Heiss gekocht, lauwarm gefressen...
Lair Review (PS3)
I. History repeats itself / Vorgeplänkel
It's Factor 5
Als kurz vor der E3 2005 bekanntgegeben wurde, dass Factor 5 - ihres Zeichens deutsches Entwicklerurgestein mit so bekannten Namen wie Julian Eggebrecht oder Chris Hülsbeck - fortan ihre Spiele exklusiv für die "stärkste Hardware" (Eggebrecht), die PS3, entwickeln würde, war die Spannung groß. Denn was würde diese Spieleschmiede aus der vermutet komplizierten Architektur der PS3 alles herausholen können, die sich in den vorhergehenden Generationen vor allem durch die technische Ausnutzung der Hardware einen Namen in der Zockergemeinde gemacht hat. So waren die Rogue Leader / Rogue Squadron Spiele auf dem N64 respektive Gamecube zwar spielerisch keine Offenbarung, aber technisch waren besonders die Gamecube Ableger eine wahre Augenweide. Nie zuvor konnte man intensiver und dem Filmvorbild näher den Todesstern Anflug nachempfinden, niemals vorher sah der Rebellenstürzpunkt auf dem Eisplaneten Hoth und die dort ausgetragene Schlacht mit Unmengen an Snowspeedern, AT-ATs, AT-STs und jeder Menge Rebellen und Imperialen Truppen besser aus. Die Erwartungen waren im Vorfeld hoch, die Spannung beinahe greifbar: Was würde Factor 5 dann alles aus der PS3 herausholen können?
E3 2k5
Pünktlich zur im Nachhinein vieldiskutierten Sony E3 Pressekonferenz im Jahre 2005 wurde dann ein kurzer Teaser Trailer zu Factor 5's neuestem Machwerk gezeigt. Die Überraschung war groß, denn es gab weder X-Wing noch Tie Fighter zu sehen und auch der von vielen erträumte Auftritt von Videospiel Urgestein Turrican blieb leider aus. Stattdessen zeigte man einen mächtigen Drachen, der majestätisch auf einem Felssockel thronte, von Blitz, Donner und heftigem Regen umkrönt, sich kurz danach in die Lüfte erhob und sich in einen blutigen Zweikampf mit einem anderen Drachen stürzte. Diese kurze Szene zog in vielerlei Hinsicht die Aufmerksamkeit des Pressepublikums auf sich, auch wenn sie neben den anderen "Echtzeit" Trailer wie Motorstorm oder dem vielzitierten Killzone Video sicherlich für etwas weniger offene Münder gesorgt haben dürfte. Dennoch war das gezeigte überaus beeindruckend: Wunderschön ausmodellierte Figuren, stimmungsvoll in Szene gesetzte Lichteffekte, atmosphärische Wettereffekte, Unmengen verschiedenster Shader auf der Schuppenhaut der Feuerechsen - technisch versprach der Titel so einiges, auch wenn kaum jemand einen spielerischen Bezug zu dem Titel herstellen konnte. Das Spiel hiess "Lair", es gab Drachen....was will man mehr?
Launchtitel?
In der nicht an Aufregung armen Zeit nach der E3 2005 wurde es erst einmal wieder still um Lair. Nach und nach tröpfelten jedoch immer wieder Informationen zum Titel ein und im Jahre 2006 zeigte man dann auf der GDC, E3 und der TGS neue Trailer bzw. Techdemos. So erfuhr man, dass Lair die volle Auflösung von 1080p bieten solle, mit zahlreichen optischen Schmankerln ausgestattet und mit orchestralem Soundtrack für einen Augen- und Ohrenschmaus sorge und dass man spielerisch an die Tradition der Rogue Squadron / Leader Teile anknüpfe, freilich diesmal im klassischen Fantasy Gewand und - sicherlich auch von den Herr der Ringe Filmen inspiriert- mit bombastischen Massenschlachten.
Als es dann noch die Ankündigung gab, dass das PS3 Pad über neigungssensible Sensoren verfüge ließ die Aussage von Eggebrecht, dass Lair nicht nur die Sixaxis Steuerung unterstütze, sondern im großen Maßstab darauf baue, das Level- und Missionsdesign darauf abgestimmt sei und dass diese neuartige Steuerungsmöglichkeit eigentlich keine Option, sondern vielmehr fast schon Pflicht für einen Titel wie Lair sei. So wurde schon im Vorfeld von einer natürlicheren und intensiveren Kontrolle als dies jemals mit der herkömmlichen Padsteuerung möglich sei gesprochen und so avancierte Lair nicht nur zum Kandidaten für das Aufzeigen der technischen Möglichkeiten der PS3, sondern auch um den spielerischen Sinn und Nutzen der Sixaxis Steuerung.
In spielbarer Form wurde Lair erstmals auf der E3 2006 gezeigt und auch auf der TGS 2006 konnte sich die Öffentlichkeit ein erstes Bild anhand des berühmt- berüchtigten Brückenlevels (The Bridge) machen. Die ersten Previews und Berichte fielen größtenteils recht positiv aus und so erwartete die Fangemeinde mit Spannung den Release dieses vermeintlichen Hit Kandidaten.
Lair wurde lange Zeit als PS3 Launchtitel gehandelt, doch aus Ende 2006 wurde dann Frühjahr 2007 (was für PAL User dann immer noch ein Launchtitel gewesen wäre!) und nach einer weiteren Verschiebung auf Anfang September bzw. Oktober 2007 (wiedermal müssen die PALies etwas länger warten) kann sich nun jeder Hobby Drachenreiter selbst von den Qualitäten eines Lair überzeugen. Womit wir beim wichtigsten Punkt dieses Reviews angelangt wären, der eigentlichen Bewertung des Spiels. Los gehts....
II. Die totale Kontrolle... / Drache am Stück
Die ersten Wertungen
Nach den ersten Vorschusslorbeeren war die Überraschung und das Entsetzen natürlich groß, als die ersten Magazine durchweg katastrophal niedrige Wertungen vergaben: So landete der einstmals als Hitkandidat gehandelte Titel sowohl bei IGN (4.9), gamespot (4.5) als auch bei gametrailers (6.0) weit hinter den Erwartungen. Gamespy ging sogar noch einen Schritt weiter und verpasste Lair eine magere 3.5 ... was war da nur schiefgegangen?
Noobshow?
Um es gleich einmal vorwegzunehmen: Nein, ich halte diese niedrigen Wertungen für absolut nicht gerechtfertigt, auch wenn ich sie teilweise nachvollziehen kann...doch dazu später mehr.
Historisches
Wie so oft gerät der Spieler mitten in einen Konflikt zweier verfeindeter Parteien. Doch was anfangs noch den Anschein eines klassischen "Gut gegen Böse" Szenarios hat, entpuppt sich schon bald als mehr als einfache Schwarz- Weiss Malerei.
Den Anfang dieses Konflikts ist in einer großen Naturkatastrophe zu suchen, genauer gesagt einem Vulkanausbruch, der nicht nur die ursprünglich gemeinschaftliche Zivilisation
in zwei Teile spaltete, sondern auch für Lebensmittelknappheit und somit auch für große (Überlebens-) Angst sorgte.
Genaueres steht hierzu im Lair Handbuch:
"Niemand weiss, wie lange die Altvorderen vor der Großen Trennung gelebt haben. Doch die Geschichte lehrt uns, dass die Menschen in Harmonie lebten, vereint durch einen einzigen Glauben. Doch dann erwachten die Vulkane, die Landschaft mit ihren Flüssen aus glühender Lava verwüstend und die Luft mit ihrer Schlacke und ihrem Staub verpestend. Doch so vernichtend ihr Ausbruch war: Die Vulkane hatten eine noch viel schlimmere Auswirkung auf die Bevölkerung - sie sorgten für Furcht.
Der Wissenschaft war es nicht möglich, diese Umgestaltung der Welt zu ergründen und so bildeten sich gegensätzliche Glaubensrichtungen, die die Gesellschaft spalteten, weil viele die Vulkanausbrüche als Strafe Gottes sahen.
Die eine Gruppierung, die Mokai, gründete ihre neue Zivilisation im Feuer und Eis des Nordens, wohingegen der andere Teil, die Asylianer ihre Heimat in den schützenden Gebirgsketten des Südens fand. Dort waren sie vor den Auswirkungen der Vulkane geschützt und so wurden die Asylianer zu einem Leuchtfeuer der Kultur und des Wissens, einem hellen Licht in einer sonst so düsteren Welt. Durch den Neid ihres Nachbarn musste sich Asylien auf die Tapferkeit ihrer Himmelsgarde verlassen, die ihre Mauern vor einer Belagerung schützen sollte.
Denn in einer Welt erfüllt von Kampf gab es etwas, an das alle gleichermaßen glaubten: Dass derjenige, der die Herrschaft über den Himmel hatte, auch Herrscher über das Land sein würde."
Viel mehr sei zur Geschichte nicht verraten. Zwar darf man keine Wunderdinge erwarten und die storyrelevanten Cutscenes sind einfach zu kurz, um die einzelnen Charaktere, den politischen Konflikt und die Handlungen der einzelnen Parteien und Personen mit genügend Tiefe zu versehen, die Story an sich ist aber ganz gut gelungen, auch wenn man auf mehr oder weniger bekannte Schemata trifft. Immerhin stellt der Titel etwas hintergründig einige Fragen, mit denen auch wir uns in der heutigen Zeit konfrontiert sehen: Lebensmittelknappheit, Umweltverschmutzung, der Begriff von Treue und Loyalität, Aberglaube, Völkervernichtung und moralisches Verständnis sind allesamt Themen, die dem Titel auch einen ernsten und - wer sich darauf einlässt- auch nachdenklichen Touch geben können. Diese Dinge tauchen aber wirklich nur im Hintergrung auf. So ist die Story insgesamt gesehen zwar keineswegs neu oder sonderlich reich an Überraschungen und Wendungen, aber dennoch gut gelungen und für einen Actiontitel brauchts nicht wirklich mehr. Die einzelnen Missionen werden durch ein- und ausleitende Cutscenes storymäßig größtenteils miteinander verknüpft und sorgen so für die nötige Motivation und emotionale Bindung.
Schöner Schein - doch was steckt dahinter?
Kommen wir nun zu den technischen und spielerischen Aspekten des Spiels, bevor detaillierter auf einen der größten Kritikpunkte, die Steuerung mittels Sixaxis Controller, eingegangen wird.
Grafisch weiss Lair durchaus zu gefallen: Wunderschön ausmodellierte Drachen, enorme Weitsicht, ungetrübt von Nebel oder störendem Bildaufbau, exzellente Licht- Wasser- und Wettereffekte, schönes HDRR, dynamische Lichtquellen, Self- Shadowing (zumindest bei allem, was größer als ein Fußsoldat ist), volumetrischer Rauch - das sind wahrlich die Zutaten für ein Spiel grafisch erster Güte. Doch wo viel Licht ist, da gibt es bekanntlich auch viel Schatten. Nicht anders ist es bei Lair: Die hohe Auflösung und die Unmengen an Gegnern, die vielen Gebäude, die brennenden und rauchenden Türme, Brücken, Schiffe, Katapulte oder die gigantisches Warbeasts fordern ihren Tribut und sorgen (vermutlich auch durch die Echtzeit Berechnungen der Schlachtergebnisse) für eine Framerate, die man bei bestem Willen nicht als flüssig bezeichnen kann. So kommz es recht oft und leider auch merklich zu Slowdowns und die fps stürzen schonmal kurzzeitig auf geschätze Werte von 20 und darunter, was vor allem bei weiten Flugwenden und Missionen mit Bodenkämpfen auffällt. Spielerisch ist das zwar störend, aber noch verkraftbar. Wirklich kritisch wird es zwar nie, aber trotzdem hat man das Gefühl, als habe sich Factor 5 an einigen Stellen etwas übernommen. Was die Engine zu leisten imstande ist, zeigt sich neben der trotzdem noch sehr guten Spielgrafik in den Ingame und In- Engine Cutscenes: So sind dort weder Aliasing noch unscharfe Texturen zu erkennen und die ganze Grafik wird nochmals aufgewertet. Neben diesen mit der Engine erstellten Cutscenes gibt es noch einige "klassische" CGI Szenen (v.a. bei den Charakteren in Nahaufnahme), die ebenfalls gut gelungen sind und denen man das MoCap auch ansieht.
Insgesamt gesehen neige ich dazu, dem Titel trotz der unstabilen Framerate und den kleineren grafischen Fehlern wie den hier und da unscharfen Texturen, dem vorhandenen, aber nicht auffälligen Aliasing und den selten auftauchenden, dafür aber den Gesamteindruck störenden hakeligen und verlangsamten Animationen bei Slowdowns (z.B. die Flügel der Mantarochen oder die am Boden kämpfenden Soldaten) aufgrund des bombastischen und epischen Eindrucks -denn immerhin kämpft man wirklich gegen Hunderte Drachen, Dutzende Tauren, Rhinos, Warbeasts, Tausende (!!!) Fußsoldaten und jeder Menge Mantas, Schiffe und Katapulte vor riesigen Gebäudekomplexen wie Städten, Gefängnissen oder Brücken- eine Grafikwertung von
4/5 zu geben.
+ Grafik:
*hoher Detailgrad von Drachen, Gegnern, Gebäuden und Landschaft
*für die Art von Spiel hervorragende Texturierung
*schöne, dynamische Licht- und Wassereffekte
*enorme Weitsicht
*epische Ausmaße an Gegnern und Landschaft
*1080p Auflösung
- Grafik:
*instabile Framerate sorgt für merkliche Slowdowns
*z.T. ruckelnde Animationen
*ab und an sichtbares LoD
Mächtig was auf die Ohren:
Dass die Jungs von Factor 5 nicht nur optisch, sondern auch akustisch ordentlich was auf dem Kasten haben sollte eigentlich klar sein: Schließlich hat man mit Chris Hülsbeck DEN deutschen Videospiel Musiker und Branchenurgestein an Bord. Unterstützt von Komponist John Debney hat man einen Soundtrack auf die Beine gestellt, der ohne weiteres in einem Hollywood Blockbuster zum Einsatz kommen könnte. Hier merkt man ganz deutlich, in welche Richtung sich die gesamte Industrie hinbewegt: Weg vom nervigen Midi Gedudel und hin zu klassischen Orchesterstücken, die sich qualitativ auf höchstem Niveau bewegen. Zwar würde ich persönlich nicht unbedingt den OST kaufen (dafür gibts mir nicht genügend echte Ohrwürmer), aber dennoch: Hut ab vor dieser Leistung!
Die Soundeffekte stehen den streicherlastigen Musikstücken in nichts nach und sorgen mit der kernigen, klaren und unkomprimierten THX zertifizierten 7.1 Abmischung für ein wahres "mittendrin statt nur dabei" Feeling. Besonders die gutturalen Drachenlaute, die aus einer Vielzahl von echten Tierstimmen zusammengemixt wurden, wissen zu begeistern und sorgen für ein tolles Klangerlebnis.
Der einzige wirkliche Kritikpunkt an der akustischen Untermalung von Lair besteht lediglich darin, dass einige Sprachsamples zu oft und durcheinander geraten....aber sonst hat sich der Titel in Sachen Sound eine klare
5/5
verdient.
+Sound:
*bombastisch, episch, hollywoodreif
*glasklarer und differenzierter THX Sound
*tolle Drachengeräusche
*gute Synchronsprecher
-Sound:
*Soundsamples manchmal durcheinander, wirr und zu oft wiederholt
Fingerübung
Kommen wir nun zum sicherlich interessantesten Teil des Reviews, nämlich zur Spielmechanik und zur Steuerung des mächtigen Echsenwesens. Viel wurde darüber schon geschrieben und viel negatives gesagt: Der Titel sei durch die verhunzte Steuerung unspielbar, die Missionen langweilig und zu wenig abwechslungsreich, die Spielmechanik würde überhaupt nicht funktionieren und den Rhinos könne man den Kopf nicht abreissen...
Bin ich derselben Meinung? Diese Frage kann ich nur mit einem klaren "NEIN!" beantworten. Ohne in die übliche Fanboyschublade gedrängt werden zu wollen und so den Verdacht eines enttäuschten Fans, der den Titel wider aller anders lautenden Wertungen schön reden muss zu erwecken will ich recht objektiv ergründen, warum ich die Meinung von IGN, gamespot oder anderer Magazine nicht teile, aber trotzdem nachvollziehen kann.
Erst einmal die knallharten Fakten auf den Tisch: Es gibt eine ausführliche Tutorial Mission, in denen die grundsätzlichen Dinge wie Steuerung, Luft- und Bodenkampf erklärt werden und in der man sich mit der Sixaxis Steuerung vertraut machen kann. Darauf folgen 14 Storymissionen, die euch an die unterschiedlichsten Orte führen: karge Gebirgslandschaften, eisige Gefilde, trockene Wüsten und natürlich große Stadtlevels stehen u.a. auf dem abwechslungsreichen Plan. Jede Mission dauert dabei nur ein paar Minuten. Selten braucht man mehr als 12 Minuten reine Netto-Spielzeit. Hört sich jetzt sicherlich nach weniger an als es tatsächlich ist, denn einerseits strecken die Cutscenes und die etwas häufig aufkommenden Ingameszenen den Spielverlauf und andererseits hat man wie schon in den Rogue Leader Spielen die Gelegenheit, die Missionen nochmals zu spielen und durch bessere Leistungen nicht nur Bronze-, Silber- oder sogar Goldmedallien zu erringen sondern dadurch auch zahlreiche spielrelevante Extras (mehr Lebensenergie, neue Combos und einen neuen Drachen (<---unbestätigt von mir!) ) und massenweise Zusatzcontent (u.a Trailer, Entwicklerkommentare, Konzeptzeichnungen und eine Concert Hall, in der man die Musikstücke in Ruhe genießen kann) freizuschalten, so dass man als geübter Spieler auf eine Durchspielzeit von ca. 6-7 Stunden kommen sollte.
So, und wie spielt sich das Ganze nun? Kurze Antwort: mit ein wenig Einarbeitungszeit überraschend gut und problemlos. Und warum beschwert sich dann fast jedes namhaft Magazin über die verhunzte Steuerung und das uninspierierte, langweilige Missionsdesign und nennt Lair unspielbar? An diesen Fragen habe ich lange überlegt, denn während der ersten Missionen kamen bei mir ganz ähnliche Gefühle hoch. Mittlerweile glaube ich aber eine Antwort gefunden zu haben. Es ist sicherlich nicht die Steuerung, denn die ist eigentlich überraschend intuitiv und genau und erlaubt recht präzise Flugmanöver - immer auch in Anbetracht dessen, dass man keinen hochgetunten Kapfjet sondern einen naturgemäß etwas trägeren und langsameren Drachen steuert. Zumindest mit der neuesten Firmware (1.93) gibt es keinerlei Steuerungsprobleme. Wenn es in dieser Hinischt ein Problem gibt, dann ist das schlicht und ergreifend mit hoher Wahrscheinlichkeit auf den Menschen, der vor dem Bildschirm sitzt zurückzuführen und nicht auf den Drachen selbst. Anfangs hatte ich auch einige Probleme, besonders bei der vielzitierten 180° Wende. Mittlerweile habe ich aber eine Erfolgsrate von geschätzten 95%, nicht nur bei der Wende, sondern auch bei den anderen Aktionen. Der Trick beim Wenden des Drachen ist z.B. einfach folgender: Man muss genau darauf achten, dass man das Pad wirklich nur kurz und genau hoch bewegt und nicht noch eine Vorwärts- oder Kippkomponente hinzufügt. Ansonsten kann es nämlich statt der Wende zum genauen Gegenteil, dem Vorwärtsdash, kommen. Die übrigen Aktionen gehen weniger problematisch von der Hand und nach einer Weile hat man den Drachen wirklich gut unter Kontrolle. Generell sollte man aber darauf achten, dass man bedächtige und nicht zu hastige oder weit ausholende Bewegungen macht. Weniger ist halt manchmal mehr und Zappler kommen garantiert nicht zum Erfolg.
Was es an der Steuerung allerdings zu bemängeln gibt ist der aus meiner Sicht zu lange Drehradius bei Seitwärtsbewegungen, bei denen der Drachen zudem noch einen Großteil des Bildausschnitts in Anspruch nimmt und so die Sicht auf das Kampfgeschehen verdeckt, die Phase des Kampfes Drache gegen Drache (weiter unten mehr dazu), in der der gegnerische Drache seitlich gerammt werden muss und vielleicht die fehlende Einstellungsmöglichkeit der Sensibilität der Neigungssensoren. Aber bitte glaubt mir: Mit ein klein wenig Übung kann man das Geschehen wirklich gut steuern und auftretende Probleme lassen sich eher auf das Leveldesign als auf die Steuerung an sich zurückführen.
In diesem Punkt muss ich den übrigen Reviewern also deutlich widersprechen. Es liegt sicherlich nicht an meinem Skill, dass ich den Drachen gut steuern kann, denn auch mein Bruder hat eine kurze Proberunde eingelegt und keinerlei Probleme mit der Steuerung gehabt.
Warum kann ich dann aber die Kritiken teilweise nachvollziehen? Auch darüber habe ich lange nachgedacht und ich bin zu einem überraschenden Schluss gekommen: Es ist einfach zu viel los auf dem Bildschirm, der Spieler ist anfangs sichtlich überfordert. Zumindest ging es mir so. Da wird man auf einmal in eine tobende Schlacht geschmissen, man soll womöglich auch noch Verbündete beschützen, Dämme einreissen oder die Feindesstadt bombardieren und hat keine Ahnung, wo genau man hin muss - es ist einfach zu viel los. Überall schwirren Drachen und andere Feinde herum, man muss einen Blick auf Allierte haben und in der Ferne sehen Freund und Feind für ungeübte Augen beinahe gleich aus. Dazu kommen noch verwirrende Missionsbefehle, die zudem zu kurz eingeblendet werden (man kann aber jederzeit durch Druck auf R3 den Missionsbeschreibungs Einzeiler wieder einblenden) und das Fehlen einer Mini Map. Die Orientierung ist anfangs wirklich alles andere als leicht und so kann ich die kritischen Rufe der Unspielbarkeit zumindest estwas nachvollziehen, obwohl es bei weitem nicht so drastisch ist. Trotzdem war auch ich anfangs etwas enttäuscht von dem Titel.
Die Missionen sind an und für sich auch nichts besonderes. Lair bietet in dieser Hinsicht gewohnte Standardkost im Fantasygewand. Neben den typischen Zerstöungs-, Verteidigungs-, Befreiungs- und Eskortmissionen gibt es nur sehr wenig atypisches. Das ist aber auch ein genrebedingtes Problem und wer nicht unbedingt einen revolutionären Titel erwartet, der wird mit dem Gebotenen durchaus zufrieden sein. Zwar hätte ich mir von der spielerischen Abwechslung etwas mehr erhofft, gerade die späteren Missionen steigern sich aber sehr deutlich und machen ordentlich Laune. Dennoch muss ich hier von verschenktem Potential sprechen, denn leider hat man die Missionen nicht immer zu 100% um die Steuerung herum konstruiert. Dies ist mir v.a. beim bekannten Brückenlevel aufgefallen: (man muss dort mehr oder weniger immer hin und her fliegen und den Vormarsch der Mokai Truppen aufhalten um so die eigenen Leute in Sicherheit zu bringen) Ich finde die Brücke schlichtweg zu schmal als das man dort gekonnt hin- und herfliegen kann. Hätte man die Brücke etwas breiter konstruiert, so wäre das um einiges leichter gewesen. Auch die Wüstenmission fand ich nicht sehr gelungen, meiner Meinung nach vielleicht die schwächste des gesamten Spiels, da einfach die Übersicht fehlt und ich dort aufgrund der Kamera und der optischen Ähnlichkeit des Gebietes arge Probleme hatte, den richtigen Weg zu finden.
Das Lock on System funktioniert eigentlich tadellos und wenn man sich an die Gegnermassen und das anfängliche Chaos (ist ja schließlich auch realistisch) gewöht hat - und das tut man!- klappt alles prima.
Letztlich bleibt mir in der Kategorie "Motivation" festzuhalten, dass Lair für keine Spielergruppierung sonderlich einstiegsfreundlich ist, was die verschiedensten, oben genannten Gründe hat. So erhält Lair in dieser Kategorie von mir magere
3/5 Punkten
+Motivation:
*nach der Eingewöhnungsphase machen die Missionen spürbar mehr Spass. Gerade das letzte Drittel zieht nochmals deutlich an, aber auch die ersten Missionen machen bei zweiten oder dritten Versuch spürbar mehr Spass.
*Medaillenjagd und Online Ranking
-Motivation
*Spieldauer recht kurz
*Anfangs total verwirrend und konfus
*Probleme mit der Orientierung; man wird durch die Masse an bewegten Objekten schier erschlagen.
*dadurch recht gewöhnungsbedürftig und nicht unbedingt einsteigerfreundlich
Da ich Motivation und Spielspass nicht unbedingt komplett voneinander trennen möchte und sich diese Kategorien gegenseitig auch beeinflussen noch kurz etwas zum Kampfsystem an sich, zum Design der Spielwelt und der Gegnervielfalt :
Man hat bei Lair die Möglichkeit, sowohl in der Luft als auch auf dem Boden (freilich auf dem Drachen sitzend) zu kämpfen. Neben großen und starken, dafür aber langsamen und kleinen schnellen, aber schwachen Feuerbällen hat man je nach Druck auf der Quadrat Taste auch die Möglichkeit eines anhaltenden Feuerstrahls, der die Feinde in näherer Umgebung ordentlich ansegt. Daneben gibt es auch noch die Möglichkeit, sich mit Krallen und Bissattacken zur Wehr zu setzten und auf dem Boden hat man zudem noch die Möglichkeit, lästige Feinde per Schwanzschlag vorzeitig ins Nirvana zu schicken. Üblicherweise läuft ein Kampf so ab: Man sucht sich einen Gegner bzw. eine Gegnergruppe von Weitem aus, fliegt heran und markiert das gewünschte Ziel per lock on (semi automatisch). Nun kann man - je nach Flugbahn- entweder einen Feuerball speien, per Kreistaste einen Stoßangriff durchführen oder per Dreieck in den Kampfmodus wechseln. Dort stehen dann - ganz Bemu like- verschiedene Schlagvarianten zur Verfügung. Feuerattacke, Klauenangriff oder fieser Biss - sogar blocken ist möglich. Im späteren Spielverlauf lernt man dann noch sogar ein paar kleinere Kombos. Verständlich, dass dieses kleine Zwischenspiel nicht an die Tiefe eines echten Prüglers ranreicht. Spaßig ist das aber dennoch, auch wenn es manschmal unverständlicherweise zu einigen Verzögerungen kommt bzw. die Drachen für kurze Zeit einfreezen. Ein Bug, der sicher nicht hätte sein müssen, der aber nicht sonderlich schwer ins Gewicht fällt. Eine weitere Möglichkeit des Kampfes Drachen vs. Drachen sind die sogenannten Takedown Events, die sich als einfache Quick Time Events herausstellen und neben der Auflockerung des Kampfgeschehens auch noch für einen Punktemultiplikator sorgen. Denn durch kluges abwechslungsreiches und spektakuläres Kämpfen bekommt man verständlicherweise mehr Punkte als durch Standardaktionen. Dies bietet zudem noch Anreiz zum erneuten Spielen einer Mission, da dadurch nicht nur der Punktezähler, sondern auch der Spielspaß in die Höhe getrieben wird. Die Bodenkämpfe laufen leider nicht ganz so abwechslungsreich ab, bieten jedoch einen gekonnten Ausgleich. Es macht halt auch einfach Spaß, sich ohne ernst zu nehmende Gegenwehr durch das Fußvolk zu schnetzeln und die kleinen Männlein in Dutzdenden zu Boden gehen zu sehen. An einigen Stellen im Spiel muss man zudem noch Gebäudeteile einreissen oder Gegner durch Kopfabreissen besiegen. Dazu muss man das Ziel wieder markieren, darauf zufliegen und sich durch Druck auf die Vierecktaste dort festkrallen. Durch rhytmisches Hoch und Runterbewegen des Controllers kommt man so zum Erfolg - was für meinen Geschmack allerdings eine Spur zu lange dauert.
Wirkliche Bossgegner gibt es nur wenige und taktisches Vorgehen ist dort meist nicht von Nöten. Sie sehen zwar durchaus beeindruckend aus, aber man hätte gerade dort auch etwas Einfallsreichtum erwarten können. So sind die Bossfights zwar optisch ansprechend gestaltet, setzen spielerisch aber keine großen Akzente. Die Gegnervielfalt und das -design bietet eigentlich alles, was man von so einem Titel erwartet: Es gibt verschiedene Drachenarten, die von der Ferne allerdings recht ähnlich aussehen, es gibt Tauren, Rhinozerosse (ist das der korrekte Plural?), turmhohe Warbeasts, Kampfschiffe, Geschütztürme, Insekten, Fußsoldaten....man setzt zwar keine neuen Standards, das Gebotene reicht aber locker aus, um genügend Abwechslung zu bieten.
In den Extras hat man die Möglichkeit, sich verschiedene Konzeptzeichnungen der Kreaturen, Gebäude und Menschen anzusehen. Vom stilistischen und designtechnischen Standpunkt finde ich Lair ziemlich gelungen, aber das ist ja wie immer eine Geschmacksfrage. Wer schon den Stil und die Farbgebung der im Netz kursierenden Bilder nicht mochte, der wird dem Spiel nicht so viel abgewinnen können, auch wenn Lair sicherlich mehr bietet als nur Brauntöne, wie es so spotthaft von einigen Leuten heisst.
III. Was lange währt wird endlich...? / Ein fader Nachgeschmack
Doch kommen wir nun zum Schluss und der wichtigesten Bewertung, dem Spielspass. Wie gesagt- der Titel verlangt schon etwas an Einarbeitungszeit und man muss sich durch die anfängliche Verwirrung regelrecht durchkämpfen. Danach macht Lair aber durchaus eine Menge Spaß und die Spielmechanik funktioniert tadellos. Sicherlich ist der Titel recht kurz geraten und der Schwierigkeitsgrad hält sich für geübtere Spieler in Grenzen (Lair ist dann doch recht leicht). Die Steuerung mit dem Sixaxis Controller bereitet nicht nur keine Probleme, sondern verleiht dem Titel wirklich ein natürliches Spielgefühl und nach einiger Zeit fühlt sich die Steuerung nicht mehr als Fremdkörper an.
Das ergibt für den Spielspass dann eine knappe
4/5
+Spielspass:
*gute Steuerung
*gute, schnelle Action mit Auflockerungselementen
*gute Gegner- und optische Vielfalt
*Grafik und akustische Untermalung sorgen für eine tolle Atmosphäre und ziehen den Spieler ins Spielgeschehen mit hinein.
-Spielspass:
*diverse kleinere Bugs
*missionstechnisch nur gehobene Kost
*es fehlt etwas an frischen Ideen
*man hätte den Titel mehr um die Sixaxis Steuerung designen sollen
Mein Fazit: Wer keine spielerische Revolution erwartet und sich durch etwas Einarbeitungszeit und einige Frustmomente nicht abschrecken lässt, der erhält einen guten, soliden Actiontitel in glänzender Verpackung. Habe ich nach den ersten Missionen noch recht deutlich auf die 70er Marke geschielt (stellenweise habe ich den Titel sogar noch etwas darunter gesehen), so geht Lair nun durchweg und mit großen Schritten auf die 80er Marke zu. Auch die ersten Missionen machen ohne die anfänglichen Hürden eine Menge Spaß.
Momentan tendiere ich dazu, Lair sogar knapp über 80% zu geben....
Auf das cw Bewertungssystem umgesetzt hiesse das dann wahrscheinlich eine
9/15
Ich hoffe, ich konnte einigermaßen objektiv über das Spiel und meine Spielerfahrung berichten und vielleicht den ein oder anderen abgeschreckten Interessenten davon überzeugen, dass Lair zwar nicht der erhoffte Überknaller geworden ist, aber ein gutes, solides Actionspiel mit einigen Macken. Wer damit leben kann, für den ist Lair sicherlich ein gutes Spiel und in diesem Kontext ist auch meine Bewertung zu sehen. Sicherlich gibt es wie bei jedem Titel eine gewisse Spanne, ich denke aber, dass alles zwischen
7-9 cw Punkten durchaus seine Daseinsberechtigung hat.