Spiel hab ich mittlerweile durch und dachte mir, ich geb eine kleine Rückmeldung als Anhaltspunkt für alle Interessierten [SPOILERFREI]:
Zuerst zur Technik bzw. den unterschiedlichen Versionen
Laut User-Rückmeldungen sind die ausgereiftesten Versionen entweder die Fassung für PC, wenn man die empfohlenen Systemvoraussetzungen erfüllt UND eine Nvidia-Grafikkarte besitzt. ATI-User müssen die Grafik von HIGHEST auf HIGH setzen, um Lag-frei spielen zu können, verzichten dann aber auf Postprocessing wie DoF und Subsurface-Scattering.
Ebenso sollten die Schatten zumindest auf MEDIUM reduziert werden.
Ebenbürtig zur PC-Version ist die Xbox 360 Fassung (die aber in Europa nicht vor 2012 erscheinen wird), die inklusive all der Postprocessing-Effekte ruckelfrei läuft.
Am schlechtesten schneidet die PS3-Fassung ab, die mangels der Einstellungsmöglichkeiten des PCs keinen Raum für Performance-Verbesserungen zulässt und immer wieder deutliche Lags und Ruckler zeigt. Besonders ärgerlich in den Action-Sequenzen, wenn man mittels QTEs gefordert ist, möglichst schnell zu reagieren.
Zum Spiel selbst
Gleich vorneweg, Jurassic Park: The Game ist kein Spiel für klassische Gamer.
Auch wenn Telltale Games für seine erstklassigen Adventures bekannt ist, so ist deren neustes Produkt auch für Adventure-Begeisterte nicht zu empfehlen. Genauso dürften Freunde von Heavy Rain, das die Entwickler als Steuerungsvorlage nennen, enttäuscht sein.
Am ehesten kann man es richtigen Jurassic Park-Fans empfehlen, die sowohl mit der Romanvorlage als auch den Filmen engstens vertraut sind und deren Zitate aus dem FF schleudern können. Gehört ihr dazu, werdet ihr wahrscheinlich am meisten mit diesem Spiel anfangen können.
Das Gameplay
Streng gesprochen handelt es sich bei Jurassic Park: The Game nicht wirklich um ein Videospiel. Oder zumindest um eines, das Interaktivität auf ein Mindestmaß reduziert.
Grundsätzlich gibt es zwei Ebenen: Erforschen/Puzzle und Action-Seuquenzen. In keinem der beiden kann man die Spielfiguren selbst steuern.
Ersteres besteht im wesentlichen aus einem Hotspot, der mittels Kameraschwenk per Analog-Stick nach Objekten abgesucht werden kann.
Editierbare Objekte werden mit Button-Prompts hervorgehoben. In der Regel gibt es ein Objekt, das als Trigger funktioniert und die Handlung vorantreibt, die restlichen sind quasi Sackgassen.
Als Erweiterung gibts mehrere Hotspots nebeneinander, zu denen man mit Hilfe einer Übersicht wechseln kann.
Unterschiedliche Lösungswege gibt es nicht.
Zu dieser Erforschen/Puzzle-Ebene gehören auch Dialoge, die ähnlich wie in Mass-Effect über eine radiale Anordnung verschiedene Fragen oder Antworten zulassen. Die unterschiedlichen Fragen erörtern zwar entsprechende Hintergründe über die verschiedenen Charaktere, beeinflussen aber genauso wie die mehreren Antwortmöglichkeiten nicht die Handlung. Denn egal welche Antwort (oder Anweisung) man wählt, es wird immer das gleiche Ergebnis getriggert.
Für Adventure-Fans dürfte es also eine absolute Ernüchterung sein, dass es praktisch keine Rätsel gibt und die wenigen sehr einfach gehalten wurden.
Ähnlich verläuft es mit der zweiten Ebene des Spiels: den Action-Sequenzen. Die funktionieren wie ein Film, der über QTEs am Weiterlaufen gehalten werden muss. Je nach QTE kann man entweder ein- oder mehrmals scheitern, was lediglich zu einem Downranking für die Sequenz führt (für Action-Sequenzen gibts nämlich Medaillien: Gold, Silver, Bronze oder nichts), oder aber man stirbt tatsächlich. Hier gab sich Telltale sehr einfallsreich und manche Tode sind absolut nichts für Kinder.
Grundsätzlich gibt es aber in den Action-Einlagen nur zwei Möglichkeiten: Bestehen oder Sterben. Unterschiedliche Lösungen (statt wegrennen irgendwo hinaufklettern, rechts- oder links laufen, verharren statt flüchten...) werden nicht angeboten.
Jurassic Park: The Game ist also eine absolut lineare Angelegenheit bis auf den Ausgang. Ohne irgendetwas zu spoilern sei nur soviel gesagt: Das Abenteuer hat zwei mögliche Enden.
Der Rest ist also gameplaytechnisch reiner Minimalismus und darum würde meiner Meinung nach auch "The interactive Movie" deutlich besser als Untertitel passen, wie "The Game".
Die Grafik
Sie hat ihre guten und schlechten Seiten. Die Dinosauriermodelle sind ganz gut gelungen und sehen designtechnisch praktisch wie die originalen Vorbilder aus (herunterskaliert, versteht sich). Bewegende Nüstern sind aber nette Details.
Auch die Animationen der Dinosaurier sind meist sehr gut, im Gegensatz zu den Menschen. Neben rudimentären Gesichtsausdrücken bewegen sich die Menschen oft steif und unnatürlich (und das obwohl bei Telltale erstmals ein Motion-Capturing Verfahren zum Einsatz kam). Texturauflösungen und Detailgrad der Umgebungen sind ebenfalls für Telltale-Verhältnisse ein riesen Fortschritt, verglichen mit Vollpreisspielen sieht das Spiel aber deutlich schlechter aus.
Postprocessing-Effekte wie Tiefenschärfe und Subsurface-Scattering können das alles nur bedingt aufwerten.
Film-Feeling lassen jedenfalls die tollen Kamerafahrten und -einstellungen aufkommen. Hier hat sich TTG sehr am Stil von Steven Spielberg orientiert.
Der Sound
Leider in der deutschen Version sehr schlampig abgemischt. Dialoge sind oft viel zu leise, Musik endet aprupt und in einigen Szenen fehlen einfach Geräusche (wie Umgebung, Schritte oder das Rascheln der Kleidung). Auch die Musikuntermalung ist bis auf wenige Ausnahmen eher im Hintergrund.
Die deutschen Sprecher sind um Hausecken besser als zB. in Fahrenheit, es schwankt die Qualität aber von Charakter zu Charakter. Ich empfehle ein Umschalten zur originalen englischen Sprachausgabe, denn die schafft eine deutlich bessere Atmosphäre.
Apropos Atmosphäre: Sehr eindrucksvoll sind all die originalen Dinosaurier-Sounds aus den Filmen. TTG bekam die Soundfiles von Universal und von daher ist diese Umsetzung der Filmvorlage ebenbürtig. Sowohl Tyrannosaurus, als auch Velociraptoren, Dilophosaurier und Brachiosaurier klingen genauso wie im Kino.
Die Story
Ich spoilere hier nichts, darum nur soviel: Die Handlung verläuft anfangs parallel zum ersten Film und dehnt sich nach dessen Ende noch weiter aus.
Viele Fans halten die Geschichte des Spiels für die beste Umsetzung im Franchise nach dem ersten Film.
Der Ausflug auf die Isla Nublar dürfte für die meisten Spieler eine Angelegenheit von etwa 7 Stunden sein. Von daher nun zum
Fazit
Wenn all die erwähnten Schwächen keine Chance gegen die Begeisterung für das Jurassic Park-Universum haben oder man die Jurassic Park-Spielesammlung unbedingt erweitern möchte, dann kann man durchaus zuschlagen.
Ansonsten würde ich entweder auf einen Preisnachlass warten (da € 30,- für ca. 7 Stunden Unterhaltung doch nicht so wenig sind) oder als Xbox-User der Videothek einen Besuch abstatten. Eigentlich ist das ein klassischer Leih-Titel, da man ihn locker an einem Wochenende (2h/Tag) durchspielen kann. Wiederspielwert ist praktisch nicht vorhanden.
Den PS3-only-Usern muss ich ehrlich gesagt eher abraten. Für die Performance-Probleme finde ich das Geld zu schade. Und von einem Patch ist bisher nicht die Rede.
Ich hoffe einigen Unentschlossenen hiermit weitergeholfen und vielleicht auch Geld gespart zu haben.
PS: Im europäischen PSN ist der Titel bisher noch NICHT erschienen.