LAAAAAAAAAANGES INTERVIEW
ANGST HAT EIN GESICHT
Auf der aktuellen Ausgabe des britischen Empire-Magazins ziert nicht nur der Joker das Titelbild, sondern wird auch von einem umfangreichen Artikel begleitet. Hier die deutsche Übersetzung:
In einem leer stehendem Bürokomplex auf der West Side der LaSalle Street in Chicago. Hier findet man die vorübergehende Produktionsbasis für einen Film, der uns laut Presse-Ausweis glauben machen will, dass er Rorys First Kiss genannt wird, aber jeder weiß, dass es in Wirklichkeit um The Dark Knight geht. Empire wird in einen hohen, mit Holz getäfelten Raum geführt. Diese Art Raum, in der man die Vorstellung hat, sehr wichtige Personen in Polyester gekleidete hätten hier in den 70ern wichtige Entscheidungen getroffen. Per Live-Übertragung sehen wir Regisseur Christopher Nolan bei der Arbeit auf der Straße gegenüber. Aber die Produzenten haben für uns noch etwas ganz Besonderes arrangiert.
In einem kleinen fensterlosen Raum befinden sich Kostüme. In einer Ecke hängt der neue Batsuit in einem robusten Metall-Rahmen von der Decke. In matten Schwarz vermascht, und mit einer unnachgiebigen Panzerung aus Hart-Plastik versehen, ist es dem grimmigen Verbrechensbekämpfer erstmalig möglich, seinen Kopf zu drehen. Eindrucksvoll. Aber in der linken Ecke steht eine kopflose Schaufensterpuppe, die uns weitaus mehr begeistert. Eine schäbige, abgetragene Aufmachung, eine grüne Weste über einem grauen Hemd, mit einem dunkelgrünen Schlips am Kragen. Lila Hosen und ein langer, kantiger Mantel darüber. Komplettiert wird das Outfit mit einem Paar lila Handschuhe und einer silbernen Kette, die von einem Gürtel hängt. Es sieht teilweise nach Vivienne Westwood, teils Alexander McQueen, teils Second-Hand-Schund aus. Und es ist vollkommen der Joker.
Natürlich nicht wirklich vollkommen. Heath Ledger, der das Kostüm auf der Leinwand tragen wird, begrüßt Empire leider ohne sein verwüstetes, Psycho-Clown Make-Up. Ledgers unruhige Körpersprache und sein Hang zum Murmeln lassen die Nervosität vermuten, die man von jemand erwartet, der solch eine Ikone darstellen soll. Aber jeder der an diesem Tag mit Empire sprach, angefangen von Nolan bis hin zu Michael Caine, beschreibt Ledger als furchtlos.
Oh, ich hab mich definitiv davor gefürchtet gesteht Ledger Empire mit einem halbentschuldigenden Lächeln. Aber ich glaube, alles was mir Angst macht, reizt mich gleichzeitig. Ich weiß nicht ob ich furchtlos war, aber ich musste sicherlich eine tapfere Mine aufsetzen und daran glauben, etwas in der Hinterhand zu haben. Etwas anderes...
Christopher Nolan macht schnell klar, dass er ursprünglich nach Batman Begins keine Lust auf eine Fortsetzung hatte. Aber während er seinen nächsten Film The Prestige drehte, ist etwas Überraschendes passiert: Nolan erwischte sich selbst dabei, wie er die letzte Szene aus Batman Begins in seinem Kopf durchspielte. Der Moment, wenn der gute Polizist Jim Gordon (Gary Oldman) über einen Verbrecher mit dem Hang zur Theatralik spricht und Batman (Christian Bale) eine Spielkarte überreicht, auf deren Rückseite sich das grinsende Gesicht des Jokers befand. Daraufhin wollte Nolan die Fortsetzung drehen um den Joker auf seine Art zu sehen.
Das Ende von Batman Begins war eigentlich nicht wirklich auf eine Fortsetzung ausgelegt, gesteht Nolan, sondern um ein aufregendes Finale zu inszenieren. Letztendlich kam es zu einer Fortsetzung, weil wir den Joker in dieser Welt sehen wollten, die wir im ersten Film aufgebaut hatten.
Und wie sieht der Joker in dieser Welt aus? Unbeschreiblich, wirklich. Ich will der Antwort damit nicht ausweichen aber es ist recht schwierig ihn zu beschreiben. Aber ich kann sagen, dass Heath alles dafür getan hat die Figur so verinnerlicht hat wie ich ihn aus einer psychologischen Sichtweise erhofft hatte. Er hat wirklich etwas erschaffen, von dem ich denke dass es ganz schön Furcht einflößend sein wird.
Während unserer Zeit am Set von The Dark Knight konnte uns niemand genau beschreiben, wie der Joker im Film dargestellt wird. Eine Eröffnungssequenz soll etwas von der mysteriösen Herkunft des Schurken erzählen (verschiedene Versionen, welche es über die Jahre in den Comics gab). Diese wird zum US-Start von I Am Legend gezeigt und wahrscheinlich auch in England, wenn der Film im Januar startet. Auch Ledger witzelt, Ich glaube, dass ich einem Attentat zum Opfer falle, wenn ich euch etwas Falsches erzähle. Auf die Frage, wie viel wir von dem Mann der zum Joker wurde zu sehen bekommen, meint er, Die meisten Bösewichter in Chris Nolans Batman-Filme sind normale Menschen oder waren zumundest mal welche.
Ledger wird auch nicht Müde zu erzählen, wie er sich in den Joker verwandelte. Es war eine Kombination aus Lesen von Drehbuch-relevanten Comics und anschließend die Augen zu schließen um darüber zu meditieren. Ich saß für einen Monat in einem Hotelzimmer in London, in dem ich mich selbst eingeschlossen hatte, ein kleines Tagebuch erstellte und mit der Stimme experimentierte. Es war wichtig eine ikonische Stimme und ein Lachen zu bestimmen. Letztendlich fand ich mich in dem Reich eines Psychopaten wieder. Jemanden der mit keinen Konsequenzen seiner Taten rechnet. Er ist einfach ein absoluter Soziopath, ein kaltblütiger, massenmordender Clown. Und Chris lies mir freien Lauf. Was wirklich Spaß macht, weil es keine Grenzen gibt was der Joker sagen würde oder eben nicht sagen würde. Ihn schüchtert nichts ein und alles ist nur ein riesen Witz für ihn.
Ich glaube, dass wir alle so was in uns haben. Es ist in etwa so, als wenn man rohes Fleisch frisst. Was dann mit deinen Mund und deinen Augen passiert, diese kleinen visuellen Dinge. Keine Ahnung ich glaube, der Rest liegt im Vertrauen auf die Nachforschungen zur Figur.
Es gibt schon einen bestimmten Grund warum Ledger der nie zuvor einen Bösewicht gespielt hat als mutig bezeichnet wird, diese Rolle angenommen zu haben. Und niemand bringt es so auf den Punkt wie Michael Caine.
Wenn ich ein Produzent wäre, dann würde ich denken: Moment einmal, wir drehen einen Film über den Joker, sagt der 74jährige Schauspieler. Nun, wir hatten bereits Jack Nicholson, der einen der besten Joker und einen der großartigsten Charaktere in dieser Art von Film gespielt hat. Ich habe bereits mit Jack zusammen gearbeitet und ich kenne ihn wirklich gut. Man will Jack in nichts folgen. Außer es ist ein Nachtclub.
Für Nolan gab es keinen Grund Jack irgendwohin zu folgen. Überhaupt nicht, um ehrlich zu sein, sagt er. Und das war uns bei der Entscheidung diesen Film zu drehen auch sehr wichtig. Schon von der Story her wusste ich, dass diese Figur völlig anders sein wird. Und es brauchte immer eine furchtlose Leistung von jemand, der keine Angst davor hatte sich in seiner eigenen Interpretation zu bewegen.
Heath Ledger hat mich einfach verblüfft, setzt Caine fort. Jack spielte den Clown wie einen netten garstigen Onkel. Heath spielt ihn als absolut durchgedrehten, mordenden Psychopathen. So was haben Sie bisher noch nicht gesehen. Er ist wirklich sehr, sehr erschreckend. Ich tauchte alle paar Monate auf dem Set auf und ging dann wieder nach London zurück. Dann drehten wir eine Szene, in der Batman und ich uns ein Video ansehen, welches uns der Joker zusendete um uns zu drohen. Ich hab ihn nie zuvor gesehen und als er auf dem Bildschirm erschien, vergass ich im ersten Moment meinen Text. Es war so verblüffend, so außergewöhnlich. Warten Sie, bis Sie es gesehen haben. Es ist einfach unglaublich.
Fans der Comics werden bemerken, dass das was wir zu sehen bekommen, dem Joker der ersten Ausgaben recht nahe kommt die pure, kaltherzige soziapathische Version und die neueren Versionen von ihm, die ihn als tiefkranken Menschen zeigen. Es ist nicht der Clown-Prinz des Verbrechens, wie der harmlose, Banken-ausraubenden Joker der 60er Jahre, dem sich auch der Jack-Joker in den Burton-Filmen anschloß.
Tatsächlich zeigt das Kostüm, welches Empire eingangs präsentiert wurde, einige Unterschiede zwischen Ledgers und Nicholsons Joker auf. Er ist bestimmt kein eleganter, geleckter Gentleman in diesem Film, sagt Kostümdesignerin Lindy Hemming. Was immer auch mit ihm nicht stimmt, es bedeutet, dass er sich kein bisschen um sich selbst kümmert. Wir haben versucht ihn aussehen zu lassen wie einen... ich möchte nicht sagen... Landstreicher, aber sein Look in diesem Film ist um einiges punkiger, anarchischer. Heruntergekommen, dreckiger und auch wenn man ihn in Bewegung sieht, ist er etwas zackiger und hibbeliger. Er trägt noch nicht mal Clown-Make-Up oder dergleichen. Er ist einfach jemand, der seine Naben an seinem Mund übertrieben betonen möchte, ergänzt Hemming.
Was der Regisseur geschafft hat, sagt Caine, und was auch ein guter Schachzug war, ist, dass sich der Joker nicht mehr um sein Make-Up kümmert und es auf der Haut verfaulen lässt. Es wird nicht von ihm aufgefrischt. Er hat einen großen, weiten Mund und es sieht so aus, als würde er an einer schlimmen, fortschreitenden Hautkrankheit leiden.
Ein Widersacher ist natürlich nichts ohne seinen Herausforderer. Und wir sollten auch nicht vergessen, dass es ohne Batman keinen Joker gäbe. Nachdem schon Nicholson in Burtons Batman Michael Keaton die Show stahl, könnte man es Christian Bale verzeihen, wenn er dieselben Sorgen bei Ledger hätte.
Darum mach ich mir keine Gedanken, meint Bale. Das war genau das Problem welches ich mit den anderen Filmen hatte. Nachdem ich Frank Millers Batman: Year One und andere Graphic Novells gelesen hatte, sah ich mir die Filme an und dachte, Wie kommt es eigentlich, dass Batman die langweiligste Figur ist? Da fand ich ihn überhaupt nicht faszinierend. Die Comics hingegen behandeln ihn als die weitaus faszinierendere Figur. Ich denke, dass haben wir mit Batman Begins auch geschafft. Jetzt haben wir aus ihm eine Figur mit Substanz gemacht. Ich habe kein Problem damit, ihn mit jemand konkurrieren zu lassen. Und das führt auch zu besseren Entertainment und einen besseren Film, was großartig ist.
Ich hab nichts dagegen, wenn sich jemand unbedingt ins Bild drängeln will, meint Bale grinsend.
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OH MAN, ich glaube Heath könnte dafür mindestens eine Oscar-Nominierung bekommen.