Silverhawk
L15: Wise
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Bitte gib mir ein Beispiel für eine wahrhaft selbstlose Handlung. Meiner Meinung nach gibt es diese nicht, da man mit jeder Handlung zuerst an sich selbst denkt.
Kennst du die Geschichte vom Zen-Meister und den Äpfeln?
Ein Zen-Meister bat ein paar seiner Schüler ihm etwas über Äpfel beizubringen.
Ein paar Schüler fingen sofort an alles über Äpfel zu erzählen was sie wussten.
Die verschiedenen Sorten, wie man am besten Apfelbäume pflanzt usw...
Ein Schüler jedoch nahm einen Apfel, schnitt ihn in kleine Stücke und schob dem Meister ein Stück einfach in den Mund...
Ich will nun nicht sagen, dass ich der Zen-Meister bin und du mein Schüler.
Verstehst du aber was du da verlangst?
Wie soll ich dir etwas darüber erzählen, wie soll ich dir Beispiele nennen?
Ich kann natürlich sagen:
Vor kurzem habe ich das und das getan und das war absolut selbstlos.
Was für eine Bedeutung hätte das?
Weisst du dann was selbstlos ist?
Woran willst du erkennen ob es wirklich so war oder nicht?
Man kann also nicht erklären welches Verhalten selbstlos ist und welches nicht.
Alles was man tun kann ist sich seines eigenen Verhaltens bewusst sein und zu verstehen zu versuchen warum man so handelt wie man handelt.
Vielleicht entdeckt man dann ein Handeln, dass ohne Selbst ist, ohne auch nur einen Schatten von Eigennutz.
Vielleicht...
Warum denkst du, dass hier das Aktion-Reaktions Prinzip durchbrochen wäre? Ein selbtloses Handeln ist genauso wie ein eigennütziges Handeln eine Reaktion auf eine Ursache. Wird also innerhalb des Systems etwas verändert kann es auch trotz des Aktion-Reaktions Prinzip zu einer selbstlosen Handlung kommen.
Ok, moment.
Vielleicht ist es eine Reaktion.
Aber woher kommt die Reaktion?
Bisher ist mein handeln vom Selbst bestimmt, von meinen eigenen Motiven und Wünschen.
Ich handle so, dass es für mich den geringsten Nachteil ergibt.
Wenn ich mit einer Situation konfrontiert werde, was passiert dann?
Der Verstand fängt sofort an zu arbeiten, er sucht nach einer Lösung.
Er durchforstet sein Wissen um ein adäquates Verhalten hervor zu bringen.
Hin und wieder ist das auch nützlich, in der Technik z.B.
In anderen Situationen jedoch ist es höchst gefährlich.
Problem ist, dass ein Handeln, dass dem Denken entspringt immer fragmentarisch ist.
Einfach deshalb, weil das Denken selbst begrenzt ist.
Ich werde also mit etwas konfrontiert und der Verstand arbeitet sofort und automatisch an einer Lösung.
Aktion-Reaktion.
Was wäre, wenn der Verstand nicht arbeiten würde?
Wenn ich mit einer Situation konfrontiert werde und sich kein Gedanke regt?
Was für eine Art Handeln sollte das sein, dass nicht automatisch abläuft? Vielleicht liegt hier nur ein kleines Verständnisproblem zwischen uns vor.
Ja, dass ist durchaus möglich.
Ich kann dir nicht beantworten, was für ein Handeln das ist.
Mit "automatisch" meine ich einfach, ein Handeln, dass vom Denken bestimmt wird, von der Erfahrung.
Ein Problem tritt auf und der Automatismus des Denkens beginnt.
Vielleicht tritt etwas anderes ein, wenn das Denken nicht beginnt.
Vielleicht ist dieses etwas immer noch automatisch, aber es ist nicht das Denken.
Die Personen ohne Ich-Illusion sagen dazu, dass solche Themen nur für jemanden mit Ich-Glauben von Bedeutung sind. Für sie ist alles so wie es sein soll, schlicht auch deshalb weil es keine Instanz gibt die diese Situation bewirkt hätte oder verändern könnte. Ein wenig schwer vorzustellen für uns, aber da stimmen sie alle überrein.
Vielleicht ist es so, vielleicht nicht.
Entschuldige, aber es interessiert mich nicht, was die anderen sagen.
Vielleicht haben sie Recht aber vielleicht auch nicht.
Ich will das selbst heraus finden.
Ich kann nur nicht akzeptieren, dass diese grauenhaften Zustände, die auf der Welt herrschen, mich nichts angehen sollen.
Immerhin habe ich zu ihrer Entstehung beigetragen.
Ich kann vielleicht nichts dagegen tun, dass zwei Länder Krieg führen, aber ich kann mich auf jeder Ebene diesem Prozess entziehen und so dafür sorgen, dass ich nicht länger zu dem alten Zustand meinen Beitrag leiste.
Das ist nun leichter gesagt als getan, denn immerhin werden alle Menschen auf der Welt behaupten, dass sie nichts dafür können.
Wenn das so wäre, würden solche Zustände gar nicht erst auftreten.
Hmm interessant. Ich bin nach wie vor fest davon überzeugt, dass (egal ob mit oder ohne Ich-Eindruck) der menschliche Organismus immer nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist, sprich er will gute Gefühle. Dies lässt sich oft natürlich nicht so leicht erkennen. Vielleicht können wir das hier auch klären, wenn du mir oben ein Beispiel für selbstloses Handeln nennen kannst.
Ich bin auch davon überzeugt, dass wir immer (oder zumindest fast immer) nur unseren eigenen Vorteil im Sinn haben.
Bewusst oder unbewusst.
Ich frage nur:
Muss das so sein?
Wenn man über die Ich-Losigkeit spricht, dann bewegt man sich immer auf einem schmalen Grad hin zum Paradoxen. Wenn du sagst, "Wir können aber Vorkehrungen treffen" muss ich natürlich fragen, wer diese Vorkehrungen denn treffen soll?
Ich will damit nur sagen, dass es eben nicht möglich ist, etwas zu tun um den Ich-Eindruck wegzubekommen. Das muss sich alles von allein entwickeln oder eben nicht.
Ja, natürlich.
"Ich" kann nichts dagegen tun.
"Ich" kann "Mich" nicht ablegen.
Jedoch (und hier wird es sprachlich schwierig), "Ich" kann erkennen wie verworren mein Leben ist.
Ich benutze das Wort "Ich" nur zur Verständigung.
Es bin nicht "Ich" im klassischen Sinne der es erkennt, jedoch gibt es eine Art von Wahrnehmung, die kein Ich kennt, sich aber sämtlicher Vorgänge innerhalb und außerhalb bewusst werden kann.
Ich kann also gar nichts tun.
Was passiert aber, wenn ich erkenne, dass ich wirklich nichts tun kann?
Dann höre ich doch wohl auf, etwas zu tun, oder?
Das Ich, das selbst, das Denken wird inaktiv.
Da ist niemand, der es inaktiv macht, niemand der einen Schalter umlegt, es passiert einfach.
Und dann?
Was ist dann?
Ich beschäftige mich schon länger mit diesem Thema und habe auch schon mit jemanden gesprochen, der behauptet desillusioniert (so bezeichnen einige den Wegfall des Ich-Eindrucks) zu sein. Es gibt wirklich mittlerweile schon einige Menschen die auch mit ihren Erfahrungen an die Öffentlichkeit treten und die berichten alle das selbe. Deshalb denke ich, man sollte sich unbedingt auch mit deren Aussagen beschäftigen, bevor man versucht dieses Thema alleine zu klären.[/QUOTE]
Ich kenne solche Aussagen von vielen Menschen, viele Bücher usw.
Ich möchte sie trotzdem beiseite lassen, wenn es geht.
Woher weiss ich, dass diese Menschen die Wahrheit sagen?
Vielleicht lügen sie oder sie glauben was sie sagen, irren sich aber trotzdem.
Egal wie es ist, am Ende stehe ich immer allein da und muss es selbst herausfinden.
Desillusionierte berichten davon, dass ihr Denken eben genau keinen Punkt hat. Gedanken tauchen in "ihrem" Bewusstsein auf und verschwinden wieder. Menschen mit dem Ich-Gedanken, klammern sich dagegen oft an Gedanken und haben diesen Kern.
Natürlich.
Die Frage ist aber nicht, ob andere Menschen es tun oder nicht, sondern ob du und ich es tun oder nicht

Ich sehe das so:
Der Ablauf Aktion-Reaktion ist ein fundamentales Gesetz in der Welt. Ein ankommender Reiz wird von den Sinnesorganen empfangen und zum Gehirn weitergeleitet. Dieser bearbeitet ihn und löst eine passende Reaktion aus, entsprechend seines genetischen Aufbaus, seiner Konditionierung und der zusätzlichen äußeren Eindrücke. Ob nun der Eindruck vorhanden ist, dass "Ich" dies tue oder nicht, ändert nichts an diesem Ablauf. Es kann aber sehr wohl etwas an der Reaktion ändern. Denn immerhin ist der Wegfall des Ich-Eindrucks ja eine Veränderung des Systems, sprich der Konditionierung.
Das Gehirn empfängt eine Reiz mittels der Sinnesorgane.
Es interpretiert ihn, es reagiert auf ihn mittels dem, was es gelernt hat (heute und in den Millionen Jahren vorher), mittels seiner Konditionierung, seines Erbgutes.
Welches Handeln entspringt solch einer Reaktion?
Was ist, wenn das Gehirn den Reiz empfängt, aber die Konditionierung hinter sich gelassen hat?
Es reagiert, gut.
Aber wie?
Vielleicht ist es dann auch in einem Zustand, indem es nicht reagiert, indem es den Reiz nur betrachtet?
Gut, du kannst das auch Reaktion nennen.
Wir müssen uns nicht um Worte streiten.
Aber diese Art der Reizverarbeitung unterscheidet sich grundlegend von der vorherigen.
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