Woker Wahnsinn in der Badi Dachsen? «Rassistische» Spielkarten werden verbannt
Sie schiebt einem Schweizer China-Kartenspiel den schwarzen Peter zu: Die feministische Streikbande Schaffhausen forderte von der Badi Dachsen erfolgreich die Entfernung des angeblich rassistischen Spiels. Der Erfinder des Spiels kann den Vorwurf nicht nachvollziehen.
«Rassistisch!» So taxiert die feministische Streikbande Schaffhausen das Kartenspiel Tichu, ein asiatisch angehauchter Jass eines Schweizer Spieleerfinders. Die auf den Karten zu sehenden Abbildungen von Chinesinnen und Chinesen seien diskriminierend, meinte ein Mitglied der Streikbande – und machte auf das in der Dachsemer Badi Bachdelle ausliegende Spiel aufmerksam.
«Als ich rückmeldete, dass es rassistisch sei, sagte die Person im Service, es sei doch ein Schweizer Spiel. Als ich sagte, dass es trotzdem nicht okay sei, nahm sie es weg. Aber zwei Stunden später war es wieder dort», schrieb die Gruppe am Freitag auf ihrem Instagram-Account. Die Intervention zeigte dennoch Wirkung. Einige Stunden später konnte die Streikbande ein Update veröffentlichen: «Das Spiel wird entsorgt, danke vielmals Badi Dachsen.»
Auf den Karten sind gelb gezeichnete Chinesen in traditioneller Aufmachung zu sehen, darunter offenbar Konfuzius, Mao Zedong und der letzte chinesische Kaiser Puyi. Auch eine chinesische Entsprechung von Bube, Dame und König findet sich in den Karten – comichaft gezeichnete Figuren aus einem vergangenen China.
Rosaroter Schotte
Zur knallgelben Hautfarbe schreibt der Erfinder des Spiels: «Natürlich glaubte und glaubt niemand, dass Chinesen realiter kaisergelbe Hautfarbe haben. So wenig wie die Simpsons in Springfield. Wer aber das Gelb der Chinesen-Köpfe moniert, muss doch sehen, dass das Schweinchen-Rosa des Schotten auch keine reale Hautfarbe darstellt.» Ein Schotte (der Englischlehrer von Puyi) ist im Spiel ebenfalls enthalten.
Noch habe keine Schottin die Farbgebung von Tichu kritisiert, schreibt Urs Hostettler. «Im Übrigen auch keine Chinesin.» Der aus Bern stammende Hostettler verfasste die Regeln für das Spiel, während Res Brandenberger, ebenfalls aus Bern, für die Gestaltung verantwortlich war. Die Kartengrafik arbeite plakativ mit vier reinen Farben. «Natürlichkeit wurde nicht angestrebt.»
Ein bisschen Karikatur
Hostettler räumt ein, die Darstellungen seien «mit Verlaub auch etwas karikiert» und würden sich mitunter Stereotypen bedienen. «Doch wir streiten ab, dass das mit Rassismus etwas zu tun hat.» Man habe mit dem Kartenspiel nie jemanden beleidigen oder herabsetzen wollen. «Wenn jemand aus dem Kanton Schaffhausen das Spiel 33 Jahre nach seinem Erscheinen aus einer Badi entfernen will, finden wir das schade.»
Bei anhaltender Kritik könne man sich zwar vorstellen, die chinesischen Figuren abzuändern – etwa nach dem Vorbild von originären chinesischen Kartenbildern. «Aber ehrlich: Muss das sein? Macht das Spielen erst mit einem weisslich-hellbräunlichen Mao-Gesicht Freude?»
Aufgeklärte Badibetreiber
Laut den Pächtern der Badi Bachdelle sei man noch vor einem Austausch auf Instagram wegen des Spiels von der Streikbande Schaffhausen markiert worden, habe dann aber das Angebot erhalten, sich «über die Problematik aufklären zu lassen». Nach einem kurzen Austausch habe man sich gefunden und entschieden, das Spiel aus der Auslage zu entfernen.
Eine Beurteilung, ob die Darstellungen auf den Karten nun rassistisch oder nicht rassistisch seien, wolle man nicht abgeben. «Wir enthalten uns einer Beteiligung an politischen Diskussionen. Wir sind in erster Linie ein Badibetrieb, darauf liegt unser Fokus», so die Badibetreiber in einer schriftlichen Antwort.
Politische Zwickmühle
Natürlich ist ein politisch neutrales Verhalten in dieser Situation kaum möglich. Widersetzt man sich den Forderungen, sendet man ein politisches Signal gegen (wie ein Teil des Volksmunds vielleicht sagen würde) «woken Wahnsinn» oder stellt zumindest eine gewisse Überempfindlichkeit gegenüber künstlerischen Darstellungen fest. Ebenso verhält man sich politisch, wenn man den Forderungen nachgibt – die Tilgung dieser Inhalte akzeptiert und einen Teil des dahinterstehenden politischen Programms offenbar für gut und recht hält.
Die Gemeinde Dachsen und die für die Badi zuständige Gemeinderätin Irène Brühlmeier möchten auf Anfrage keinen Kommentar abgeben zu den nun aus der Badi verbannten Chinesen. Gleichzeitig lässt Gemeindeschreiberin Melanie Eisenring aber ausrichten, dass sich das Kartenspiel «gemäss kurzer Recherche» als unproblematisch erwiesen habe.
«Kein Kommentar»
Die Streikgruppe Schaffhausen – laut Auskunft von Juso-Co-Präsidentin Leonie Altorfer eine lose zusammengewürfelte Truppe, die nicht identisch mit den Organisatoren des Frauenstreiks ist – wollte über Instagram keine Stellung nehmen und auch nicht erklären, warum sie zu keiner Erklärung bereit ist.