Wie jeder hier nachlesen kann, verachte ich die Geschäftspolitik der f2p Spiele, wenn es derartig aus dem Ruder läuft, wie die aktuellen Beispiele Dungeon Keeper und ToP sehr gut veranschaulichen. Schade ist es, weil das Konzept nicht unbedingt schlecht sein muss, wenn man es denn fair und nachhaltig gestaltet.
Allerdings verstehe ich den hier aufkeimenden Anfall von Selbstjustiz nicht, der in Form von Hacks, Editoren und ähnlichen Drittprogrammen proklamiert wird. Der bewegt sich meines Erachtens nach auf einer ähnlichen Stufe wie Raubkopien: Man konsumiert Inhalte auf eine Weise, für die man das Geschäftsmodell umgeht. Ob das nun die gewöhnliche Raubkopie ist, wodurch ich den Kaufpreis umgehe, oder das Ausschalten von Mikrotransaktionen (wobei man teilweise wirklich nicht mehr von Mikro sprechen kann) bei gleichzeitigem Profitieren vom "Gegenwert" der Transaktion.
Vergleiche mit Rauchern und Drogenabhängigen finde ich äußerst unpassend. Wer anfängt solche Substanzen zu nutzen, weiß doch worauf er sich einlässt. Wer das erste Mal einen Glimmstengel konsumiert, wird durch die Erziehungsberechtigten hoffentlich schon einmal hoffentlich informiert worden sein, so wie Warnhinweise auf den Verpackungen der legalen Drogen angebracht sind. Wer trotzdem konsumiert, handelt aus eigener Willenskraft und trägt dafür die Verantwortung.
Das Gleiche gilt für f2p oder p2w Software. Wenn die Preise hanebüchen sind und das Spieldesign darauf ausgelegt ist, die Kunden abzurippen, sehe ich das doch auf den ersten Blick. Es ist doch keine Raketenwissenschaft, kurz zu überschlagen, wie viel ich für mein Geld bei einem Dungeon Keeper bekomme und ob es mir das Geld wert ist? Und wenn nicht, dann lasse ich davon ab.
Wer Kinder im Haushalt hat und ihnen das eigene Endgerät in die Hand drückt, sollte vielleicht auch mal überlegen, dass der Sprössling vielleicht darüber direkten Anschluss an die Kreditkarte hat. Ansonsten - hier kenne ich mich nicht im Detail aus - sollte es doch Sicherheitsmechanismen geben, die beim Kauf mit harter Währung erst einmal nach dem Passwort verlangen. Macht man sich darüber keine Gedanken, liegt der Situation ein Anflug von Fahrlässigkeit zugrunde.
Recht gebe ich Nerazar, wenn es um die Reaktion des Gesetzgebers auf dubiose Apps geht. Anwendungen, die direkt auf unmündige Kunden, z. B. Kinder abzielen, sollte ein Riegel vorgeschoben werden und ich hoffe, dass sich hier zukünftig etwas tut. Aber mit Cracks und Co. dagegen vorgehen? Das halte ich für die völlig falsche Vorgehensweise. Stattdessen sollte man dafür sorgen, dass Kinder diese Machwerke gar nicht erst in die Finger bekommen und/oder durch geeignete Maßnahmen, s. o., den überteuerten Ingame-Müll nicht kaufen können.
Einem Raucher treibe ich das Rauchen auch nicht aus, indem er für seine Kippen nichts mehr bezahlen muss, um nochmal das Eingangsbeispiel zu verwenden.
Das ist ein recht gefährlicher Vergleich für die Betroffenen. Im Nachinein kann man immer sagen, dass man doch hätte wissen sollen, dass X. Alle Menschen haben Gewohnheiten, die manchmal in eine Sucht hineinreichen. Als Gesellschaft interessiert uns dabei nur, ob sie (sich und) anderen damit schaden oder nicht. Aber Aufklärung hilft nicht immer, weder bei Drogen, noch bei Rauchen, noch sonstwann. Manche sind eben anfälliger und es sind genau diese "Heavy User", auf die die Fastfood-Industrie, die Zigarettenindustrie und, jetzt stärker als vor einigen Jahren (bzw. offenkundiger) die Gaming-Industrie abzielen.
Es würde nichts helfen, wenn man eine Gesundheitswarnung beim Start der Apps einblendet, die werden genauso übersehen wie die Warnungen bei den Zigarettenschachteln oder den zahlreichen Studien im Falle des Fastfoods.
Hier kann man die Menschen nur schützen, wenn man die Methoden der Industrien hinterfragt und einschränkt. Besonders bei Kindern ist das der einzige Weg und die werden in alle Richtungen hin- und hermanipuliert. Es muss zu jeder Zeit fair bleiben.
Und solche "Pay2Win"-Applikationen haben in etwa den selben Suchtfaktor wie Glücksspiel und exakt die selben Mechanismen im Spiel und die selben Planungen davor und werden trotzdem nicht mit der selben Härte angegangen, was das Gesetz angeht. Ich würde an der Stelle den Begriff "Sucht" in diesem Bereich sehr viel früher gebrauchen als man es vielleicht gewohnt ist bei Drogen, damit sich die Sucht nicht komplett durchsetzt, damit es nicht zu spät ist.
Und wenn es eine Sucht ist, dann kann es Nikotin heißen, Crack, Heroin oder eben Spiel X. Macht keinen Unterschied und muss in allen Fällen gleich umsichtig behandelt werden. Das ist ein unangenehmes Thema, weil man hier erst merkt, was Spiele sind und wie gefährlich nahe unser Hobby den gesellschaftlich offenkundig gefährlichen und zum Teil geächteten Sachen gegenübersteht.
Was Mobile Apps angeht, müssen die Warnungen noch klarer werden (welche Dinge werden geteilt/eingesammelt?) und manche Dinge imo grundsätzlich verboten werden (Dungeon Keeper Bewertungslüge; eklatantes Pay2Win). Nur wenn wir diese Machenschaften so nennen und so bezeichnen, wie sie sind, können wir beim Mainstream Zeichen setzen.
Nicht, dass in 2, 3 oder 5 Jahren Pay2Win und Microtransactions "ganz normal" sind, weil die Hersteller und Produzenten genug Geld ins Marketing reinpumpen und die selben Lügen, nur in lauter, jedes Jahr aufs neue rezitieren. Für Kinect (komplette Überwachung des Spielers, Marketing im Herzen des Wohnzimmers) "war der Markt noch nicht reif", aber wenn die Leute nach und nach daran gewöhnt werden, wird der Markt reif sein und dann wird es schwer werden, Alternativen zu finden.