Was sich Apple und Samsung beweisen wollen
Vor dem in der kommenden Woche beginnenden Patentstreit im kalifornischen San Jose gehen die beiden Kontrahenten Apple und Samsung schon mal verbal in die Offensive. Apple betitelt Samsung als Nachäffer und Trittbrettfahrer. Die Südkoreaner kontern, dass Apple ohne ihre geschützte Technologie noch kein einziges iPhone zustandegebracht hätte.
Der am kommenden Montag in San Jose, USA, verhandelte Rechtsstreit zwischen Apple und Samsung markiert damit wohl einen Höhepunkt im langjährigen Patentstreit zwischen den beiden Unternehmen. Apple fordert von Samsung Schadensersatz in Höhe von 2,5 Milliarden US-Dollar für die Verletzung seiner geschützten Designs und für entgangene Gewinne sowie Lizenzgebühren in Höhe von 25 Millionen Dollar für verschiedene Funktionen im Betriebssystem der Samsung-Telefone. Zuvor hatten sich auf Anordnung einer Richterin die Top-Manager der beiden Smartphone- und Tablet-Hersteller zu Friedensgesprächen getroffen, die Streitigkeiten wurden dabei jedoch nicht beigelegt. Kurz vor Prozessbeginn rüsten beider Hersteller jetzt wieder verbal auf. Das Wall Street Journal hat aus vorliegenden Gerichtsdokumenten markante Formulierungen der beiden Kontrahenten zusammengestellt.
Apple: "Samsung ist Nachäffer und Trittbrettfahrer"
Samsungs eigene Dokumente würden beweisen, dass es einen umfassenden Plan der Südkoreaner gebe, Apples innovative Designs und Features zu kopieren, um mit Rivalen mithalten zu können, meinen beispielsweise die Apple-Vertreter. Die Ähnlichkeit der Samsung-Produkte sei kein Zufall und keine "natürliche Evolution". Apple hat nach eigenen Angaben Samsung bei einem Treffen im Juli 2010 aufgefordert, das Kopieren des iPhone einzustellen, doch Samsung habe in der Folgezeit einfach weitere Apples Rechte verletzende Produkte herausgebracht. "Samsung kann weder etwas an der zentralen Tatsache ändern, dass seine Produkte den für Apple geschützten Designs frappierend ähnlich sehen, noch an der Neuartigkeit und dem Erfolg der Apple-Designs", erklärt der iPhone- und iPad-Hersteller.
Stattdessen versuche Samsung, diese Punkte mit "einem Mischmasch aus auf falschen rechtlichen Grundsätzen basierenden Verteidigungsansätzen" zu vermengen. Apples Geräte verletzten nicht die drei von Samsung vorgebrachten Technik-Patente, die sich auf überholte Verfahren bezögen und zudem ungültig seien, so Apple weiter. Samsung habe außerdem sein FRAND-Verpflichtungen (fair, vernünftig und nicht-diskriminierend) verletzt, indem das Unternehmen (erfolglos) ein Verkaufsverbot für UMTS-fähige Geräte von Apple anstrengte und dem Rivalen eine Lizenzvereinbarung zu FRAND-Bedingungen verweigerte.
Samsung: "Ohne unsere Patente gäbe es kein iPhone"
Samsung begegnet diesen Vorwürfen mit dem Hinweis auf den früheren eigenen Eintritt in den Smartphone-Markt. Bereits seit 1991 entwickelt der Hersteller der Galaxy- Smartphones und -Tablets nach eigenen Angaben Mobilfunktechnologien und ist verantwortlich für einen großen Teil der in modernen Smartphones implementierten Technologie. Ohne die für Samsung geschützte Technologie hätte Apple bis heute kein iPhone herausbringen können. Zudem habe Apple das iPhone-Design nicht selbst kreiert, sondern habe es 2006 von anderen Wettbewerbern wie beispielsweise Sony "geborgt". Ein Apple-Dokument weise auf ein Treffen von Steve Jobs mit dem Sony-Designer Jonathan Ive hin, bei dem es um entsprechende Sony-Designs für schlicht gestaltete tragbare Geräte ging. Auch Design-Entwürfe von Samsung aus dem Jahr 2006 - also vor dem Launch des ersten iPhone im Jahr 2007 - zeigten rechteckige, optisch von einem Touchscreen dominierte Smartphones mit nur einem Bedien-Button. Apple selbst gestehe in internen Dokumenten ein, dass seine Stärke nicht im Entwickeln neuer Technologien, sondern im Kommerzialisieren dieser Technologien liege.
Samsung verweist einerseits auf die aus der eigenen Produktion stammenden Bauteile wie Speicher und Applikations-Prozessor im iPhone und andererseits auf die für Samsung geschützten für UMTS-Geräte Standard-wesentlichen Technologien, für die Apple keine Lizenzgebühren entrichte. Bereits vor dem Launch des ersten UMTS-fähigen iPhone habe Samsung mit allen wichtigen Unternehmen der Mobilfunkbranche Lizenzaustauschverträge geschlossen und habe später einen solchen Deal auch Apple vorgeschlagen, den der Hersteller aus Cupertino jedoch abgelehnt habe. "Obwohl alle wichtigen Branchenakteure Lizenzen für die Nutzung der Standard-essenziellen Patente annahmen, behauptet Apple, Samsungs Patente seien nicht durchsetzbar", betonen die Samsung-Vertreter.
WSJ: "Patent-Prozess des Jahrhunderts"
Apple und Samsung überziehen sich seit 2009 gegenseitig mit Klagen wegen angeblicher Urheberrechtsverletzungen, obwohl Apple auch von Samsung Komponenten für iPhone und iPad bezieht. Mittlerweile hat Samsung Apple als absatzstärksten Smartphone-Hersteller der Welt überholt. Der Prozess in San Jose soll klären, ob Samsung dies auf legale Weise geschafft hat oder nicht. Das Wall Street Journal spricht von nicht weniger als dem "Patent-Prozess des Jahrhunderts", der Auswirkungen auf andere Patent-Verfahren haben wird. Beide Parteien gehen dabei hohes Risiko, denn die Entscheidung wird von einer zehnköpfigen Jury gefällt, der größtenteils Laien angehören werden und die auch die Höhe von Schadensersatzzahlungen bestimmen kann.