Aus einem bisher unbekannten Briefwechsel geht hervor, dass Joseph Ratzinger als Chef der Glaubenskongregation spätestens 1986 von den Missbrauchstaten von Peter H. wusste. Trotzdem war der Priester weiter in der Seelsorge eingesetzt worden.
Als Chef der Glaubenskongregation lagen dem damaligen Kardinal Joseph Ratzinger und späteren Papst Benedikt XVI. bereits 1986 Informationen über die
Sexualstraftaten des Priesters Peter H. an Kindern vor, wie Recherchen von CORRECTIV und dem BR zeigen. Das geht aus einem bisher unbekannten Dokument des Vatikan hervor, das CORRECTIV und der Bayerische Rundfunk einsehen konnten. Der ehemalige Papst stritt immer ab, Priester H. gekannt zu haben.
Briefwechsel bestätigt: Ratzinger wusste von sexuellem Missbrauch
Aus einem Briefwechsel aus dem Jahr 1986 geht hervor, dass dem damaligen Kardinal Joseph Ratzinger Informationen über den sexuellen Missbrauch des ehemaligen Priesters H. vorlagen. Damals hatte der stellvertretende Generalvikar des Erzbistums München und Freising, Bernhard Egger, in einem Brief im August 1986 an den Vatikan um Erlaubnis für den damaligen Priester H. gebeten, dass dieser wegen "absoluter Alkoholunverträglichkeit" die Messfeiern mit Traubensaft statt mit Wein feiern dürfe.
Kurz zuvor war H. wegen mehrfachen Kindesmissbrauchs vor dem Amtsgericht Ebersberg zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Das Erzbistum München und Freising sagte auf Anfrage von CORRECTIV und BR, das Schreiben aus dem Erzbistum München erwähne auch die Sexualstraftaten an Kindern, "die in alkoholisiertem Zustand begangen wurden."
Pfarrer wurde trotz Missbrauchs in Seelsorge eingesetzt
Damit ist belegt, dass Ratzinger Informationen über den mehrfachen sexuellen Missbrauch des verurteilten Täters H. vorlagen, der damals weiterhin in der Gemeindeseelsorge eingesetzt werden sollte. Die Erlaubnis Ratzingers auf die Bitte des Erzbistums erging schriftlich und ist von Ratzinger, der damals Chef der Glaubenskongregation im Vatikan war, persönlich unterschrieben worden.