Die Klimaaktivistin Luisa Neubauer wirft dem CDU-Bundestagskandidaten und früheren Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen vor, antisemitische Inhalte zu verbreiten. Stimmt das?
Ja, wir vom Zentrum für Antisemitismusforschung sehen das so. Antisemitismus äußert sich ja heute selten noch direkt.
Selbst überzeugte Antisemiten benutzen heute regelmäßig Codewörter wie Neue Weltordnung, Globalisten, Great Reset und ähnliches. Dahinter stecken komplizierte Vorstellungen. Mit dieser codierten Sprache des Antisemitismus beschäftigen wir uns in einem großen Projekt Coding Antisemitism. Wir können nachweisen, dass solche Texte gerade in den sozialen Medien, obwohl sie ohne direkten Bezug auf Juden auskommen, durchaus antisemitisch verstanden werden. Da sagt niemand direkt was gegen Juden, sondern es wird angedeutet. Und Herr Maaßen spielt eben auch dieses Spiel.
Wie bewusst spielt er es?
Der Herr raunt gerne. Er raunt von großen Gefahren und bösen Mächten, die unser System und unsere Lebensweise oder unsere Demokratie gefährden. Er nutzt dafür diese Begriffe wie
Globalisten und Leninisten, Great Reset. Er suggeriert damit eine Vorstellung, dass da etwas Bösartiges abläuft, was uns bedroht. Als ehemaliger Verfassungsschutzpräsident kennt er das Milieu, auf das er da zielt, und dessen Vokabeln er benutzt, ganz genau. Er weiß, wo er da unterwegs ist. Der Verfassungsschutz hat in einem Lagebericht zum Antisemitismus 2020 übrigens auch Begriffe wie Globalisten und Medien wie das Compact-Magazin, dem Maaßen ein Interview gegeben hat, klar als antisemitisch beziehungsweise als Verdachtsfall aufgeführt.