Machen die Menschen auch die Hamas für diese Lage verantwortlich, die verbliebene israelische Geiseln noch immer nicht freigelassen hat?
Darüber kann man in Gaza schwer sprechen, wegen der brutalen Herrschaft der Hamas. Aber die Leute hassen Israel auf einer anderen Ebene als zuvor. Eine Familie, einst eine stolze, alteingesessene Familie aus Gaza-Stadt, erzählte mir von ihrem Haus mit Palmen davor. Sie wollten mit der Hamas nichts zu tun haben und wurden schikaniert. Aber dann haben sie eine Nachricht bekommen, dass sie zwei Stunden Zeit hätten, ihr Haus zu verlassen, wenn ihnen das Leben ihrer Kinder etwas wert sei – und das Haus wurde dem Erdboden gleichgemacht. Die Familie sagte mir: Wir werden über fünf Generationen nicht vergessen, was uns angetan wurde. Das zeigt, wie kontraproduktiv dieser Krieg ist. Das habe ich im israelischen Fernsehen gesagt. Die Menschen geben auch der Hamas die Schuld, sie sagen, wir wurden nicht gefragt. Aber sie hassen die israelische Hungertaktik, die alles zerstört und keine Hilfe hineinlässt.
Israel sagt, dass es keine Begrenzung für humanitäre Hilfe gebe.
Das ist eine Lüge, man kann es nicht anders sagen. Die Amerikaner haben Israel sogar ein Ultimatum gestellt, mehr Hilfe in den Gazastreifen zu lassen – das läuft an diesem Mittwoch aus. Es kommen viel zu wenige Lastwagen durch, weil kein Kilogramm nach Gaza darf, ohne dass es von Israel überprüft wurde. Und noch etwas: Die Armee tut nichts, um die Verteilung der Hilfe zu ermöglichen. Sie sichert die Straßen nicht. Lastwagen werden routinemäßig geplündert. Die israelischen Drohnen zielen auf alles im Gazastreifen, was nur verdächtig aussieht. Aber die Plünderer, kriminelle Banden, die so viele Konvois ausrauben, wie sie wollen, nehmen die Drohnen nicht ins Visier. Die sicheren Straßen dürfen wir wiederum nicht benutzen. Und hinzu kommt: Israel stellt internationalen NGOs keine Arbeitsvisa mehr aus. Wir hatten 15 bis 20 internationale Mitarbeiter in unserer Zentrale in Jerusalem, jetzt sind nur noch zwei übrig.
Was müsste geschehen?
Die Wunschliste gibt es seit Oktober vergangenen Jahres: ein Waffenstillstand, die Freilassung aller israelischen Geiseln und die Freilassung der willkürlich festgenommenen Palästinenser. Die Öffnung aller Grenzübergänge, damit wir nicht mehr vom dysfunktionalen Terminal Kerem Schalom abhängen. Und dann natürlich ein echter Friedensprozess. Wir sind es müde, die Trümmer eines Krieges nach dem anderen aufzulesen. Hoffentlich ermöglichen das die Freunde Israels, die USA, Deutschland und Großbritannien, anstatt in diesem Krieg nur eine Seite zu unterstützen.