Fantastisch, man legt über Seiten zum Thema Chancenungleichheit die Fakten dar, die man schlichtweg nicht mehr wegleugnen kann, um dann doch wieder nur so zu tun als ginge es um Ergebnisungleichheit, als wäre der Satz "Man sollte Chancengleichheit und Ergebnisgleichheit nicht verwechseln" nur ne hohle Phrase.
Die Vorstellungen darüber was Chancengleichheit bedeutet gehen sehr stark auseinander da es sehr viele unterschiedliche Lebensrealitäten, Erfahrungen und Perspektiven auf das Leben gibt.
Wenn vermögende Eltern Wert auf die Bildung ihrer Kinder legen und diese proaktiv unterstützen haben diese es leichter, als bei Kindern aus bildungsfernen Schichten ohne Mittel. Da gehe ich gerne mit.
Nichtsdestotrotz ist für jeden Bürger unabhängig von Herkunft und finanzieller Lage nahezug möglich jedes Bildungsziel in Deutschland zu erreichen. Ich glaube du bist dir nicht im Ansatz bewusst was für ein unglaubliches Privileg ist von dem ein Großteil der Menschheit nur träumen kann.
Du kritisierst gerne an meiner Argumentation, dass ich die Zustände im globalen Süden als Vergleich und Maßstab für Chancenungleichheit heranziehe, aber das ist nun mal die Lebensrealität von Milliarden von Menschen. Ich habe einen sehr guten Eindruck davon welche Zustände in Südamerika (wo ich mal ne Weile gelebt habe) und in Indien (wo ich regelmäßig beruflich bin) herrschen.
Ich selbst komme aus einer asozialen Familie mit Migrationshintergrund aus Zentraleuropa. Meine Eltern verstanden sich nicht nur als Opfer der Gesellschaft sondern haben auch nicht im Traum daran gedacht ihren Unterhaltspflichten während meiner Studienzeit nachzukommen. Ich stand vor der Wahl Bafög einzuklagen (für diesen Fall haben meine Eltern mir mit Kontaktabbruch gedroht, weil es für sie voller Empörung überhaupt nicht in Frage kam für die Zeit meines Studiums auf einen Lebensstandard zu fallen, der nahe am Mindestlohn lag) oder mir das Studium irgendwie selber zu finanzieren. Ich hab mich letzlich für letzteres entschieden (den Kontakt habe ich übrigens Jahre später selbst abgebrochen) und habe seit dem ersten Semester, welches ich als Vollzeitstudium in Regelstudienzeit, als einer der Top-Absolventen und komplett schuldenfrei abgeschlossen habe, nebenbei 16h-20h pro Woche in Teilzeit gearbeitet. Es war sicherlich nicht einfach, das Geld war knapp und ich musste auch viele Nächte die die Kommilitonen mit Feiern verbracht haben arbeiten und/oder studieren aber es ist absolut machbar ohne dass man dafür seine Niere verkaufen muss. Heute stehe ich übrigens finanziell besser dar als der Großteil der Absolventen aus meinem Jahrgang.
Was will ich damit eigentlich zum Ausdruck bringen? Nicht was für'n geiler Typ ich bin, sondern wie zugänglich Bildung in Deutschland ist wie einfach es eigentlich ist seine Bildungsziele zu erreichen, wenn man ein bisschen Eigenverantwortung und Disziplin mitbringt. Wenn ich unter gleichen Umständen in den von mir aufgeführten Ländern/Regionen (also die eigentliche Lebensrealität der Menschheit und nicht die unserer kleinen privilegierten Bubble in Westeuropa und Teilen Nordamerikas) aufgewachsen wäre, wäre der Weg den ich bestritten habe nicht im Ansatz möglich, einfach deshalb weil es dort diese Möglichkeiten nicht gibt.
Die Diskussion über Chancen innerhalb Deutschlands ist aus meiner Sicht daher, insbesondere im globalen Kontext, eine Diskussion die einen derart winzigen Korridor von Chancenungleichheit behandelt, dass dieser
a) vernachlässigbar ist und
b) kaum noch unter verhältnismäßigen Einsatz von Ressourcen optimiert werden kann
Vielleicht irre ich mich aber auch bei Punkt b)
Ich würde es begrüßen wenn du mal konkrete Maßnahmen beschreibst die aus deiner Sicht diesen Missstand beheben.