"Verschweigen von Worst Case keine Option"
Dabei gehen die Autoren des Innenministerium-Papiers von deutlich höheren Todesraten und Schwerkranken aus als das RKI. Während das Institut zum Beispiel annimmt, dass in Deutschland 0,56 Prozent der Infizierten am Coronavirus sterben werden, rechnet das Innenministerium mit 1,2 Prozent. Entsprechend ernster sind daher die Szenarien, die das Papier durchspielt.
Als Teil einer Kampagne wollen die Autoren alle Deutschen auf das gemeinsame Ziel einschwören, ein Worst-Case-Szenario zu vermeiden, in dem sich die Krankheit monatelang unkontrolliert ausbreiten würde, mit vielen Toten sowie massiven Folgen für die Wirtschaft und die Gesellschaft. "Um die gesellschaftlichen Durchhaltekräfte zu mobilisieren, ist das Verschweigen des Worst Case keine Option", heißt es.
Es ist bei Planspielen dieser Art üblich, dass Experten das schlimmste Szenario durchspielen: In diesem Fall gehen die Fachleute davon aus, dass bei einer ungebremsten Verbreitung des Virus, also bei einem Szenario ohne Abstandsregeln, ohne Schulschließungen, ohne Homeoffice und ohne Reisebeschränkungen bereits im Mai 80 Prozent der Patienten, die eigentlich auf die Intensivstation müssten, von den Krankenhäusern abgewiesen würden.
Nach dem Hammer kommt der Tanz
Das positivste Szenario dagegen, das die Autoren aus dem Innenministerium anstreben, trägt den Namen "Hammer and Dance". Es bedeutet, dass das Virus zunächst mit Ausgangsbeschränkungen und Schulschließungen eingedämmt wird und die Fallzahlen binnen sechs Wochen deutlich zurückgehen. Nach dieser Phase des Holzhammers, also etwa zum Ende der Osterferien, könnte dann die "Dance"- oder Tanzphase beginnen: Kindergärten und Schulen würden wieder öffnen, die Infektion würde dann durch intensives Testen, Nachverfolgung von Kontakten und Isolation kontrolliert. Das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben kehre dann "weitgehend zurück zur Normalität", heißt es in dem Papier. Bei diesem Szenario ließe sich der Einbruch des Bruttoinlandsprodukts auf etwa vier Prozent begrenzen, dies sei der wirtschaftliche "Best Case".
Ohne das umfangreiche Testprogramm aber könne es zu Szenarien kommen, bei denen die Krise in Wellen immer wiederkehre, oder bei denen ein schnelles Eindämmen misslinge und Ausgangsbeschränkungen über Monate notwendig seien.