Und wie schon gesagt, gibt es auch im Kapitalismus Recht und Ordnung. Das Individuum steht im Fokus, keine Autoritäten. Entsprechend gibt es auch keine Sklaven
Ich antworte mal nur auf den Punkt, weil das stört mich jetzt schon länger :
Das Argument, dass der Kapitalismus das Individuum in den Mittelpunkt stellt und keine Autoritäten kennt, ist eine idealisierte Vorstellung, die in der Praxis nicht zutrifft. Zwar betont der Kapitalismus theoretisch die individuelle Freiheit und die Möglichkeit, durch eigene Anstrengung Wohlstand zu erlangen, doch gibt es mehrere Faktoren, die diese Freiheit einschränken.
In vielen kapitalistischen Gesellschaften ist Wohlstand ungleich verteilt, was die individuelle Freiheit stark beeinträchtigt. Menschen mit wenig finanziellen Mitteln haben weniger echte Freiheit, da sie gezwungen sind, unter Bedingungen zu arbeiten, die sie nicht frei wählen würden, wenn sie wirtschaftlich unabhängig wären. Dies zeigt sich besonders in prekären Arbeitsverhältnissen, Niedriglohnsektoren und begrenzten sozialen Aufstiegsmöglichkeiten.
Darüber hinaus besitzen große Unternehmen und Konzerne in kapitalistischen Systemen oft erhebliche Macht. Diese wirtschaftliche Macht kann in politischen Einfluss umgemünzt werden, was zu einer Form von Autorität führt, die das Leben der Individuen stark beeinflusst. Durch Lobbyismus und politische Spenden können diese Unternehmen Gesetze und Vorschriften beeinflussen, die ihren Interessen dienen, oft zum Nachteil der breiten Bevölkerung. Ein Beispiel dafür ist die Gesundheitsindustrie in den USA, wo mächtige Unternehmen die Politik in einer Weise beeinflussen, die den Zugang zu bezahlbarer Gesundheitsversorgung einschränkt.
Ein weiteres Problem ist die Konzentration von Marktmacht in den Händen weniger Unternehmen. In vielen kapitalistischen Märkten neigen Unternehmen dazu, durch Fusionen und Übernahmen ihre Marktmacht zu konzentrieren. Diese Monopole oder Oligopole beschränken die Wahlmöglichkeiten der Konsumenten und schaffen de facto Autoritäten, die Preise und Bedingungen diktieren können. Ein Beispiel dafür ist der Technologie- und Internetsektor, wo wenige große Firmen dominieren und die Regeln für Nutzer festlegen.
Die individuelle Freiheit im Arbeitsmarkt wird ebenfalls durch die Notwendigkeit eingeschränkt, den Lebensunterhalt zu verdienen. Arbeitnehmer sind oft auf bestimmte Arbeitgeber angewiesen und haben nicht immer die Freiheit, ihre Arbeitsbedingungen zu verhandeln oder frei den Arbeitgeber zu wechseln, besonders in Branchen mit wenigen Anbietern oder in Regionen mit hoher Arbeitslosigkeit.
Schließlich spielt das Fehlen eines starken sozialen Sicherheitsnetzes eine wichtige Rolle bei der Einschränkung individueller Freiheit im Kapitalismus.
(Ich wähle hierbei bewusst das Wort „Sicherheitsnetz)
In Systeme mit schwachen sozialen Sicherheitsnetzen haben Individuen weniger Freiheit, Risiken einzugehen oder unpopuläre Meinungen zu vertreten, da sie ständig um ihre wirtschaftliche Existenz kämpfen müssen. Ein starkes soziales Netz erhöht hingegen die individuelle Freiheit, indem es die Menschen von existenziellen Ängsten befreit.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die individuelle Freiheit im Kapitalismus oft durch wirtschaftliche und strukturelle Faktoren eingeschränkt wird. Während der Kapitalismus theoretisch die Freiheit des Individuums betont, führen praktische Ausgestaltungen und Machtkonzentrationen zu realen Einschränkungen dieser Freiheit.
Die Annahme, dass im Kapitalismus keine Autoritäten existieren, verkennt die subtileren Formen der Macht, die durch wirtschaftliche Abhängigkeiten und Ungleichheiten entstehen.