Also bei manchen Postings muss ich hier schon enorm schlucken. Wir sind Teil einer Generation, die nicht mehr um jeden Preis Karriere machen will. Das liest man landauf landab. Das schließt überhaupt nicht aus, dass man wirklich für etwas brennt und dann auch viel Herzensblut irgendwo hinein investiert. Das tue ich zum Beispiel auch, indem ich neben dem Job promoviere (müsste ich nicht, will ich aber). Dazu gehören sicherlich auch mal Überstunden, gerade vor dem Launch eines Games. Aber: Alles, was über Spitzenzeiten hinausgeht, mehrere Wochen oder gar Monate anhält, ist schlicht gesundheitsschädlich und moralisch verwerflich. Gerade Rockstar hat wie viel GTA5-Kopien verkauft, 70 Millionen? Man könnte auch einfach mehr Leute einstellen, anstatt den Gewinn/Profit noch mehr zu maximieren. Das Argument kann auch schlicht niemand entkräften.
Leider hat man kein klares Bild von der tatsächlichen Situation in der Firma. Die offizielle Antwort/Klarstellung war Schadensbegrenzung, nichts weiter, so wie es immer bei Klarstellungen ist. Die, die noch da sind, sind es meist auf Projektbasis und wollen ja schließlich auch weiter nach dem großem Spiel irgendwo arbeiten und werden wohl kaum jetzt groß auf Twitter einsteigen. Das ist ganz logisch. Dazu kommt, wie bereits erwähnt, dass es kaum starke Gewerkschaften in den USA gibt, ebenso wenig. Natürlich gibt es auch quasi keinen investigativen Videospiele-Journalismus, der so etwas aufdecken könnte. Nachwuchs gibt es immer. Die Publisher haben es also wirklich leicht.
Es geht übrigens auch anders, auf ERA gibts einen
Thread mit Entwicklern, die eine vorbildliche Unternehmenskultur haben und dafür ausgezeichnet worden sind. Dazu gehören unter anderem Imsomniac (Spiderman, Sunset Overdrive) oder die Amplitude Studios (Endless Space 2). Scheinbar ebenfalls Monolith Soft und Nintendo aus Japan, erstaunlicherweise. Diese Firmen sollte man unterstützen.
Nun bleibt die Frage, wie man sich richtig verhält. Konsequenterweise müsste man RDR2 nicht kaufen. Viele werden es trotzdem tun, sobald das Spiel da ist, interessiert das Thema hier keinen mehr. Leider. Dabei wäre es wirklich wichtig. Ein guter Freund arbeitet bei einer deutschen Spielefirma und ich habe kürzlich an seinem Einzug quasi nur die gleichen Themen seiner KollegInnen gehört: Miese Bezahlung, viele Überstunden, Befristung, quasi nur junge Mitarbeiter, viele gehen schnell wieder; dafür coole Leute, brennende Leidenschaft usw. Ein Einzelfall ist das sicher nicht.
Deswegen sehe ich übrigens auch die aktuellen Forderungen nach der Änderung des Arbeitsrechts kritisch, Stichwort Wochenarbeitszeit statt Tageshöchstdauer und Ruhezeiten. Natürlich haben wir auch schon Arbeitszeitgesetze verletzt in Ausnahmefällen (bei der Konferenzorganisation und -durchführung z.B.), aber wenn das wirklich so reformiert wird, sehe ich da so viel mehr Spielraum für Ausbeutung -- es kommt natürlich immer auf die Firmenkultur selbst an. Und das sind letztlich Menschen, die so gut und schlecht die Unternehmen leiten, wie sie eben sind.