inFamous-Testbericht
Quickfacts:
Entwickler: Sucker Punch
Publisher: Sony
Release EU: 27. Mai 2009
Genre: Openworld Action-Adventure
Schwierigkeitsgrad: Fortgeschrittene bis Profis
Geeignet für: Openworld-Liebhaber (Assassins Creed, GTA IV), Superhelden- und Comicfreunde, Actionspieler
Seien wir ehrlich: Als das erste Ingame-Footage zu inFamous gezeigt wurde, war der Eindruck positiv, von einem Bombastspiel sprach jedoch damals noch niemand.
Jetzt ist Sucker Punchs Debütspiel für die PS3 zu kaufen und ob es dem von Sony geschürten Hype standhalten kann, erfahrt ihr im Test.
Grafik
Optisch ist inFamous durchaus beeindruckend: Famose Weitsicht, so gut wie keine Ladezeiten und wahrlich elektrisierende Effekte überzeugen auf der ganzen Linie. Mein persönliches Highlight sind freilich die übercoolen comicartigen Zwischensequenzen, die künstlerisch sehr hochstehend sind und so noch kaum je zu sehen waren.
Allerdings ist inFamous nicht vor technischen Problemen gefeit; so ruckelt das Spiel stellenweise deutlich, oft gibt es zudem unschöne Pop-Ups; ähnlich wie bspw. bei Mass Effect werden Texturen erst spät geladen, was stellenweise unansehnlich sein kann. Generell ist es um die Texturqualität nicht allzu gut bestellt: Gebäude wirken oft detailarm, der generelle Look ist zudem recht farblos. Kleinere Grafikbugs gibt es ab und auch an, was allerdings nur bei genauem Hinschauen auffällt.
Alles in allem ist die Optik gelungen.
8/10
Sound
Glücklicherweise habe ich auf den Sprachpatch gewartet, wodurch ich in den Genuss der wirklich ausgezeichneten englischen Sprachausgabe gekommen bin; besonders die Stimmen von Cole, Zeke und Kessler haben mir extrem gut gefallen. Wie die deutsche Sprachausgabe ausgefallen ist, kann ich indes nicht beurteilen.
Darüber hinaus sind die Effekte (Explosionen, Passanten, Superkräfte) gelungen, der Raumklang geht ebenfalls in Ordnung.
Die Musikuntermalung ist dezent, aber keineswegs schlecht.
9/10
Balance
Auf dem normalen Schwierigkeitsgrad bin ich stellenweise ziemlich viel gestorben, was mit wirklich wahnwitzigen Gegnermassen zu tun hat. Stellenweise billig spawnen zahlreiche Gegner vor dem Spieler und überfordern rasch, wenn man ungünstig postiert ist. Abgesehen davon kann man zwischen mehreren Schwierigkeitsgraden auswählen, das Spiel profitiert ausserdem von einem fairen Checkpointsystem, welches auch Missionen gut unterteilt, so dass der entsprechende Auftrag nicht jedes Mal von vorne begonnen werden muss. Kämpfe gegen vereinzelte Zwischen- oder Endgegner erfordern jeweils bestimmte Taktiken.
Die Kräfte sind ausgezeichnet ausbalanciert und ergänzen sich perfekt; keine Kraft ist überflüssig, alles ergänzt sich zu einem homogenen Ganzen (siehe Waffen & Fähigkeiten).
8/10
Atmosphäre
In inFamous habe ich mich wirklich wie ein Superheld gefühlt, die dunkle Krisenstimmung packt ebenfalls jederzeit. Generell fühlt sich das Spiel wie eine grossartige Comicverfilmung an, auch die grosse, freibegehbare Stadt wird glaubhaft in Szene gesetzt. Weitere Rosinen sind zuweilen eingespielte TV-Übertragungen aus den Nachrichten oder einem ominösen Untergrundaktivisten.
Dämpfer stellen teilweise sterile und sich wiederholende Missionstypen dar sowie die erwähnt unrealistisch grossen Gegnerwellen.
9/10
Bedienung
Es dauert manchmal seine Zeit, bis neue Fähigkeiten oder Spielzüge in Fleisch und Blut übergegangen sind; auch kann die Steuerung gerade gegen Ende etwas überladen wirken, wenn Cole alle Fähigkeiten erworben hat und innert Sekunden verschiedenste Fähigkeiten anwenden sollte.
Grundsätzlich steuert sich inFamous allerdings traumhaft: Die Jumpn-Run-Einlagen funktionieren geschmeidig und flüssig, die Gefechte steuern sich rasant und präzise, generell hat man den Eindruck, Cole fast immer im Griff zu haben. Die Erfahrung der Entwickler aus Spielen wie Sly Raccoon kommt hier eindeutig zum Vorschein!
9/10
Umfang
inFamous bietet für ein Openworld-Spiel eine vernünftige Spieldauer; für einen Durchgang ist man etwa 20 Stunden lang beschäftigt, Nebenmissionen und die Schnitzeljagd nach Dead Drops und Energieschilden motiviert für weitere Stunden. Die drei Stadtteile sind abwechslungsreich und gross.
Ausserdem ist der Wiederspielwert hoch, da man in einem Durchgang keineswegs alle Kräfte zu Gesicht kriegt, je 15 Nebenmissionen sind ausserdem exklusiv nur einer Gesinnung zugänglich.
9/10
Leveldesign
Im Vergleich zu einem Assassins Creed etwa bietet inFamous deutlich vielseitigere und weniger generisch wirkende Missionen; zwar wiederholen sich die Nebenmissionen konzeptionell dauernd, die gut gewählte Mischung der verschiedenen Missionstypen (Verfolgungen, Grossgefechte, Eskortmissionen, Photoshooting, Time-Trial-Parcour-Einlagen, u.a.) befriedigt allerdings fast immer und lässt über die Sterilität hinwegsehen.
Die Hauptmissionen sind grundsätzlich recht abwechslungsreich, auch wenn sie stellenweise etwas lang und nervig ausfallen können (etwa das Zerstören mehrerer Giftgasballone, die über alle drei Stadtteile verteilt sind).
8/10
K.I.
Die Gegner machen dem Spieler vor allem durch ihre Masse und nicht durch ihre Intelligenz das Leben schwer. Zwar können sie Granaten werfen oder auch Deckung nehmen, ihre Verhaltensmuster sind jedoch beschränkt und wiederholen sich rasch. Teamplay ist ebenfalls nicht vorhanden. Endgegner verhalten sich nach verschiedenen Scripts und bedürfen immerhin individueller Taktiken.
Die Wegfindung von Gegnern oder Passanten ist solide.
6/10
Waffen/Fähigkeiten
Die verschiedenen Fähigkeiten sind wie angerissen ausgezeichnet und ultracool; Cole kann lernt im Verlauf des Spiels knapp 20 Fähigkeiten, die zudem oft mit einem simplen, aber effektiven XP-System in bis zu drei Stufen aufwertbar sind. Die einzelnen Fähigkeiten möchte ich nicht spoilern, auf jeden Fall ist für genügend Abwechslung gesorgt.
Es ist eine wahre Freude, dem immer stärker gedeihenden Helden zuzuschauen; das Superheldenfeeling ist dank den Kräften die grosse Trumpfkarte des Titels!
10/10
Handlung
Anders als andere Spiele seiner Zunft leidet inFamous kaum an den für das Genre typischen Pacingproblemen bei der Erzählung, weil sich der Spieler mit der Zeit blitzschnell von Ort zu Ort bewegen kann und sogleich im Mittelpunkt des Geschehens steht.
Die Haupthandlung ist derweil packend, mysteriös, bombastisch und mit einem der besten Enden gesegnet, die ich seit langer Zeit geniessen durfte. Alle wichtigen Geschehnisse werden stets in den wie erwähnt ausgezeichneten Comicsequenzen erzählt; als einziger Kritikpunkt zu vermerken sind alle sonstigen Entwicklungen, die in relativ unspektakulären Audioübertragungen oder etwas leblosen Ingamecutscenes vermittelt werden; BioShock war diesbezüglich mit seinen intelligent geschriebenen und nostalgisch präsentierten Audiobotschaften imposanter.
9/10
Fazit
Ich gebe es zu: Selbst ich als grosser Sony-Fan war anfangs nicht restlos überzeugt, als inFamous angekündigt wurde. Selbst nach dem Kauf hatte ich noch Bedenken, dass der Titel zwar gut, aber wenig eigenständig sein könnte und an typischen Openworldkrankheiten, die ich so verteufle, leiden würde.
Doch weit gefehlt: Was Sucker Punch hier abgeliefert hat, kann in den allermeisten Bereichen überzeugen, insbesondere die Spielwelt und die Handlung wirken eigenständig und wohlüberlegt. Auch das eigentliche Gameplay überzeugt vollauf, auch wenn sogar inFamous vor den typischen Konzessionen dieses Genres ab und an etwas kapitulieren muss.
Insgesamt spreche ich aber eine volle Kaufempfehlung für PS3-Besitzer aus; jeder sollte inFamous zumindest einmal angespielt haben, denn was man hier geboten bekommt, ist wahrlich elektrisierend!
85/100