Teil 1 zur Betrachtung von A Song of Ice and Fire nach Nietzsches Philosophie hier:
forums.consolewars.de
Um einen längeren Text zu schreiben.
Es ist wohl nicht zufällig, dass gerade Stannisfans gerne Dany nicht mögen und Danyfans gerne vor allem nicht Stannis. Um dieses Phänomen zu erklären werde ich Nietzsche heranziehen, welcher von der Serie ebenfalls zitiert wird.
Nietzsche unterscheidet zwischen zwei Moralsystemen. Herrenmoral und Sklavenmoral. Stannis repräsentiert die Herrenmoral und Dany die Sklavenmoral.
Herrenmoral: Gut und Schlecht
Sklavenmoral: Gut und Böse
Um ein einfaches Beispiel zwischen den Moralsystemen zu geben. Nach der Herrenmoral hat jede Familie das Recht sein Kind unabhängig des Staates zu erziehen. Nun gibt es aber Kinder die aufgrund dieser Regelung Opfer von Eltern werden können, weil die Eltern nicht 24 Stunden überwacht werden und daher ihre Kinder unbemerkt in Keller einsperren und foltern. Dieses Kind wird die Existenz solch einer Regelung verachten, das nennt Nietzsche Sklavenmoral.
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Videos zur Belegung der Textstellen:
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Irgendwann mal ist Dany aber keine Sklavin mehr, sondern eine Herrscherin mit drei Drachen. Ihr Regierungsystem ist es das Rad zu durchbrechen. Dany herrscht in Meereen tyrannisch, aber aus unserer Sicht mit einer moralischen Legitimation, sie will eine Gesellschaft zerstören welche Sklaverei ermöglicht und eine neue GUTE Gesellschaft errichten. Sie verfüttert willkürlich die Familienoberhäupter an die Drachen um herauszufinden wer schuldig ist und wer nicht. Denn das würde einem Sklaven nutzen, wenn reiche Säcke so behandelt werden, um die Leute zu finden. die die Sklaverei wieder einführen würden. Dabei sind das Ramsaymethoden, welcher ohne Prozesse Menschen an seinen Hunden verfüttert.
Für Meereen würde sie am Ende sogar die Städte der Master in Asche verwandeln, weil dies einen Sklaven nutzen würde. Die Städte der Master bedrohen die Stadt ohne Sklaverei. Wenn es diese Städte nicht mehr auf ner Landkarte gibt, dann ist dem Sklaven in Meereen geholfen. Das ist kein "Weniger Menschen opfern für die Menschheit"-Moral, sondern eine "Die Mehrheit der Bösen mit ihren Städten opfern für die wenigen Guten".
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Teil 2: Herrenmoral:
Da für Danyfans die Serie eh nicht mehr Canon ist, werde ich bei meiner Beschreibung zur Herrenmoral ebenfalls auf die Bücher zugreifen. Zur Einleitung werde ich paar Zitate zur Herrenmoral heranführen und Stannis darin erläutern und den Unterschied zur Dany. Danach die Besonderheit der Pflichtethik und zuletzt deren Schwachstelle, die die Sklavenmoral erst begünstigt.
Der Herr also setzt aktiv Werte, und er setzt sich selbst als den größten Wert.
Nietzsche unterzieht die Vorstellung universal gültiger Moral der kritischen Prüfung. Stattdessen seien Moralvorstellungen abhängig von der Kultur, die sie vertritt. Die Begriffe des „Guten“ oder „Bösen“ werden somit zu einem anthropologischen (statt einem theologischen) Problem. Dennoch kann...
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Stannis unterwirft sich einem Pflichtgefühl. Er muss König werden, weil die Pflicht ihn dazu verdammte, er hat nach der Krone aber nie gefragt. Würde Renly der zweite Bruder von Stannis sein, würde Stannis an seiner Seite kämpfen müssen um ihn zum König zu verhelfen. Dabei sieht man den Unterschied zu Renly, welcher auf das Recht pfeift und sich allein deshalb zum König erhebt, weil Stannis eh keiner mag, obwohl Renly der dritte Bruder ist.
Gleichzeitig sieht er sich nicht nur selbst einem Pflichtgefühl unterworfen, sondern jeder hat seine Pflicht zu erfüllen. Die Pflicht ist ein absoluter für sich stehender Wert dem sich Stannis unterordnet. Die Pflicht kennt
gutes und
schlechtes auf der Welt.
Anders als Dany welche das
Gute und
Böse aus ihrem Empfinden heraus bestimmt und sich als die Spitze betrachtet, weil sie Opfer gewesen war und am besten weiß was gut für die Welt ist.
Zudem ehrt die Herrenmoral Mut und Aktivität, unabhängig von eigenem Vorteil. So gebührt selbst dem (ebenbürtigen, starken) Feind Anerkennung statt Verachtung.
Dany und Stannis teilen unterschiedliche Auffassungen über ihre Feinde. Während Dany ihre Feinde als das
Böse verachtet, die den Opfer leid zufügen und als Antwort auf diese mit der selben Grausamkeit zu antworten weiß, sieht Stannis seine Feinde als die Figuren, die das Reich bluten lassen und dem Reich nur
schlechtes antun, weil sie ihre Pflichten nicht erfüllen.
Sklavenmoral geht immer vom Kleinen zum Großen, die Opfer, die Sklaven zur Welt. Herrenmoral geht immer vom Großen zum Kleinen. Das Reich als absoluten Selbstwert und der Mensch welcher sich dem unterzuordnen hat.
Stannis ehrt sogar Diebe wie Davos, wenn diese ihre Strafe akzeptieren und schlägt diese zu Ritter. Das SCHLECHTE kann zum GUTEN werden. Dany würde das BÖSE zu Tode verurteilen, so wie sie es immer tat. Das BÖSE wird niemals GUT, muss also mit der alten Welt gehen.
Da der Herr (im Gegensatz zum Sklaven) nicht an seinem Dasein leidet, entfällt das Bedürfnis, Glückseligkeit in ein Jenseits zu verschieben. Religiosität ist in der Herrenmoral also nicht enthalten. Derr Herr ist damit zudem Vertreter der Kriegerkaste in Abgrenzung zur Priesterkaste der Sklavenmoral.
Dazu reicht es schon Melisandre zu zitieren:
Stannis had been a younger son living in the shadow of his elder brother, just as Jon Snow, bastard-born, had always been eclipsed by his trueborn sibling, the fallen hero men had called the Young Wolf. Both men were unbelievers by nature, mistrustful, suspicious. The only gods they truly worshiped were honor and duty.[78]
—Melisandre's thoughts
Sowohl Machtausübung als auch Desinteresse an allem „schlechten“, „pöbelhaften“
[2], sind integraler Teil der Herrenmoral.
Stannis empfindet Hurenhäuser als schlecht, auch das Besaufen. Alles was dem Reich schlechtes dient will er unterbinden oder regulieren, so verbietet Stannis Hurenhäuser, die aus seiner Sicht für die Korruption des Reiches steht, indem Bordellbetreiber allein durch Ausbeutung von Frauen sich hochwirtschaften. Korruption ist was schlechtes, weil diese dazu dient die Pflichten des anderen zu behindern. Die Korruption ist das Bordellhaus der Wohlhabenden, siehe Littlefinger.
Es gibt aber ein Problem mit der Pflichtethik, nämlich das bekannte Trolleyproblem:
de.wikipedia.org
Darf ich ein Gleis umstellen um fünf Menschen zu retten und dabei eines zu Opfern (Bentham/Mill: Melisandre) oder hab ich die Ethik bei der auch dem einem Menschen das Recht auf Leben nicht verwehrt werden darf (Kant: Davos). Was ich verdeutlichen will, dieser alte ethische Streit wird durch Stannis Berater repräsentiert. Melisandre steht für die Ethik
"Der Zweck heiligt die Mittel". Davos steht für die Ethik
"Was ist ein Kind gegenüber ein Königreich. Alles". Stannis repräsentiert die Pflicht, welche zwischen diesen ethischen Grundsätzen schwankt. Die Berater sind geschickt gewählt.
Davos repräsentiert Kants Ethik, die
Deontologische Ethik. Wir kennen diese auch als Menschenwürde. Man darf kein Flugzeug voller Terroristen abschießen, wenn sich am Bord Zivilisten befinden, weil der Staat auch gegenüber Zivilisten eine Schutzpflicht hat.
Melisandre repräsentiert Bentham/Mills Ethik. Den
Konsequentialismus oder auch bekannt als den Utilitarismus. Muss man die Zivilisten im Flugzeug nicht für die Menschheit opfern? Was sind Zivilisten im Flugzeug gegenüber ein Olympiastadion?
Es macht keinen Sinn wie in der Serie, dass Stannis wegen dem Winter gleich seine Tochter opfert, weil er bei Storm's End exakt das Gleiche erlebt und sogar schon Ratten gefressen hat. In den Büchern wäre er dazu nicht mal der Lage, weil sich Stannis Tochter noch bei der Nachtwache befindet und nicht bei ihm ist.
Aber was wäre wenn das Schicksal der Welt davon abhinge ob er seine Tochter opfert oder nicht? Wenn es nicht mehr um den Thron geht, sondern um die Existenz der Menschheit? Die Herrenmoral beugt die Einzelschicksale dem absoluten Ganzen. Die Sklavenmoral orientiert sich nach diesem Einzelschicksal und würde für dieses Opfer den gesamten Rest opfern, man braucht diesem Einzelschicksal nur drei fliegende Atombomben geben.
Der heutige Rechtsstaat orientiert sich nach der Herrenmoral, studierte Richter urteilen über Straftaten und nicht das Opfer und sein Empfinden. Sowohl Stannis als auch Dany verbrennen Menschen lebendig. Stannis verbrennt verurteilte Verbrecher, weil diese ihre Pflichten an das Reich verletzten, Dany verbrennt jeden Menschen, wenn sie sich dem Guten - also ihr - nicht beugen.
Nietzsche hält die Herrenmoral für der Sklavenmoral prinzipiell übergeordnet. Während diese die überschäumende Aktivität als Ideal kultiviere, resultiere jene in letzter Konsequenz in einem „Rückgang der Menschheit“ (GM S.276). Nur die Herrenmoral kann aus der natürlich-authentischen Selbstbejahung ihrer Träger heraus Objektivität beanspruchen.