Goodgame Studios schmeißt Schwerbehinderten raus
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Glaubt man zahlreichen aktuellen und ehemaligen Goodgame-Mitarbeitern, hat der Erfolg eine hässliche Kehrseite. In ihren Schilderungen ähnelt die Führungskultur bei Goodgame der in den mittelalterlichen Königreichen, die die Firma so erfolgreich machten:
Mitarbeiter werden mies bezahlt, mögliche Kritiker werden rabiat entfernt, die Gründung eines Betriebsrates behindert.
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28 Leute aus Goodgames 1200-Leute-Belegschaft, an einem einzigen Tag. "1280 und ein paar Zerquetschte", sagt einer der Entlassenen. "Die Zerquetschten sind wir."
Die Szenen, die die Goodgame-Mitarbeiter vom Tag der Massenentlassung schildern, kennt man sonst nur aus Hollywood-Filmen über die rauen Methoden an der Wall Street:
Manche hätten morgens an ihrem gesperrten Computer-Passwort gemerkt, dass etwas nicht stimmt und seien dann in einem Konferenzraum gebeten worden.
Nach einem sehr kurzen Entlassungsgespräch ohne Angabe von Gründen mussten sie unter Aufsicht ihren Schreibtisch leer räumen. Einige direkte Vorgesetzte hätten sich nach dem Rauswurf bei ihnen entschuldigt: "Die Entscheidung kam von ganz oben", habe einer gesagt. Vor dem Betriebsgelände hätten die anderen Gefeuerten schon gewartet.
Man kannte sich: Die meisten von ihnen hatten sich für einen Betriebsrat bei Goodgame eingesetzt. Im Mai hatten sie zum ersten Mal der Gewerkschaft Verdi geschrieben, um sich über das Procedere zu informieren.
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GGS erklärt, man habe von den Diskussionen über einen Betriebsrat erst nach dem 25. November erfahren. Wenn die Beschäftigten einen Betriebsrat wünschten, stehe man dem "selbstverständlich nicht im Wege". A
ls Grund für die Kündigungen nennt die Firma betriebliche Gründe, "unter Berücksichtigung von Leistungs- und Verhaltensdefiziten bei einzelnen Mitarbeitern".
Dieser Vorwurf macht die Gekündigten fassungslos. "Das ist eine kleine Branche, so etwas spricht sich rum", sagt eine. Außerdem sei der Grund vorgeschoben:
Jeder der Entlassenen habe mindestens ein Jahr für Goodgame gearbeitet, viele haben bento gute und hervorragende Bewertungen ihres Arbeitgebers vorgelegt, teils wenige Monate alt.
Goodgame feuerte offenbar ohne Rücksicht auf Verluste:
Einer der Entlassenen ist schwerbehindert mit dem höchstmöglichen Grad der Behinderung, heißt es von Verdi. In solchen Fällen muss das Unternehmen laut Gesetz alle Möglichkeiten prüfen, den Angestellten innerhalb des Unternehmens weiterzubeschäftigen.
Obwohl GGS weiterhin Stellen in seinem Bereich ausschreibt, trotz einer hervorragenden Bewertung in der jüngeren Vergangenheit wurde er sofort gekündigt. Auch in seinem Kündigungsschreiben nennt GGS keine Gründe.
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Selbst mit Hochschulabschluss verdienen viele Goodgamer gerade um die 2000 Euro brutto. Der Anfang 2014 eingeführte Mindestlohn brachte manchen Goodgamern spürbar mehr Geld.
Darüber reden sollen sie lieber nicht: Arbeitsverträge enthalten eine Verschwiegenheitsklausel, die es Angestellten verbietet, selbst mit ihren Kollegen über ihr Gehalt zu sprechen. Das Unternehmen bezeichnet das als "übliche Vertraulichkeitsregelung", arbeitsrechtlich ist eine solche Klausel fast immer unwirksam. Viele junge, unerfahrene Goodgamer hielten sich trotzdem daran, heißt es.
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Hinter den Kulissen wird anscheinend weiter mit harten Bandagen gekämpft: Eine Einladung von Verdi zu einer Betriebsversammlung, bei der die Wahl eines Betriebsrates vorbereitet werden könnte, leitete die Firma nicht an ihre Angestellten weiter, weil die Einladung nicht auf Englisch vorliege.
Verdi sieht das als "Verzögerungstaktik". Die Versammlung wird nun voraussichtlich erst im kommenden Jahr abgehalten - dann ohne die kürzlich Gekündigten, deren Verträge zum 31. Dezember auslaufen.
http://www.bento.de/politik/goodgam...beiter-wg-betriebsrat-entlassen-haben-195217/