Ich bin in die Unterhaltung eingestiegen, als es um Digitalisierung im Allgemeinen ging und dazu habe ich mein Statement gegeben, oder besser gesagt, musste ein kurzes Statement dazu geben, weil ich diese Phrase schon aus meiner Consulting-Zeit nicht mehr hören kann und auch heute noch mitbekomme, mit wie wenig Inhalt dieses Wort in Wirtschaft und Politik verwendet wird.
Was die Distribution von müssen wir glaube nicht darüber sprechen, dass dies heute schlicht Standard ist und man kaum darüber sprechen muss, dass praktisch alle Produkte über das Internet vertrieben werden, natürlich auch haptische Produkte. Das ist aber ziemlich unabhängig davon, ob es nun new oder "old economy" ist, digitales und haptisches bedingen sich zum großen Teil. Ohne die iPods, iPhones und iPads hätte Apple nicht seine Brand für den Marktplatz. Ich finde es da viel interessanter was es in Zukunft an Neuentwicklungen an Produkten gibt und nicht den generischen Umstand, dass es über das Internet verkauft wird.
Nein, ich meine damit nicht nur Agenturen, welche Backlinks verkaufen, sondern das was das Standardprofil von Online Marketing Positionen in der Wirtschaft ist und das sind nicht die 100.000€ Stellen. Ich glaube hier eher, du hast durch deine eigene Tätigkeit einen sehr spezialisierten Blick drauf, der meines Erachtens zu stark vom Geschäftsmodell eines Webshops beeinflusst ist.
Ich ich muss auch dem Widersprechen, dass es essentiell für jedes Unternehmen ist. Wir sind ein SAAS Unternehmen und Conversion- oder Bouce Rate sind für den Erfolg irrelevante Faktoren, schlicht weil das kein Produkt ist, bei dem die Kundschaft in der Regel mal schnell eine Google Suche anwirft und das Produkt im Webshop kaufen und nutzen kann. Das würde auch nicht für mein Vorgängerunternehmen gelten oder meinen Werkstudentenstellen.
Ich würde auch keinen Entwickler bei uns einstellen ,der als Vorgängerposition Online-Marketing inne hatte. Schlicht weil sie selten ein richtiges Verständnis dafür aufbringen, welche Anforderungen es hat ein große Enterprise-Software zu bauen. Da sind wird wieder bei der Spezialisierung und weil du Programmierung genannt hast.
Das heißt nicht, dass Online Marketing nirgends oder selten relevant ist oder es keine guten Leute in den Bereichen gibt, nur um das vorweg zu nehmen. Kommt halt schlicht auf das Produkt und das Geschäftsmodell an, also nimmt es nicht zu persönlich.
ich kann zu einem gewissen grad nachvollziehen was du meinst und weshalb du von der floskel digitalisierung genervt bist, aber ich glaube du hast immer noch nicht ganz verstanden worum es mir genau ging.
es ist eben nicht so dass heutzutage "alles" über das internet verkauft wird und somit alle marken und produkte gleichermaßen davon profitieren und als sei das selbstverständlich. 95-99% der firmen haben extremen nachholbedarf was online angeht. es macht einen unterschied ob ich ein amazon oder walmart oder saturn/media markt bin. obwohl letztere beiden läden ebenfalls online angebote haben liegen hier welten dazwischen. amazon hat sich auf perfektion im online handel spezialisiert während die anderen beiden weiter stätionär verkaufen verschwendet amazon z.b. keine kohle für irgendwelche verkaufsläden sondern liefert nur nach hause. bei amazon wird jeder button, jeder pixel, jede userinteraktion bis ins kleinste detail getestet, konfiguriert und angepasst. da kann jeder andere halbherzige online shop nicht mithalten. "online" ist nicht gleich online, digital ist nicht gleich physisch. da liegen welten dazwischen. unternehmen die aus der "old economy" kommen, werden, selbst wenn sie online verkaufen sollten, weder einen annähernd gleich guten online auftritt haben noch von käufern gezielt über das internet gesucht. sie sind auch nicht dafür prädestiniert im internet gehypt zu werden oder die markenbekanntheit zu steigern.
einfaches beispiel: eine colgate zahncreme wird sicher auch mal online irgendwo gekauft. das ist aber ein produkt das du eher im stationären handel kaufst. das ist weder ein produkt mit dem ich online hype erzeugen oder die marke pushen kann noch etwas das für den online verkauf gedacht ist. ein utilitaristisches commodity produkt eben. eine grafikkarte von nvidia oder amd hingegen erzeugt hype im netz, wird überall gereviewt, in spieleforen besprochen, auf youtube angepriesen und wird typischerweise eher online gekauft. diese form der markenverbreitung gibt es im tech sektor sehr stark aber bei klassischen "old economy" produkten eher nicht, selbst wenn sie online verkauft werden sollten. du kannst das mit viralem content vergleichen. warum gehen manche youtube videos viral und andere wiederum nicht? es ist eine kunst produkte online zu vermarkten und manche sind dafür eben überhaupt nicht geeignet.
es macht auch einen riesigen unterschied ob ich ein produkt einmal herstelle (stichwort evergreen content) und davon jahrzehnte profitiere, vor allem wenn dieser zeitlos ist, und ich "recurring revenues" davon habe, oder ob ich immer wieder ressourcen in form von arbeitskraft, rohstoffen, zeit, geld usw. reinstecke. es macht einen großen unterschied ob ich stationäre ladengeschäfte, lagerhallen und co betreiben muss, tausende mitarbeiter beschäftigen muss, hohe gehälter für diese mitarbeiter abdrücken muss, hohe mieten oder käufe für gebäude habe, kostspielige retouren, verpackungsmaterial etc. pp. ich habe ein paar affiliate projekte die ich vor fast 10 jahren aufgesetzt habe, die mir heute ohne mein dazutun immer noch geld einspielen. das prinzip des passiven einkommens sollte doch gerade aktieninteressierten ein begriff sein. genau so funktioniert ein business mit einem digitalen produkt, vollautomatisiert, und insbesondere wenn du ein abomodell hast spült es dir berechenbare, konstante und wiederkehrende einnahmen rein, selbst wenn du nicht großartig was an der contentauswahl schraubst. 12 monate sind sowieso im voraus bezahlt und bei nem relativ geringen preis hast du immer genug leute die zu faul sind zu kündigen, es vergessen oder denen es das bisschen geld wert ist. ein besseres geschäftsmodell gibt es nicht. du tauschst nicht nur zeit gegen geld oder arbeitskraft einmalig gegen ein produkt und das gegen geld, sondern du profitierst über jahrzehnte von ein und demselben produkt, das einmal erstellt wurde und aber immer wieder umsätze generiert. und klar musst du auch mal neuen content nachschieben, damit es nicht langweilig wird und dir die user nicht in scharen davonlaufen, dieser ist aber proportional zu steigenden userzahlen und umsatz sehr gering. so entsteht im laufe der zeit eine immer höhere marge, während die investitionen relativ gleich bleiben.
genau das war mein springender punkt. je weniger balast du hast in form all dieser dinge, desto niedriger sind deine kosten, desto höher sind deine margen, desto einfacher und schneller kannst du ein produkt (insbesondere weltweit) skalieren. dein starbucks beispiel oder auch dominos pizza z.b. haben uns ja gezeigt, dass du einfach nur ein funktionierendes konzept brauchst das du dann überall auf der welt skalieren kannst. etwas das universell in jedem land gleichermaßen funktioniert. genau das macht ja z.b. curi auch, nur mit dem unterschied, dass man eben keine wiederkehrenden kosten für ein und dieselben produkte hat. jedes contentpiece das erstellt wird wirft im idealfall bis in alle ewigkeit einen gewissen nutzen oder mehrwert ab und trägt damit zu den steigenden userzahlen und einnahmen bei. und je größer das angebot wird desto attraktiver ist es für bestehende und neue kunden. es gibt hier einen kumulativen effekt, den es bei verbrauchsgütern nicht gibt. es gibt keine wiederkehrenden kosten für ein und dasselbe produkt. es gibt keine kosten für lagerhallen, ladengeschäfte, verkäufer, verpackung, retouren usw. du hältst das business schlank und die marge hoch. nicht ohne grund lag die bruttomarge meistens über 60% obwohl das unternehmen noch im aufbau ist und hier noch gar nix optimiert werden konnte, weder die kosten noch wurde der sehr niedrige verkaufspreis bisher nach oben angepasst.
wie bereits gesagt, die einzigen zwei wirklichen kostenträger sind bei einem streaminganbieter content und marketing. letzteres hat jede andere firma auch. ein digitales produkt in videoform verbreitet sich aber über das internet super einfach, vor allem wenn die einstiegshürde gering ist und der content kostenlos mit ads oder über einen geringen abopreis verfügbar ist. schau doch mal wie niedrig die margen bei vielen unternehmen sind die im klassischen bereich unterwegs sind. bruttomargen von 60-90% findest du fast immer nur bei digitalen produkten wie games downloads, streaming etc. mit ausnahmen wie starbucks oder coca cola versteht sich, weil die halt einfach mal ein bisschen wasser, kaffeepulver und kaffeesirup für 5-15 euro verkaufen oder zuckerwasser für eurobeträge. da geht es aber eigentlich auch nur ums prestige und die marke und darum zu zeigen dass man es sich leisten kann, wie beim iphone den meisten halt auch.
dass ein b2b produkt bei einer google suche eher weniger sinn ergibt ist klar. es gibt halt nach wie vor noch ausnahmen (insbesondere sehr teuere und individuelle business to business produkte) wo man den persönlichen kontakt und eine individuelle konfiguration braucht und die man nicht mal eben in den warenkorb legt, ok, geschenkt. da gebe ich dir natürlich recht. aber das ist halt wirklich nur ein kleiner teilbereich. wieviele b2b produkte gibt es denn verglichen mit b2c? ich denke es ist klar geworden was ich meinte. aber selbst diese unternehmen profitieren von brandbuilding über das internet.