Das Spiel ist auf der Prämisse Rache aufgebaut. Storyline A führt bei unvollendetem Racheakt zu Untergang und Storyline B bei vollendetem Racheakt zu Läuterung.
Wenn TLoU2 die Extrameile geht um diesen moralischen Konflikt aufzulösen, dann bin ich auf die Erklärung gespannt, was denn die Message des Spiels ist.
Dann kann ich darauf eingehen, falls es nicht zu Offtopic geht.
Dann hast du ein anderes TLOU2 gespielt als ich. Abbys Rache führt nicht zur Läuterung. Es gibt mehrere Szenen die danach überdeutlich machen, dass sie ihr Trauma nicht losgeworden ist durch die Tat, sondern eher im Gegenteil. Ihre "Belohnung" vom Schicksal ist dafür aufgehangen zu werden von den Seraphites... Sie ist komplett am Ende, und dabei rede ich noch nicht mal vom Ende des Spiels, wo sie nochmal aufgehangen wird, bevor Ellie sie findet (und massakriert und fast ertränkt).
Die Läuterung erfährt sie durch Lev. Was wiederum eine Parallele zu Joel ist, der erst durch die Liebe zu Ellie aus seinem dunklen Loch kommt. Das ist aber ja keine direkte Konsequenz aus ihrer vollzogenen Rache, sondern glücklicher Zufall. Sie lernt wieder sich einzusetzen für Menschen die sie liebt, das ist es was ihr letztendlich hilft.
Den vorrangigen Punkt den TLOU2 mit der Rachestory angeht, ist imo auch nicht bloß "Rache ist schlecht". Sondern eher, dass fast jeder fähig zu Gräueltaten oder mindestens Gedanken daran, wenn er nur schlimm genug getroffen wird. Druckmann hat mal gesagt, dass es in TLOU1 darum ging, wozu man fähig ist (im guten wie schlechten) durch Liebe. In TLOU2 geht es dagegen darum, wozu man fähig ist durch Hass. Egal wie sehr man meint, selber moralisch überlegen zu sein und sowas nie tun würde. Die Stories von Ellie und Abby zeigen doch beide, dass Hass wieder Hass erzeugt. Es ist doch dann kein Widerspruch, wenn die Stories von Joel, Ellie und Abby nicht 100% parallel verlaufen.
Druckman hat damit seine eigene Erfahrung verarbeitet. Er meinte mal, dass er nach einem Hamas-Anschlag in Israel (meine ich) selber total blutgierige Gedanken hatte, dass man "die" dafür alle töten solle. Das sind Rachegedanken, ja. Rache blöd. Kann man so sehen. Aber er hat sich so sehr über sich selbst erschrocken, so überhaupt denken zu können, dass er das mal hinterfragen und bearbeiten wollte.
Dieses Beispiel ist übrigens auch der Grund, warum ich deinem vorigen Beitrag widerspreche. Die kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Position ist ja quasi die Genese von TLOU2. Ich wüsste nicht, warum er das beim Thema Religion nicht mit Intergalactic wiederholen könnte. Er hat ja damit schon bewiesen, persönliche Themen selbstreflektiert behandeln zu können. Die Seraphites in TLOU2 sind ja auch nix anderes als eine korrumpierte Religion, was man auf jede Religion anwenden kann, auch auf seine eigene. Alleine die Unterscheidung zwischen Glaube und Religion in dem Interview sagt mir eigentlich schon, dass er differenziert genug über das Thema denken kann und wohl kaum seine eigene Religion von allgemeiner Religionskritik ausschließen würde.
Ich könnte auch noch viel mehr zu TLOU2 schreiben, aber das würde dann zu sehr ins OT gehen. So haben wir aber einen guten Bogen zum Thema Intergalactic und den Erwartungen daran hinbekommen, denke ich. Aber nur noch so viel. Bei TLOU 1 und 2 gehr es ja vor allem immer um den persönlichen Umgang einzelner Charaktere mit einem Thema (Liebe, Hass, Rache). Alleine die ganze Story um Joels Entscheidung und Lüge, sowie die Spannung daraus zwischen ihm und Ellie spielen in den gesamten Racheark mit hinein, und imo ist das im Vordergrund vor jeder "großen" Message zu Themen wie Rache, Kriegsparallelen usw... Also ich persönlich verstehe nicht, woher diese Vorwurf der Eindimensionalität kommt. Nur weil die Haltung zum Thema sehr deutlich wird, ist die Umsetzung ja nicht gleich stumpf.