Inzwischen sind beide Staffeln fertig und ... ( Spoiler zu beiden Staffeln..)
... und Kurtzmann hat sein Versprechen eingelöst und die Serie in den Kanon der anderen Serien eingefügt und die Kontinuitätsprobleme verringert:
1) Der Sporenantrieb:
Von Beginn an der Serie wurde der Sporenantrieb kritisiert, insbesondere, dass keine andere Star Trek Serie Bezug auf diese Antriebsform mehr findet. In der ersten Staffel wurden dem Sporenantrieb Einschränkungen auferlegt (sprich: Tardigarde, Zerstörung des Myzelnetzwerkes, etc...) aber eine befriedigende Lösung wieso die Technologie aus dem kollektiven Bewusstsein der Föderation verschwinden sollte, war freundlich gesagt nicht vorhanden.
Der Sporenantrieb als technische Neuerung kam nicht an bei den Fans; der DIS Writer's Room hätte sich retten können in dem der Sporenantrieb mehr auf Basis des "Caretaker" (VOY Pilotfolge, weitere Folgen) ausgerichtet worden wäre, da dieser selbst ein "sporozytisches Lebewesen" sei (Tuvok, VOY) und die Voyager ohne Problem 70.000 Lichtjahre durch das All ziehen konnte. Nichtsdestotrotz gibt es zwei Ansatzpunkte in Discovery den Sporenantrieb in der zweiten Staffel zu eliminieren: In der ersten Hälfte der 2. Staffel wird suggeriert, dass das Springen durch das Myzelnetzwerk eben jenes zerstört. Leider wird das aber so aufgelöst, dass Hugh Culber die Probleme im Netzwerk erzeugt und nicht die Sprünge der Discovery. Der zweite Ansatz, der schlussendlich auch vollzogen wird, ist den Sporenantrieb aus dem 23. Jahrhundert zu entfernen. Nachdem die USS Glenn zerstört wurde, existiert ausser auf der USS Discovery weder das Wissen noch die Möglichkeit diesen zu betreiben, da nur Stamets die Tardigarde-DNA im Selbstversuch "besitzt". Beides ins 33. Jahrhundert zu befördern und Stillschweigen über die Antriebstechnologie zu bewahren, ist eine krude aber dennoch effektive Lösung des Problems, wenn man nicht zu viel darüber nachdenkt.
Kontinuität wiederhergestellt: 6/10
2) Burnham:
Die angebliche Halbschwester von Spock, die von ihm niemals erwähnt wurde. Nun in der ersten Staffel wird keine besondere Anstrengung vorgenommen, dieses Problem überhaupt anzugehen. Als ausserhalb von Discovery angesiedelten Erklärungsversuch kann man Spocks Verhalten aus dem Film Star Trek V sehen: Dort erwähnt er lapidar, dass Sybok sein Bruder sei. Sehr zur Verwunderung von Kirk und dem Rest der Crew, (und den Zuschauern im Kino), die keine Ahnung davon hatten.
In der zweiten Staffel haben am Anfang der Staffel Kurtzmann & Co angedeutet, dass Burnhams Bedeutung für Spocks Entwicklung wichtig sei und damit ihre Bedeutung dermaßen erhöht, dass mir das schon Bauchschmerzen bereitet. Die Suche nach Spock zog sich zu lang hin, die Entfremdung wurde aber mMn viel zu simpel gestrickt: Als kleines Kind hat die große Schwester Burnham etwas böses zum jungen Bruder Spock gesagt, und seither haben sie kein Wort mehr miteinander gesprochen? Das ist ausgesprochen dünn.
Dann erhöht die zweite Staffel die Bedeutung von Burnham für die gesamte Galaxie indem sie und nur sie die Bedeutung hinter den Signalen versteht und löst, sie gleichzeitg auch die Urheberin der Signale ist. Gut, Star Trek Discovery ist eine Serie, die sich um Burnham dreht, und nicht um den Captain dreht, aber dennoch wäre es vielleicht besser gewesen, sie nicht so sehr in den Vordergrund zu stellen und das gesamte Ensemble der Crew die Lösung für die Probleme in den verschiedenen Folgen zu finden. Burnham und ihre gesamte Familie wird durch das Serienfinale auch aus dem kollektiven Gedächtnis der Föderation getilgt.
Kontinuität wiederhergestellt: 5/10
3) Captain Pike / Talos IV
Der einzige Punkt, der keine Kontinuitätsprobleme verursacht hat, ist Captain Pike selbst. Sein Handlungsbogen fügt sich perfekt in den Rahmen ein, den TOS für Pike mit "The Cage" und "The Menagerie" gesetzt hat. Kurtzmann & Co. hatten hier die Möglichkeit Pike auszuarbeiten und ihm etwas mehr Seele (haha) zu geben. Leider leidet Pike unter Burnham: Da Burnham der Hauptcharakter der Serie ist, fährt sie ihm oft genug über den Mund was ihn in einigen Folgen zu eine Art Handlungsmarionette Burnhams macht. Unglücklich beispielsweise, dass der Vorschlag zur Selbstzerstörung der Discovery auch von Burnham kommt und nicht von Pike selbst - alle anderen Kapitäne haben diese Entscheidung gefühlt selbst beschlossen.
Sehr schön gelöst bzw. fortgeführt wurde auch die Geschichte um Talos IV (TOS: The Menagerie), was sich wiederum in die Geschichte um Pike und Spock nahtlos einfügte.
Kontinuität fortgeführt: 10/10
4) Holotechnologie / Nanotechnologie / Sektion 31 Technologie
Ein größeres Kontinuitätsproblem ist die Holotechnologie die in der Discovery vorhanden ist. Nicht nur, dass zur Kommunikation Holoemitter benutzt werden, die aber nicht ganz so gut sind (halbtransparent), nein es gibt sogar in der ersten Staffel eine Art Holodeck, in der Tyler und Lorca gegen projezierte Klingonen kämpfen. Die Lösung der Probleme: Pike lässt aus der Enterprise alle Holoemitter entfernen. Damit kann Kirk später nur per Bildschirm mit anderen Schiffen kommunizieren. Wieder eine unnötige und somit ziemliche Krücke. Mit viel Wohlwollen kann man so tun als ob. Die Nanotechnologie von Sektion 31 "kann" vorhanden sein, führt aber auch zu Bauchschmerzen gerade weil diese Technik vollkommen erst in TNG durch die Borg eingeführt wird. Die Spekulation von manchen Fans(eiten), dass Sektion 31 und Control im Endeffekt die Borg zur Genesis verholfen haben sollen, oder aber Control aus den Überresten der Borgtechnik aus Star Trek VIII: First Contact entstanden ist, gab mir geradezu ein schaudriges Gefühl. Zum Glück haben Kurzmann & Co. darauf verzichtet, diese Brücke hier zu schlagen und die Borg, die in TNG und VOY komplett ausgearbeitet wurden, zu verändern.
Abschliessend bleibt zu sagen, dass sie sich bei neuer Technik hätten mehr zurückhalten müssen, so wie bei ENT. Man kann nicht die Vergangenheit zeigen und die Technik von morgen nutzen. Ich habe kein Problem mit visuellen Upgrades der Brücken von Discovery oder Enterprise. Sollen die Produzenten das ruhig machen, denn es macht keinen Sinn den Stil der 60er 1:1 zu kopieren - ss ist nur nicht cool, dass komplett neue Techniken und Technologien eingeführt werden (wie beispielsweise kleine WALL-E Reperaturbots in der Finalfolge), die dann in keiner anderen Serie mehr auftauchen.
Kontinuität wiederhergestellt: 3/10
5) Sektion 31
Sehr viele Trekkies haben ein Problem damit, dass Sektion 31 nicht die Geheimorganisation ist, die bei ENT (Archer) oder bei DS9 in Erscheinung tritt, sondern vollkommen offen und transparent agiert. Hier gibt es nur meiner Meinung nach ein geringes Kontinuitätsproblem zu ENT, welches 90 Jahre vor Discovery spielt und wo Sektion 31 ähnlich verstohlen wie bei DS9 wirkt. Abgesehen davon ist Sektion 31 als eine Form eines offenen Geheimdienstes der Föderation nicht sonderlich verwunderlich und die Porträtierung in Discovery stellt auch kein wirkliches Problem dar. Sektion 31 hat noch genug Zeit sich zu dem klammheimlichen Verein zu entwickeln, der es in DS9 ist.
Kontinuität wiederhergestellt: 8/10
5) Die Klingonen
Nachdem in der ersten Staffel die Klingonen und deren fehlende Haarpracht im Fokus standen, kümmerte sich die zweite Staffel auch hier um Schadensbegrenzung bzw. Kontinuitätspflege. Es wurde behauptet in Zeiten von Kriegen würden die Klingonen die Haare abrasieren, so wie es Kah'less zu Urzeiten gemacht hat. Problem dabei: Im großen Krieg im Alphaquadranten um die Invasion des Dominions (DS9) hatte kein einziger Klingone sich die Haare abrasiert. Dieser Erklärungsversuch ist nicht erfolgreicher als Frank Drebins Behauptung es gäbe
nichts zu sehen. Besser wäre es gewesen, einfach den Klingonen Haare zu geben und so zu tun als ob es schon immer so war. Aber ernsthaft: Geschenkt, es ist nur ein optisches Problem, kein inhaltliches, denn
schliesslich haben die Klingonen schon in den Filmen und Serien zuvor die abenteuerlichsten optischen Änderungen durchgemacht. Dass es einen neuen Messias mit dem Namen T'Kvuma gibt, stört in de Kontinuität nicht wirklich, da er vor wahrer Größe direkt von Burnham getötet wird.
Großkanzlerin L'Rell führt das Reich besser/ehrenhafter als es die nachfolgenden Großkanzler je taten (Gauron, I look at you...) und ist in dem Sinne etwas positives für die Klingonen. Wenn man bedenkt, dass in TNG und DS9 das klingonische Reich sich mehr durch Intrigen und Verrat (TNG/DS9: Worfs Haus als Sündenbock beispielsweise) als durch ehrenhaftes Verhalten auszeichnete, sind die Klingonen am Ende der zweiten Staffel eine Wohltat. Die Machtkämpfe innerhalb der Häuser wurden in beiden Staffeln gut präsentiert und sind ein Beleg für die Kontinuität zwischen all den Serien.
Kontinuität fortgeführt: 9/10
Insgesamt betrachtet hilft die zweite Staffel der Kontinuität enorm, wirkt aber teilweise sehr angestrengt. Das einzige Riesenproblem für Discovery war der Sporenantrieb und der ist nun weg. Was mich im Endeffekt fasziniert hat, ist, dass Kurztmann & Co. wirklich den Schritt gewagt haben, Discovery komplett in eine andere Zeit zu verfrachten. Kurtzmann hat in einem Interview auch bestätigt, dass dies geschehen sei, um sich aus den Fängen des Kanons zu befreien und offener die Story weiterschreiben zu können, ohne sich diesem Druck auszusetzen. Hätte Bryan Fuller doch direkt Discovery in die Zukunft gesetzt und nicht den "Krieg" mit den Klingonen beleuchten wollen. Wie dem auch sei, ich bin froh, dass DIS sich nun im 33. Jahrhundert befindet und somit endlich mal wieder neuen Trek schreibt, so wie die Picard-Serie es Ende des Jahres tun wird.
Ach ja: Auch mit den ganzen Problemen die die Serie hat, gefällt sie mir enorm.
LOVE..................................................................HATE
TNG > TOS > VOY > DIS > ENT > ...................................... > DS9