Welt am Sonntag: Sie haben, bis Sie vier Jahre alt waren, nur Türkisch gesprochen, obwohl Sie mit Ihrer Familie in Gelsenkirchen lebten.
Özil: Ja. Wir reden in der Familie immer noch nur Türkisch.
Ich bin auch Türkisch erzogen worden.
Welt am Sonntag: Was bedeutet das?
Özil: In der türkischen Kultur ist es wichtig, dass du sehr höflich bist, sehr respektvoll, vor allem den Älteren gegenüber. Dazu kommt der Glaube, das Essen, viel Liebe, viel Vertrauen in die Familie.
Welt am Sonntag: Wie haben Sie den Schritt aus dieser ziemlich autarken türkischen Gesellschaft in die deutsche Gesellschaft geschafft?
Özil: Das war nicht so leicht. Ich habe keinen Kindergarten besucht, sondern war in einer Vorbereitungsschule. Das Problem da war natürlich, dass da gefühlt 99,9 Prozent Ausländer waren, und wir untereinander auch türkisch gesprochen haben. Nur mit dem Lehrer haben wir deutsch gesprochen. Auch später in der Schule waren viele Türken. Es war also gar nicht so leicht für mich, Deutsch zu lernen. Noch heute muss ich mich konzentrieren, wenn ich deutsch rede.
Welt am Sonntag: War Deutschland immer Heimat für Sie, obwohl Sie in einem Umfeld aufwuchsen, das in gewissen Weise eine „türkische Blase“ war?
Özil: Das habe ich so überhaupt nicht wahrgenommen. Es war nicht hier die ,türkische Blase‘, wie Sie sagen, und da die deutsche Umgebung. Das war eins. Für mich war Deutschland von Anfang an meine Heimat. Wenn ich im Urlaub war, bekam ich nach kurzer Zeit Heimweh nach Deutschland, nach Gelsenkirchen. Da habe ich mich wohlgefühlt und vermisse es bis heute, wenn ich nicht da bin. Aber ich komme regelmäßig dorthin zurück. Erst neulich wieder.