Ich hab beide Buchversionen. Die originale Übersetzung von Margaret Carroux und die neue von Wolfgang Krege und erstere ist und bleibt die bei weitem gelungenere. Modernisierungen wie Sams Chef statt Herr erschienen im Kontext der Geschichte extrem unpassend und auch sonst blieb mir Carroux Schreibstil viel einprägsamer in Erinnerung. Insbesondere die Passage mit Frodo beim Schicksalsberg, wie er sich den Ring aufstreift und dem Dunklen Herrscher offenbart wird, wird für mich immer ein Musterbeispiel dafür bleiben, welch grossartige Emotionen und Sprachduktus die deutsche Sprache zu vermitteln imstande ist:
„Und als Frodo den Ring aufsetzte und ihn als sein Eigen beanspruchte und noch dazu in Sammath Naur, dem Herzen ihres Reichs, erbebte die Macht im fernen Barad-Dûr, und der Turm erzitterte von seinen Grundfesten bis zu seiner stolzen und grausamen Bekrönung. Der dunkle Herrscher wurde plötzlich seiner gewahr, und sein alle Schatten durchdringendes Auge blickte über die Ebene auf das Tor, das er gemacht hatte; und die Größe seiner eigenen Torheit wurde ihm in einem blendenden Blitz enthüllt, und alle Pläne seiner Feinde wurden endlich offenbar. Da loderte sein Zorn in einer verzehrenden Flamme auf, aber seine Angst stieg empor wie ein gewaltiger schwarzer Rauch, um ihn zu ersticken. Denn er kannte seine tödliche Gefahr und wußte, daß sein Schicksal nun an einem Faden hing.
Von all seinen Machenschaften und Gespinsten der Furcht und des Verrats, von allen Listen und Kriegen befreite sich sein Geist; und durch sein ganzes Reich lief ein Beben, seine Sklaven zitterten und seine Heere hielten an, und seine Hauptleute, plötzlich steuerlos und ihres Willens beraubt, wankten und verzweifelten. Denn sie waren vergessen. Das ganze Sinnen und Trachten der Macht, die sie beherrschte, war nun mit überwältigender Kraft auf den Berg gerichtet. Von ihm gerufen, flogen mit einem durchdringenden Schrei in letzter verzweifelter Eile, schneller als der Wind, die Nazgûl, die Ringgeister, herbei und stürzten mit brausenden Schwingen zum Schicksalsberg.“