Ist es ja nicht. Gerade das ist der Vorteil einer Entscheidung nach der Überlebenswahrscheinlichkeit. Sie impliziert keine unterschiedliche Wertigkeit der Schwerkrankten. Es ist bei einer Triage einfach die beste Strategie um die Wahrscheinlichkeit zu minimieren, dass beide Patienten sterben.
Wäre der Impfstatus der einzig bedeutsame Prognosefaktor für das Überleben, dann ja. In der Realität ist das selbstverständlich anders. Dort sind das stets Einzelfallentscheidungen basierend auf der fachärztlichen Einschätzung der physischen Gesamtkonstitution der Pat.. Ob der Impfstatus in diesem Stadium der Erkrankung überhaupt noch eine ausschlaggebende Rolle für den weiteren Verlauf spielt, wage ich zu bezweifeln. Falls doch, müsste man ihn natürlich ebenso einbeziehen wie alle anderen relevanten Faktoren, was Deine Moral jedoch keinen Deut besser machen würde.
Wir entfernen uns immer mehr von meiner ursprünglichen Aussage, aber wie auch immer: natürlich hast du eine Wertigkeit. Du nimmst bestimmte - ungesicherte - Umstände und stellst eine Prognose auf. Weder eine Person mit schweren Vorerkrankungen, noch eine Person können sich ihre Situation aussuchen, werden aber basierend auf diesen Vorerkrankungen kategorisiert. Während sich der Zustand von Person A drastisch verbessern kannst, kann sich der Zustand von Person B plötzlich verschlechtern. Die Prognose gewichtet automatisch eine Person höher als eine andere. Du müsstest nun also erklären, warum das legitim ist - trotz des Risikos, eine falsche Entscheidung zu treffen. Und deine zirkulare Logik, dass es moralisch richtig ist, weil wir es für moralisch richtig halten ist hier nicht angebracht.
Wir können das Beispiel sogar noch ein Stück weiter drehen und weiter ins Detail gehen, um so endlich wieder direkt zu meiner Aussage zu kommen: Wir haben vier Menschen aber nur einen Platz auf der Intensivstation. Eine Person stirbt mit Sicherheit, auch wenn sie behandelt wird. Sie ist geimpft. Eine zweite Person stirbt ebenfalls mit Sicherheit. Sie ist ungeimpft. Eine Person ist jung, fit und eigentlich gesund. Ohne Behandlung stirbt sie wahrscheinlich, mit Behandlung überlebt sie wahrscheinlich. Sie ist geimpft. Die letzte Person ist jung, fit und eigentlich gesund. Ohne Behandlung stirbt sie wahrscheinlich, mit Behandlung überlebt sie wahrscheinlich. Sie ist ungeimpft. Nach meiner Moralvorstellung ist die Entscheidung in dieser Situation völlig klar. Nach deiner ist der Arzt in dieser Situation vor die schwierige Entscheidung gestellt, über Leben und Tod zu entscheiden.
Bevor Du weiter schreibst: Lerne erstmal zu differenzieren zwischen sexueller Präferenz, die grundsätzlich nicht durch die Betroffenen beeinflussbar ist, und sexuellen Handlungen, die das sehr wohl sind.
Sexuelle Handlungen sind selbstverständlich beeinflussbar und die Menschen leben aufgrund des Selbstverschuldens auch mit den direkten Konsequenzen der Handlungen. Du bringst hier aber Konsequenzen in die Gleichung, die nicht direkt mit der Handlung verknüpft sind. Darum passt der Vergleich mit den Impfskeptikern nicht. Ich habe in diesem Thread bereits mehrfach das Vorgehen kritisiert, dass man Dinge miteinander verknüpft, die nicht nachvollziehbar verknüpft werden können. Wer bspw. eine Krankheit in Kauf nimmt und an dieser Krankheit erkrankt, sollte mit den Konsequenzen der Krankheit leben müssen. Wir haben hier also eine klare Verbindung zwischen Aktion und Konsequenz. Genau die gleiche Situation haben wir bei sexuellen Handlungen. Wer sexuell aktiv ist, muss mit den Konsequenzen dieser sexuellen Handlung leben. Wer Sex hat, nimmt das Risiko in Kauf, Vater/Mutter zu werden und sollte darum die Konsequenzen, ein Kind etwa 18 Jahre durchzufüttern, leben müssen. Die Steinigung als Konsequenz der sexuellen Aktivität ist eine etwas seltsame Analogie, weil die Verbindung zwischen Tat und Konsequenz fehlt.
Grundsätzlich gilt: Verantwortlich für das eigene Handeln ist eine Person grundsätzlich immer dann, wenn ihr die Handlung zugerechnet werden kann. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn das Handeln nicht außergewöhnlichen äußeren oder inneren Zwängen unterliegt, d.h. wenn noch ausreichend Raum für Entscheidungsfreiheit bleibt, so dass die Handlung als steuerbar gilt.
Für eigenmotivierte sexuelle Handlungen wird allerdings nicht nur im Iran, sondern auch in unserem Rechtsstaat grundsätzlich sehr hohe Steuerbarkeit und damit Eigenverantwortlichkeit unterstellt. Dies ist auch der Grund warum sich kein Sexualstraftäter aufgrund seiner sexuellen Präferenz vor Gericht auf fehlende Entscheidungsfreiheit und damit Unzurechenbarkeit berufen kann. Er ist voll veranwortlich für seine sexuellen Handlungen und nicht einmal ansatzweise vermindert schuldfähig. Die Vermutung hoher Steuerbarkeit führt sogar soweit, dass bei Vorliegen bestimmter sexueller Präferenzen (zb der Pädophilie) von den Betroffenen unter Strafandrohung eine lebenslange Handlungsabstinenz eingefordert und dies auch als zumutbar betrachtet wird. Es spielt auch keine Rolle, dass Du nur konsensuelle sexuelle Handlungen im Sinne hattest. Denn es wird nicht ersichtlich, weshalb diese weniger frei sein sollten als sexuelle Handlungen gegen den Willen anderer und damit weniger in der Eigenverantwortlichkeit des Handelnden liegen sollten als Letztere.
Und hier weichst du zu Straftaten aus, weil dein grundsätzliches Beispiel wie oben erläutert, nicht funktioniert. Die Straftaten sind eine völlig andere Situation, weil durch die nicht konsensuelle sexuelle Handlung jemand zu Schaden kommt. Du vermischst hier also seltsame Aspekte des Strafrechts, um irgendwie eine absurde Analogie zu finden. Wie bereits angemerkt, ist deine Behauptung vergleichbar mit einem Verbot zu essen. Natürlich könntest du deinen Hunger unterdrücken und mit Infusionen Nahrung zu dir nehmen. Ist es deshalb eine legitime Forderung, traditionelle Nahrungsaufnahme zu verbieten? Selbstverständlich nicht. Gleichzeitig gibt es keinen Grund, warum du bestimmte Formen der Nahrungsaufnahme innerhalb dieser Schranken nicht verbieten kannst. Beispielsweise verbieten wir auch den Kannibalismus.