fällen gar nicht von Transfrauen, sondern halt effektiv von Männern spricht, die ein zu lockeres Gesetz ausnutzen könnten. Böhmermann macht das ja genauso in der Folge.
- Ein anderes "Argument" zeigt sich in seinem Umgang mit Alice Schwarzer. Ich habe nun ihren Standpunkt etwas genauer gelesen, u.a. in dem Bericht, den @Calvin gepostet hat. Der Emma-Bericht, auf den immer verwiesen wird, ist unglaublich schlecht geschrieben, aber der Inhalt ist nicht grundsätzlich problematisch. Die Frage ist da, wie so oft: "sollte eine einfache Self-ID ausreichen, um gesellschaftlich vollumfänglich als Frau anerkannt zu werden?" Diese Aussage wird von 99 % verneint und die restlichen 1 % sind entweder völlig bescheuert oder haben sich nie Gedanken gemacht, was das bedeuten würde und welche Konsequenzen es hätte.
Dass in der Emma für diese Aussagen immer auf den alten Namen und die alten Pronomen der Politikerin verwiesen wird, wirft ein schlechtes Licht auf den Autoren des Artikels, ändert aber nichts an der grundsätzlich korrekten Aussage. Genauso ändert es nichts an der grundsätzlich korrekten Aussage von Böhmermann, auch wenn er teilweise völlig undifferenziert Punkte vorbringt, ohne diese wirklich zu erläutern. Die Debatte darf nicht sein "Das Selbstbestimmungsgesetz ist kacke, weil Trans-Frauen Männer sind vs. Das Selbstbestimmungsgesetz ist super, Trans-Frauen sollten durch Self-ID Zugang zu allen Frauenräumen erhalten". Denn mit dieser Debatte verliert man 90 % der Menschen, weil sie keiner dieser beiden Aussagen zustimmen.
Die Debatte müsste sein: "Wo ziehen wir die Grenze, für welche Bereiche des Lebens Self-ID ausreichend ist?". Denn diese Grenze muss gezogen werden. Sei es bei der Wahl der Umkleidekabine, beim Sport (insbesondere in Ländern, in denen Sport als Sprungbrett für eine universitäre Ausbildung genutzt wird) oder andere Bereiche des Lebens - es gibt und es wird immer Bereiche geben, aus denen Transgender Menschen bis zu einem bestimmten Punkt der Transition ausgeschlossen werden müssen. Und ob das noch möglich ist mit dem Selbstbestimmungsgesetz... keine Ahnung. Sicher ist nur, dass absolut nichts passieren wird, solange die beiden extremen - und wie bereits erwähnt unwissenschaftlichen - Standpunkte so verfestigt sind.
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