Der Satz
„über 50 % der Stromerzeugung in Deutschland kommt aus erneuerbaren Energien“ klingt nach „wir sind schon über der Hälfte“ – aber in Wirklichkeit beschreibt er nur einen
Teilausschnitt der Energiewende.
Man kann das so einordnen:
1. Strom ist nur ein Teil des Gesamtenergieverbrauchs
- In Deutschland macht der Stromsektor nur etwa 20 % des Endenergieverbrauchs aus.
- Die anderen 80 % entfallen auf Wärme/Kälte (Heizung, Industrieprozesse) und Verkehr (Straße, Schiene, Luft, Schifffahrt).
- In Wärme und Verkehr liegt der EE-Anteil deutlich niedriger – Wärme ~17 %, Verkehr ~7 % (2023).
→ Selbst wenn Strom zu 100 % erneuerbar wäre, hätten wir erst rund ein Fünftel der Gesamtenergie umgestellt.
2. „50 % im Jahresmittel“ heißt nicht „50 % jederzeit“
- Wegen der Schwankungen von Wind & Sonne (Dunkelflauten) müssen derzeit noch große Mengen fossiler und etwas Biomasse/Kernkraft für die Residuallast bereitstehen.
- Speicherausbau, Netzausbau und flexible Verbraucher sind nötig, um jeden Moment fossilfrei zu versorgen.
3. Sektorkopplung steht noch am Anfang
- Die Energiewende verlangt, dass Verkehr, Wärme und Industrie ebenfalls elektrifiziert oder mit erneuerbaren Brennstoffen versorgt werden.
- Wenn z. B. Wärmepumpen und E-Autos stark zunehmen, steigt der Strombedarf deutlich – dann sinkt der EE-Anteil wieder, wenn die Erzeugung nicht schneller wächst.
4. Politische Zielmarken
- EU & Deutschlandstreben für 2030 an:
- Strom: 80 % Erneuerbare
- Gesamtenergie: ~30–35 % Erneuerbare
- Klimaneutralität: bis 2045
→ Mit 50 % EE im Strom sind wir im Strombereich auf halber Strecke, im Gesamtenergiesystem aber eher bei einem Viertel der Strecke.
Kurz gesagt:
„50 % EE im Strom“ ist ein wichtiger Meilenstein – aber es ist
nicht die halbe Energiewende, sondern eher ein Viertel oder weniger, wenn man alle Sektoren und die jederzeitige Versorgung betrachtet.