Dass Regisseure von Filmen gefeuert und ersetzt werden, kommt recht häufig vor. Dass ein Regisseur 30 Jahre später wiederkommen darf, um seine Idee doch noch zu vollenden, so wie sie ursprünglich von ihm gedacht war, eher weniger. Die Rede ist von Richard Donner, der 1978
Superman zu seinem großen Erfolg brachte und nun, unterstützt durch Autor Tom Mankiewicz und Cutter Michael Thau, endlich seine Vision mit Superman II: The Richard Donner Cut abschließen kann.
Der Film beginnt mit einem Rückblick: Im ersten Teil der Reihe beförderte Superman (Christopher Reeve) eine Atomrakete in den Weltraum und rettete damit die gesamte Westküste der Vereinigten Staaten von Amerika. Was er nicht weiß: Weit draußen im All zerstört die Nuklearexplosion die Phantomzone, das ewige Gefängnis, in dem sich die drei außerirdischen Schwerverbrecher General Zod (Terence Stamp), Ursa (Sarah Douglas) und Non (Jack O'Halloran) befinden. Endlich aus ihrer Starre befreit, machen sie sich auf dem Weg zur Erde, um dort die Herrschaft an sich zu reißen. In der Zwischenzeit bricht Lex Luthor (Gene Hackman) mit Hilfe seiner Assistentin Mrs. Teschmacher (Valerie Perrine) aus der Strafvollzugsanstalt aus, in die Superman ihn verfrachtet hat. Mit einer neuen Erfindung will Luthor das Geheimnis des Mannes aus Stahl, das im hohen Norden liegt, ergründen. Während Superman genau dort, in seiner Festung der Einsamkeit, seine Kräfte für die Frau, die er liebt, aufgibt, übernehmen Zod und seine Komplizen bereits das Weiße Haus. Als unser Held von den Entwicklungen erfährt, ist es bereits zu spät: Kal-El wurde endgültig zu Clark Kent. Er hat seine Kräfte für Lois (Margot Kidder) aufgegeben und kann als Sterblicher nichts gegen die Superverbrecher, die sich mit Lex Luthor verbündet haben, ausrichten ...
Es ist nicht verwunderlich, dass Alexander und Ilya Salkind, die in den 60er Jahren die Rechte für einen Comiccharacter erwarben, gerne eine leichte Verfilmung des Stoffes gehabt hätten. Schließlich kannten sie Adam West in
Batman hält die Welt in Atem
Batman: The Movie
Comic-Persiflage, USA 1966
Neil Hamilton, Frank Gorshin, Alan ...
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und glaubten fest an den Erfolg einer ähnlichen Slapstick-Satire. Sie setzten alles daran, das von
Der Pate-Drehbuchautor Mario Puzo verfasste, weitschweifende Skript in ebendiese lustige Variante umzuschreiben. Dass ihnen der engagierte Filmemacher Richard Donner (damals mit dem Horrorstreifen
Das Omen
The Omen
Horror, USA 2006
Amy Huck, David Thewlis, Janet Henf...
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bekannt geworden) einen Strich durch die Rechnung machte, blieb nicht lange ungesühnt. Donner hatte seinen eigenen Autoren Tom Mankiewicz (James Bond 007 - Diamantenfieber, James Bond 007 - Leben und Sterben lassen; James Bond 007 - Der Mann mit dem Goldenen Colt) mit eingebracht, um den letzten Rest an Potential, das im Drehbuch noch steckte, wieder hervorzuholen. Zusammen schufen sie das Konzept des epischen Zweiteilers, der wegen Kosten- und Zeitmangel parallel gedreht wurde. Aber selbst nach dem überwältigenden Erfolg von Superman wurde Donner vom Projekt gefeuert, kurz bevor er Teil 2 fertig stellen konnte. An seine Stelle rückte Richard Lester (A Hard Day's Night, Help!, Die drei Musketiere), der die meisten Szenen in seinem eigenwillig anderen Stil nachdrehen musste. Neben der Anfangseinstellung in Paris waren das unter anderem die Szenen mit lächerlichen und unerklärt bleibenden Superkräften, wie den Superkuss der Amnesie oder das Plastik-Supermansymbol, das die Fähigkeit hat, Leute einzuwickeln. Das war jedoch nicht das größte Problem, dass das Feuern Donners nach sich ziehen sollte. Nicht nur, dass Gene Hackman nicht mehr drehen wollte, auch Komponist John Williams stieg wegen kreativen Differenzen mit Richard Lester aus dem Projekt aus. An seine Stelle rückte Ken Thorne, dessen lieblose und flach klingende Arrangements den immer noch ganz passablen Schlusskampf der Kinoversion schmälern.
Dies alles ändert sich mit dem Richard Donner Cut. Er bezieht sich allgemein viel stärker auf seinen Vorgänger, was man vor allem an der Eröffnungssequenz mit der Atomrakete sehen kann. Während die Kinoversion wie ein zweites Abenteuer wirkt, von der Stimmung her eindeutig anders als das Original, hat man hier das Gefühl, dass die Geschichte ein würdiges Ende findet. Die Bösewichter, allen voran Terence Stamp, wirken diesmal wirklich bedrohlich. Wenn Zod vom Dach eines Hochhauses aus wahllos Autos per Hitzeblick in die Luft jagt, möchte man am liebsten selbst eingreifen. Als musikalische Untermalung wurden die eindeutig klangvolleren Stücke aus John Williams Score zum ersten Film verwendet, die passende Unerstützung für diesen Film, der zurück zu den Wurzeln geht und Superman so zeigt, wie Donner es wollte. Valerie Perrine und Gene Hackman kommen diesmal nicht zu kurz. Sie stellen größtenteils den Humor des Films, der stellenweise immer noch etwas abdriftet. Wenn es zum Beispiel darum geht, ob die Festung der Einsamkeit eine Toilette hat oder nicht. Im Großen und Ganzen hält er sich aber in Grenzen und die Geschichte steht im Vordergrund.
Leider konnten bestimmte Szenen nicht noch einmal gedreht werden schließlich sind inzwischen einige Jahrzehnte vergangen. Dafür wurde zwangsweise auf Material von Richard Lester zurückgegriffen und darüber hinaus auf einen Screen Test zwischen Christopher Reeve und Margot Kidder. Aber selbst in dieser bloßen Testaufnahme sieht man, wie gut Reeve seine Rolle wirklich verinnerlicht hat. Schade bleibt das Ende, bei dem einem ein Gefühl von
Deja Vu
Déjà Vu
Sci-Fi-Action-Thriller, USA 2006
James Caviezel, Paula Patton, Elden...
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überkommt.
Ein definitiver Pluspunkt ist die Rückkehr von Marlon Brando als Jor-El. Brando hatte sich mit den Produzenten wegen seines Gehalts für den ersten Teil zerstritten und jegliche Verwendung seiner Aufnahmen untersagt. Er teilt wichtige Schlüsselszenen mit Christopher Reeve, welche die Vater-Sohn-Beziehung aus dem ersten Teil weiter vertiefen und die Verknüpfung zu Bryan Singers
Superman Returns
Superman Returns
Comic-Action, USA 2006
Eva Marie Saint, Kal Penn, Frank La...
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(2006) schaffen (The son becomes the father, and the father becomes the son). Es stellt sich die Frage, ob es den Richard Donner Cut ohne den Regisseur Bryan Singer überhaupt gegeben hätte. Bei ihm lag die Entscheidung, Marlon Brando in seinem Film zu verwenden und daher auch, für Warner Brothers die Rechte an Brandos Szenen zu bekommen. Weiterhin wurden auf dem Set von Superman Returns einige Einstellungen für den Richard Donner Cut mit Doubles nachgedreht. Das wäre nicht möglich gewesen, wenn Singer nicht die Idee gehabt hätte, Donners Universum inklusive der Designs wieder aufleben zu lassen.
Filmgeschichtlich ist der Richard Donner Cut, selbst als Direct-To-DVD-Veröffentlichung, eine Kuriosität. Ohne den nachhaltigen Druck der Fangemeinde wäre er sicherlich nie zustande gekommen. Mit ihm wurde eine drei Jahrzehnte lang klaffende Lücke endlich geschlossen.