Die aus heutiger Sicht mangelnde Leistungsfähigkeit der Wii war von Anfang an ihr - aus Spielersicht - größter Fehler und wird so langsam immer schwerwiegender und offensichtlicher.
Ich rede hier keinesfalls von der Auflösung, denn eine Erhöhung selbiger alleine würde keinen wirklichen Gewinn bringen. Ich rede von der Leistungsfähigkeit und deren Möglichkeit und Notwendigkeit eben doch Auswirkungen auf das Gameplay und die Weiterentwicklung des selbigen zu haben. Zwar hat die Fortentwicklung der Industrie in den vergangenen Jahren gezeigt, dass eine Erhöhung der Leistungsfähigkeit alleine nicht mehr ausreicht, um genügend - auch spielerischen - Fortschritt zu liefern, auch, wenn dies jahrzehntelang funktioniert hat; allerdings scheint sich nun zu zeigen, dass ein gewisser, gesunder technischer Fortschritt in nicht allzu großen Intervallen noch immer ebenso unabdingbar ist wie die strikte Weiterentwicklung in anderen Bereichen wie dem Interface bzw. der Möglichkeiten der Interaktion des Menschen mit der Maschine.
Diesen Gedanken möchte ich jetzt genauer ausführen.
Am Anfang dieser Generation war die Bewegungssteuerung etwas völlig neues, man träumte von ungeahnten Möglichkeiten, ganz wie zu Anfang der Videospielindustrie, zu der man auch in alles Mögliche immense Erwartungen steckte, sofort von "realitätsnahen Spielewelten" träumte - diese Euphorie verflog dann aber doch recht schnell und wich der Realität der - gegenüber der Erwartungshaltung divergierenden - langsamen Entwicklung in der wir uns heute noch - Jahrzehnte später - befinden.
Als Analogie dazu erwies sich die anfängliche Bewegungssteuerung nicht als leistungsfähig genug, um die Träume zu erfüllen, die sich tausende Entwickler und Spieler zuvor vorgestellt hatten. Nintendo selbst konnte sich schon länger vor dem Start mit dieser "Tatsache" auseinandersetzen und konnte sich bewusst sein, dass noch Jahre der technischen Entwicklung ins Land ziehen würden, bis die Träume erfüllt werden könnten. Entsprechend entwickelte man simplere Spielkonzepte, die doch recht erstaunliche Tiefe aufwiesen und mit der Technologie erstaunlich gut funktionierten. So kam dann Wii Sports zu Stande und wurde zum erfolgreichsten Videospiel aller Zeiten.
Doch dann folgte ein tiefes, tiefes Loch. Alle anderen Entwickler hatten Spielkonzepte in geträumter Form im Kopf, nur um festzustellen, dass diese so nicht funktionieren könnten und würden, Projekte wurden aufgegeben, umgebaut oder kamen qualitativ schlecht als Produkt einer gewissen entwicklerseitigen Resignation auf den Markt, die sich damals keiner eingestehen wollte. Man siehe beispielsweise auch Red Steel. Euphorisch geträumt, spannende Schwertkämpfe erhofft - und maßlos enttäuscht (auch, wenn ich Red Steel im Shooterpart einige Qualitäten zuspreche). Die Konzepte waren da, die Realisierung erwies sich als schwierig. Als man dann zunehmend Probleme mit der Steuerung und der damit verbundenen Realisierung der visionäreren Konzepte bekam und mit aller Macht Wii-Entwickler-Ressourcen in deren Entwicklung quetschte während man verunsichert auch noch umso mehr Entwickler an HD-Projekten arbeiten ließ, begann auch die technische Seite zu leiden. Das war besonders deshalb fatal, da die Wii sowieso schon technisch schwächer war und somit eine weitgehende Ausreizung der beschränkten Ressourcen umso wichtiger gewesen wäre. Stattdessen verwendete man veraltete Engines oder gar nur Ports von veralteten Engines für eine schwächere Konsole.
Trotz allem feierte die Wii dank Nintendos angepassten Spielkonzepten aber maßlose Erfolge, wurde regelrecht zum Verkaufsschlager, während wir Konsumente irgendwie begannen, in der Spielewüste zu vertrockenen. Die Dritthersteller versuchten nun nach missglückten Last-Gen-Ports und heruntergeschraubten, verbuggten Next-Gen-Ports Nintendo zu kopieren und lagerten ihre Entwickler-Ressourcen auf Gelegenheitsspiele nach Nintendovorbild um. Den entsprechenden Entwicklern wurde dabei aber offensichtlich nicht die dahintersteckende Grundidee vermittelt und somit endete das Ganze meist im Qualitätsfiasko, zumal man noch mehr verunsichert noch mehr Ressourcen in die HD-Entwicklung steckte und selbst seltene Wii HC-Projekte eher unter "ferner liefen" abwickelte.
Diese Entwicklung im Wii-Bereich gepaart mit dem mangelnden Erfolg der HD-Konsolen und den verhältnismäßig hohen Investitionskosten führte übrigens zur wenig verheisungsvollen Situation der Industrie im momentanen Stadium. Häufig sinkende Verkaufszahlen bei allen Konsolen, oft sogar im Softwarebereich, führten zu schlimmen Bilanzen, die Finanzkrise machte das ganze Dilemma problematischer.
Und wir Wii-Spieler? Wir spielten, nachdem Wii Sports auch in geselliger Multiplayerrunde "ausgespielt" war, die Nintendo-Kracher für den Vielspieler.
The Legend of Zelda: The Twilight Princess, Mario Kart, Super Mario Galaxy, Metroid Prime 3 und Super Smash Bros. Brawl. füllten leere Minuten zusammen mit den wenigen, gelungenen Ports à la Resident Evil 4 oder mit Virtual-Console-Spielchen - obwohl man die Spiele an sich schon kannte. Auf Dritthersteller war bis auf ganz wenige Ausnahmen bis dahin und darüber hinaus eigentlich fast nie Verlass.
Wirft man aber nun eine Blick auf diese "1st-Party-Kracher" und fragt sich, welche wirklich dauerhaft von der neuen Steuerung profitiert haben, so fallen Zelda, Mario Kart und Smash Brothers schonmal komplett durch, während allein Metroid wirklich überzeugen konnte und Super Mario Galaxy zumindest in Teilen gut profitierte. Es stellt sich also heraus, dass die besten und meistgehypten Titel der Wii (siehe jetzt auch Monster Hunter 3) zum Großteil gar nicht von der Steuerung profitierten - wie wichtig kann dann die neue Steuerung für die Wii und uns Spieler überhaupt sein? Ist es dann nicht möglich, dass wir selbst fälschlicherweise von einer deutlich größeren als tatsächlich gegebenen Wichtigkeit ausgingen und ausgehen?
Und genau da beginnt das Problem. Es machte sich bei den Kerntiteln schnell wieder Ideenlosigkeit breit. Nachdem die oberflächliche Steuerungsnutzung bereits implementiert war, war man für die nächste Softwaregeneration doch wieder auf das "höher, weiter, länger" Prinzip angewiesen, um irgendetwas neues zu bieten - doch das fällt ohne genug technisches Steigerungspotenzial und der kompletten Ermangelung modernerer Features wie einem Betriebssystem, das den Namen verdient hat, oder einem Onlinesystem mit Hand und Fuß, natürlich entsprechend schwer.
Klar, zunächst schien die zweite Softwaregeneration insbesondere der Dritthersteller endlich verheißungsvoller zu werden, die Beiträge in den Communityforen wurden optimistischer. Am Ende erhielt man gerade von kleineren Studios nette Titel, hauptsächlich gar im Downloadbereich (Lost Winds, World of Goo). Doch größere "Hoffnungstitel" und "Geheimtipps" wie Little Kings Story wiederum ließen eine weitreichende Nutzung der neuen Steuerungsmöglichkeiten vermissen, Ego-Shooter die sich in Punkto Steuerung an Metroid Prime 3 orientierten waren einfach qualitativ ansonsten kaum ambitioniert (The Conduit u.a.) und lediglich der bereits angedeutete Geschicklichkeits- und Puzzlezweig bot Neues (Boom Blox, World of Goo, Kororinpa etc.), konnte aber logischerweise auf Dauer nicht genügend Spielspaß liefern.
So war diese Softwarewelle also auch schnell "verspielt" und so ganz zufrieden schien noch keiner zu sein, erhoffte man sich doch von der diesjährigen (aber auch schon von der letztjährigen) E3 endlich frische Impulse, gar die "spielerische Wende", vom Großmeister selbst, also von Nintendo und seinen Schergen. Nach einem Fehlschlag im Jahr 2008 erhielt man dann 2009 schließlich ein neuerliches Dreierpaket aus Zelda, Metroid und Mario. Gerade am Beispiel Super Mario Galaxy 2 (zudem man eben bisher am meisten gesehen hat und am meisten weiß) wird deutlich, dass wir auch von dieser Welle keinen wahren spielerischen Fortschritt (mehr) zu erwarten haben, nichtmal das Prinzip schneller, größer, weiter kann wieder angewandt werden, da man technisch keinen bzw. kaum einen Spielraum mehr hat. Stattdessen handelt es sich wahrhaftig eher um einen "Aufguss" wie er auch ohne Hardware"revolution" ohne Probleme möglich gewesen wäre.
Man kann also durchaus die These aufstellen, dass die Wii zwar anfangs schien, den Ausweg aus einer Sackgasse zu weisen, selbst aber mit Hochgeschwindigkeit in eine eigene hineingerast ist, da man vergessen hat, den neuen Lösungsansatz mit den alten Ansätzen zu verbinden und mit diesen abzustimmen, sondern nur auf den neuen Ansatz alleine gesetzt hat.
Das Ergebnis dessen hat sich für uns Spieler schon länger bemerkbar gemacht, doch so langsam zeigen sich sogar erste ökonomische Fehlentwicklungen. Der Heimkonsolenmarkt besonders in Asien scheint nämlich wieder zu schrumpfen oder zumindest nicht mehr so schnell zu wachsen zu beginnen, erst Recht im Softwarebereich - genau dieser ökonomischen Entwicklung wollte Nintendo aber von Anfang an und in allererster Linie mit der Wii entgegenwirken. Selbst der Handheldmarkt, in dem von Nintendo wenigstens ein gewisser technischer Fortschritt gewahrt wurde, beginnt nun schon wieder dank (zu langer?) technischer und spielerischer Stagnation zumindest in Softwarehinsicht anscheinend zu schrumpfen.
Nichtdestotrotz ist der Ausweg aus dieser Sackgasse aber klar ersichtlich - Nintendo benötigt endlich den Fortschritt, sowohl grafisch als auch bezüglich anderer moderner Technologien (Onlineplattformen, moderne Betriebssysteme, Community-Features, Vernetzung, ...). Das Problem dabei: Bis Nintendo diesen Schritt gegangen ist, wird die Konkurrenz selbst den Schritt gegangen sein, den Nintendo zuvor gegangen ist, wodurch man am Ende in der gleichen Ausgangslage ankommt - drei Konsolen mit moderner Technologie und moderner Steuerung. Nintendo hätte somit den ganzen Entwicklungsfortschritt praktisch verspielt und müsste sich auf die Zugkraft des Markennamens Wii verlassen, was aber ja - wie Sony anhand dem Play-Station-Label gezeigt hat - gründlich schiefgehen kann.
Deshalb sollte es dringend an der Zeit sein - besonders aus unserer Spielersicht - eine neuer Hardwaregeneration der Wii nachzuschieben, also eine echte Wii 2. Denn ein Wii Motion Plus wird höchstens für eine zweite, kleinere Welle sorgen, wie es sie schon zu Wii Launch gab und die Diskrepanz bezüglich dem technischen Anspruch der Steuerung und der Optik noch größer werden lassen, zumal der eigentliche "Wow-Effekt" der Bewegungssteuerung längst zu dem Zeitpunkt verspielt wurde, als sich die Kundschaft die kühnsten Softwareträume ausmalte.
Inn den 'großen' Genres ist die Gameplayentwicklung auf der Wii gleichsam längst wieder stagniert, sei es bei Ego-Shootern, Jump'n'Runs oder auch bei Adventures.
Es scheint also tatsächlich, wie anfangs behauptet, ein gewisser, gesunder technischer Fortschritt in nicht allzu großen Intervallen noch immer ebenso unabdingbar zu sein wie die strikte Weiterentwicklung in anderen Bereichen wie dem Interface bzw. der Möglichkeiten der Interaktion des Menschen mit der Maschine. Denn im jetzigen Zustand wirkt das Konzept der Wii ähnlich unvollständig und wenig fortschrittlich wie das der HD-Konsolen.