Wir zählen die Tage bis zur E3, und, liebe Leute, bald is es soweit
Auch wenn man noch keine sicheren Prognosen liefern kann, bevor man den Revolution überhaupt gesehen hat, wird eines bereits jetzt schon deutlich: Nintendo hat weiterhin mit der
Entwicklerflucht zu kämpfen: die alten Verbündeten (SK und F5) haben das gemeinsame Boot verlassen, während die See wilder denn je zu toben droht. Sony sichert sich einen Exklusivtitel nach dem anderen, während MS die Entwicklerstudios gleich aufkauft.
Wie will Nintendo diese stürmische See besänftigen, um darin nicht unterzugehen? Klar, wir wissen - oder wissen auch nicht -, daß die kommende Heimkonsole neue Wege bahnen soll: einmal heißt es uns Hardcoregamer mit gewohnter Spielekost zu versorgen, um unseren hohen Sättigungsgrad auch zufriedenzustellen; gleichzeitig aber möchte man auch neuen Käuferschichten und Greenhorns einen Zugang in unseren über das letzte Jahrzehnt etwas komplex gewordenen Spielekosmos ermöglichen; dabei nimmt Nintendo auch die Videospieler anderer Plattformen ins Visier, die mit einem neuartigen und fesselnden Spielgefühl zu einem Systemwechsel bewegt werden sollen.
Wir kennen das Lied ja schon zu genüge, schließlich haben es Reggie und Iwata uns tausende und abertausende Male eingetrichtert. Aber warum soll man nicht ein eigenes Lied anstimmen, sprich seinem eigenen Urteilsvermögen Glauben schenken?
Versuchen wir das einmal, dann zeigt sich uns folgendes Bild. Wir sehen einen Spiele- und Konsolenhersteller, der über die letzten Jahre seit 1995 kontinuierlich an seinen zuvor monopolistischen Marktanteilen eingebüßt hat. Damals war Sonys Playstation nur ein Begriff für Szenekenner. Mit dem offenkundigen Fehlgriff bei der Wahl des Speichermediums für Nintendos N64 nahm der Siegeszug der PSone seinen Lauf: viele Third-Party-Entwickler, die sich durch die Speichermediumwahl ebenso vor den Kopf gestoßen fühlten wie durch Nintendos Exklusivitätsgebaren (man wollte nur die Besten der Besten für die Heimkonsole entwickeln lassen), wechselten auf Sonys Plattform. So verlor man beispielsweise über Jahre hinaus die Unterstützung des weltweit erfolgreichsten Rollenspielherstellers Squaresoft (heue SquareEnix), der für Sonys PSone (und später PS2) fortan ein enorm wichtiges Zugpferd darstellen sollte.
Blicken wir in die Gegenwart, so sehen wir heute die
Auswirkungen jener Zeit, die die entscheidende Zäsur in Nintendos Heimkonsolengeschichte geworden ist. Sony gelang es, die erfolgreichen Spieleserien der renommierten Konsolenentwickler auf die PS2 anzusiedeln. Microsoft ist es in dieser Generation zumindest gelungen, seine Heimkonsole in den USA, Nordamerika und Europa durch ein Softwareangebot zu etablieren, das sich hauptsächlich aus den Umsetzungen erfolgreicher PC-Spiele rekrutiert. Nintendo mußte aufgrund des drängenden Wettbewerbs mit nun zwei wirtschaftlich mammutstarken Unternehmen weiter Marktanteile aufgeben. Das Geschäftsjahr 2002/2003
zeichnete sich durch rückläufigen Nettogewinn, sinkenden operativen Gewinn und Umsatz aus (vgl.
www.finanzen.net: "Nintendo meldet schwache Gesamtjahreszahlen").
Auch die aggressive Preissenkung des GCN konnte nicht verhindern, daß erstmalig im November 2003 seit Erscheinen der Konsole ein Halbjahresverlust ausgeschrieben werden mußte. Positive Zahlen schrieb das Unternehmen erst wieder für das erste Halbjahr im laufenden Geschäftsjahr, in dem es seinen Nettogewinn zwar verdoppeln konnte; dennoch meldete man im Januar 2005 einen Gewinnrückgang um 43 % für das dritte Quartal des laufenden Geschäftsjahres, und das trotz Umsatzsteigerung.
Die Zahlen, wenn sie auch schwer in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung für den Laien einzuschätzen sind, zeigen wenigstens, daß sie unterhalb der unternehmensinternen Prognosen liegen und somit für Nintendo als Mißerfolg zu werten sind. Die Gamecube-Verkäufe entsprachen trotz häufiger prognostischer Korrekturen niemals den Unternehmenseigenen Erwartungen.
Wie schaut die Zukunft aus? Verlassen wir die Perspektive der Wirtschafts- und Finanzwelt und bewerten Nintendos Zukunft aus der Perspektive des Konsumenten und Gamers, so offenbart sich uns ein eklatanter Makel für Nintendos nächste Heimkonsolen-Generation: die wichtige Second-Party-Unterstützung ist weitgehend verlorengegangen, und Multiplattformspiele, die das Softwareangebot auf dem GCN bereichert haben, drohen dem Exklusivitätsgebaren der Konkurrenz anheimzufallen (s. Soul Calibur).
Für den Konsumenten bedeutet dies lediglich weniger Beweggründe zu haben, sich Nintendos nächste Heimkonsolengeneration anzuschaffen; daneben wächst - wie viele Beiträge auf dem Nintendo-Forum bei CW zeigen - der Unmut und das Unverständnis vieler Nintendo-Fans darüber, wie Nintendo nur so fahrlässig das Exklusivitätstreiben der Konkurrenz und die damit weiter einhergehende Schwächung des eigenen Softwareangebots zulassen könne; ja vielmehr fühlt man sich - nicht nur als Fan - genötigt, Nintendos Exekutivstab mehr Inkompetenz und Dilletantismus als Kompetenz und strategisch-vernünftiges Unternehmensbewußtsein zuzusprechen.
Steht die Frage aus: quo vadis, Nintendo?