Ach, dass es viel unsinnige Kritik gibt ist schon richtig. Aber man sollte Navalny nun auch nicht zu sehr glorifizieren. Er war ein bedeutender Widerstandskämpfer und hat ziemlich klar gezeigt, wie tyrannisch Putin sein Land regiert.
... gleichzeitig hat man bei ihm gerade im Westen auch über vieles hinweggesehen. Denn mit seinen politischen Affiliationen und seinen Positionen in Bezug auf bspw. Migration und den russischen Imperialismus wäre er als russischer Präsident für den Westen kein angenehmer Zeitgenosse gewesen.
Übrigens auch ein Grund, warum der Tod in Russland wohl nun keine riesigen Wellen schlagen dürfte. Denn afaik war er auch unter den Oppositionellen in Russland nicht gerade der Held, als den er im Westen gefeiert wird.
Das halte ich einerseits aus rein subjektiven Gründen und andererseits aufgrund meiner persönlichen Informationen und Beschäftigung mit dem Thema für eine zwar ehrenwert gedrängt-faire Betrachtung aber insgesamt unterkomplex, bzgl. eher der gewünschten Betrachtungsweise der Petersburger entsprechend.
1) Rein gemessen daran, aus welchen Gründen man Leute glorifizeren sollte, ist, seit der Antike, gerade surreal anmutende Heldenhaftigkeit und Todesmut ganz vorne mit dabei. Nur um dem System zu zeigen, dass man es nicht fürchtet, selbst in den Tod zu gehen, macht unsterblich und ist ohne jeglichen Zweifels bemerkenswert.
2) Vgl. mit der Surrealität von Putin ist ein rationaler Nationalist, der seine eigenen Bürger wertschätzt und sie nicht sinnlos in den Tod schickt, natürlich ein absurder Vorteil. Und in einer Zeit, in der bejubelt wird überall, dass rechtspopulistische Parteien überall das Meinungsspektrum erweitern bzw. "unangenehme" Wahrheiten auszusprechen, gerade den einen Nationalisten zu problematisieren, der sich gegen den Schutzheiligen und Finanzierer der anderen antieuropäischen stellt, nur weil er 2007 mal "politisch Inkorrektes" zu sagen, erscheint mir eher nach woker Cancel Cultur.
3) Du unterschätzt in meinen Augen erheblich, wieso Navalny Putin so ein Dorn im Auge war - der war nicht einfach nur ein Schönwetter-Oppositioneller, der was von Demokratie und Werten in seinen intellektuellen Lesezirkel gelabert hat, sondern ein intelligenter, mit modernen Medien erfahrener, Kommunikator, der Putin mit einem in Russland viral gehenden Film vor Dutzenden Millionen bloßgestellt hat -->
https://de.wikipedia.org/wiki/Ein_Palast_für_Putin Es gibt keine echte "Opposition" in Russland aber er war einer diejenigen, die in einer echten Wahl für viele, politisch ganz verschiedene, Leute, die das System im Stillen ablehnen, eine logische Wahl gewesen wäre.
Ansonsten, falls es interessiert:
The drop in Alexei Navalny's 'recognisability' over the course of the last year, from 86% to 77%, appears to be yet another paradox in wartime opinion polling. Recognition of Navalny has fallen the most among younger respondents. At the same time, 90% of respondents were also aware that Navalny...
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