Nintendo ist (wohl) zurück - und auch ich verstehe erst so langsam wo die Reise (wohl) hingeht.
Weder 3DS noch WiiU boten meiner Meinung nach ein vollständig durchdachtes Konzept (und ja, auch der 3DS war meiner Meinung nach nicht das Gelbe vom Ei). Aus dem Grund verwundert es mich auch nicht, dass beide Systeme zu kämpfen hatten und die WiiU sogar nie wirklich aufblühte. Mit der Switch scheint Nintendo seit der Wii wirklich wieder den Nagel auf den Kopf zu treffen. Wer daran zweifelt, der sollte sich ein wenig Zeit zum Nachdenken nehmen.
Erst einmal muss stets bedacht werden, dass Nintendo der einzige Konsolenhersteller ist, welcher im Handheld- wie auch Heimkonsolenmarkt erfolgreich war bzw. ist. Sony und Microsoft hatten schon immer einen klaren Fokus auf Heimkonsolen. Sony und Microsoft hatten auch schon immer eine Tendenz zu eher cineastischen Spielen. Nintendo war schon zu Zeiten im Videospielmarkt erfolgreich, da hätte man beim Erzählen und Darstellen der Geschichten nie im Leben mit Filmen konkurrieren können. Als Nintendo in den 80er Jahren erfolgreich war, da blieb einem gar nichts anderes übrig als sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und mit wenig möglichst viel zu kreieren. Aus diesem Grund hat Nintendo auch schon immer eine Neigung zu einer hohen Zugänglichkeit und auch einer gewissen Einfachheit. Somit ist auch wenig verwunderlich, dass Nintendo im Heimkonsolenmarkt oft zu kämpfen hatte und Sony im Handheldmarkt es nie bis nach ganz oben schaffte.
Ebenfalls bedacht werden muss, dass bis vor 10 bis 15 Jahren es komplett unvorstellbar gewesen wäre, dass Handhelden ähnlich komplexe und ähnlich leistungsintensive Spiele ermöglichen wie Heimkonsolen. Mit dem iPhone änderte sich der Markt und die Produktanforderungen an mobile Systeme drastisch, denn dank Smartphones und Tablets haben sich mobile und stationäre Systeme angenähert. Gleichzeitig ging die Anforderung an die Akkulaufzeit herunter. Ein tägliches Aufladen eines Smartphones ist nicht mehr absurd und wird sogar längst akzeptiert. Sogar mehrmaliges Aufladen pro Tag ist schon akzeptiert worden, beispielsweise wenn man rechenintensive Spiele auf dem Smartphones spielt. All dies war in den 90ern noch ein Genickbruch für Handhelden (Stichwort "Game Gear"), heute dürfte dies wohl kaum noch der Fall sein. Diese Entwicklung hat Nintendo auch noch etliche Kunden gekostet, da Smartphone- / Tablet-Besitzer nun stets ein mobiles Spielsystem mit sich tragen. Die Zielgruppe für klassische Handhelden sinkt also stetig.
Alles in allem eine komplizierte Situation für Nintendo. Sie sollten im Heimkonsolenmarkt nicht direkt mit Sony und Microsoft konkurrieren, zumal cinematische Spiele nicht Nintendos Philosophie entsprechen. Im Handheldmarkt wird die Nachfrage nach klassischen Handhelden immer geringer und die jährliche Leistungssteigerung der Smartphones bzw. Tablets wird immer mehr zum Problem für Nintendo. Somit lauteten Nintendos grobe Vorstellungen an ein neues Konsolenkonzept wohl:
- System repräsentiert weiterhin die Unternehmensphilosophie von Zugänglichkeit und Einfachheit
- System ermöglicht zyklische Hardwareverbesserungen, um auf technische Fortschritte besser reagieren zu können
- System benutzt ein zukunftsfähiges Betriebssystem, ähnlich wie es abseits von Videospielsystemen längst Standard ist
- mögliche Symbiose aus Handheld und Heimkonsole, um interne Ressourcen (ähnlich wie die Konkurrenz) bündeln zu können und sich gleichzeitig von der Konkurrenz abzusetzen
- mögliche Symbiose aus Smartphone / Tablet und klassischen Spielsystemen, um Ressourcen bündeln zu können und sich gleichzeitig von der Konkurrenz abzusetzen
- System bietet Alleinstellungsmerkmal(e)
Letztendlich vereint Nintendos Switch all das. Nintendo weiß wie kein anderer wie man mobile wie auch stationäre Spielerfahrungen realisiert und genau dies wird hier essentiell sein. Mit Nintendo ist ein großartiges Portfolio garantiert und die Erfahrung wird im mobilen wie auch stationären Modus überzeugen. Dritthersteller können auf dieser Basis aufbauen und sich mehr im mobilen oder mehr im stationären Sektor positionieren. Nintendos Switch ist (und das ist vielen wohl gar nicht so bewusst) außerdem eine modulare Konsole, wodurch Nintendo in Zukunft sehr flexibel reagieren kann. Nintendo kann nicht nur komplett andere Joy-Cons jederzeit auf den Markt bringen, sie könnten auch ein oder zwei Jahre später einfach eine rechenstärkere Switch Konsole herausbringen (theoretisch auch eine reine Heimkonsolenvariante mit maximaler Leistung). Dadurch könnte Nintendo mit einem wahren Kampfpreis zukünftige Switch Konsolen anbieten und Kunden müssten nicht immer ein komplettes Set kaufen, sondern wirklich nur noch den Kern des Systems aktualisieren. Über das Betriebssystem und dessen Features wissen wir noch nichts, aber Nintendo setzt bestimmt ähnlich wie bei der Hardware auf ein Betriebssystem was zukunftsfähig und flexibel ist (eine Art „Nintendo OS“ für alle zukünftigen Systeme). Nintendo kommuniziert zwar stets, dass Switch nicht ihr einziges System sein wird, da der 3DS noch unterstützt wird und Switch auch kein 3DS Nachfolger ist, aber damit hält sich Nintendo nur eine Option offen. Mich persönlich würde es stark wundern, wenn Nintendo nicht fast alles auf die Karte „Switch“ setzt. Die Vorstellung zukünftig Zuhause wie auch auf Reisen ein Zelda a la Breath of the Wild und ebenfalls ein richtiges Pokemon Rollenspiel spielen zu können, das alleine lässt schon erahnen was für ein starkes Line Up Nintendos neues System aufbieten kann. Zumal Nintendo die natürlich auch auf der Switch vorhanden Release-Lücken sehr gut völlig alleine mit Ports von WiiU Spielen füllen kann, da für viele diese Spiele wohl nach wie vor neu wären und es erstmals möglich wäre die Spiele auch unterwegs zu spielen. Ich persönlich gehe auch davon aus, dass die Joy-Con Bewegungssteuerung ermöglichen und der Bildschirm Multi-Touch-fähig ist. In erster Linie deshalb, um nicht nur kompatibel zu klassischen Spielekonsolen zu sein, sondern eben auch zu Smartphone- / Tablet-Spielen. Zum einen werden Nintendo und DeNA wohl sehr gerne ihre Smartphone- / Tablet-Spiele auch auf der eigenen Plattform anbieten wollen, zum anderen hat man mit Nvidia und deren Erfahrungen mit Android natürlich auch einen passenden Partner und könnte so auch das Spieleangebot noch mal extrem anwachsen lassen. Für Dritthersteller wäre somit auch auf alle Fälle genug Lebensraum vorhanden. Somit wäre es gut möglich, dass wir auf Switch zukünftig Spiele a la Breath of the Wild, Skyrim und Co. ganz genauso wie Spiele a la Hearthstone, Super Mario Run und Co. spielen. Womit Switch dann letztendlich auch noch groß punktet, dass das System zu jeder Zeit und an jedem Ort einen Mehrspielermodus ermöglichen kann - es muss lediglich noch vom Spiel unterstützt werden. Das ist eine Funktion die aktuell kein Konkurrenzprodukt in dieser Form auch nur annähernd bietet. Allein mit diesem Feature hebt sich Nintendo schon von der Konkurrenz ab und es wird nicht wenige Käufer geben, welche dieses Feature auch oft genug nutzen werden, da bin ich mir ganz sicher.
Am Ende bleibt nur eine Frage zu beantworten: Warum sollte Nintendo das Risiko eingehen und alles auf ein System setzen, da ein Scheitern einem Todesurteil gleich käme? Um ehrlich zu sein, mir war auch lange nicht bewusst warum Nintendo diesen Schritt riskieren kann. Die Gründe hierfür sind allerdings ziemlich klar, denn mit den amiibos bzw. Merchandise und Smartphone- / Tablet-Spielen wird Nintendo auf alle Fälle ein gutes zweites Standbein zur Verfügung haben. Zumal möglicherweise noch ein weiteres via Quality of Life hinzukommt - und wer weiß, möglicherweise gibt es zwischen Switch und Quality of Life Produkten noch Überschneidungen.
Wenn der Preis stimmt, die Akkulaufzeit nicht zu niedrig ist und die Dritthersteller nicht komplett die Arbeit einstellen, dann sollte Nintendo Switch eine erfolgreiche Zukunft vor sich haben. Erfolgreich bedeutet, dass nicht unbedingt über 100 Mio. Einheiten abgesetzt werden müssen. Allerdings müssen es weit mehr Einheiten sein als es die WiiU, der GameCube oder auch N64 geschafft haben. Meiner Meinung nach sind ca. 60 Mio. Einheiten auf alle Fälle realistisch und damit darf man als Hersteller schon zufrieden sein. Erst recht wenn man laut so vielen Experten, Spielern, Journalisten und Analysten ständig kurz davor ist ein reiner Dritthersteller zu werden.