cerpin
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Neues Selbstbewusstsein - Nintendo wird keck
Der Überraschungserfolg der Wii hat bei Nintendo, dem vermeintlich Kleinen zwischen den Giganten Sony und Microsoft, das Ende der Bescheidenheit eingeläutet: Spätestens in fünf Jahren, tönt Nintendos Marketing-Chef George Harrison, wolle die Firma Marktführer Sony einholen.
Bescheidenheit war gestern im Hause Nintendo: Keine Spielekonsole findet derzeit so reißenden Absatz wie die Wii. Sie konkurriert mit Sonys PS3 und Microsofts xBox 360, und eigentlich erwarteten die meisten Branchenbeobachter im Vorfeld eine Wiederholung der Geschichte des Gamecube, der sich an PS2 und Xbox messen lassen musste. Im direkten Vergleich der technischen Potenzen standen Nintendos Produkte in den letzten Jahren oft etwas schwächer da als die Konkurrenz. Wenn die Japaner punkteten, dann mit originellen Spielideen und viel Spaß.
Das aber scheint genau das Rezept zu sein, das nun zum Erfolg führt: Immer mehr Kunden entscheiden sich statt für Sonys oder Microsofts Boliden für die Nintendo-Produkte. Bei der Wii ist es vor allem das Konzept, den Spieler mit einem bewegungssensitiven Controller wedelnd, fuchtelnd und in der Luft stochernd in Bewegung zu versetzen. Während Sony- und Microsoft-Spieler meist in Gemüsehaltung vor dem Bildschirm hocken, kommen Wii-Spieler ins Schwitzen.
Und das macht offenbar nicht nur den Spielern Spaß, sondern auch Nintendo selbst: Vorbei die Zeiten, als man dort den Ball flach hielt. Bis spätestens 2012 werde Nintendo in den USA rund 35 Millionen Wii-Konsolen verkauft haben, glaubt George Harrison, Marketing-Chef von Nintendo America. Während Sonys Playstation 3 deutlich hinter den Erwartungen zurückfällt, hat das Unternehmen von seiner im Jahr 2000 auf den Markt gebrachten Playstation 2 inzwischen insgesamt weit über 100 Millionen verkauft. Harrison glaubt, dass ein solcher Riesenerfolg diesmal eher seinem Produkt vergönnt sein werde.
Manche Marktbeobachter schätzen die ehrgeizigen Pläne von Nintendo allerdings als übertrieben ein. "Das 35-Millionen-Ziel ist zurzeit zu optimistisch", sagte etwa Etsuko Tamura, Analystin bei der japanischen Mizuho Investors Securities in Tokio. Die Wii spreche im Gegensatz etwa zur PS3 von Sony vor allem die Wenig- und Noch-Nicht-Spieler an. "Aber der US-Markt hat eine Menge von Hardcore-Spielern."
Derzeit wird Nintendo vom Erfolg seiner neuen Konsole überrollt. "Die Nachfrage ist sehr viel größer, als wir erwartet haben", sagte Harrison. "Ein Jahr zuvor hätte niemand geglaubt, dass wir in eine solche Position kommen könnten." Seit der Markteinführung im November verkaufte Nintendo allein in den USA insgesamt 2,5 Millionen Wii- Konsolen, Marktführer Sony setzte etwa in derselben Zeit 1,3 Millionen seiner neuen Playstation 3 ab. Microsoft ist seit 2005 mit seiner Xbox 360 auf dem US-Markt und setzte dort 5,4 Millionen Einheiten ab.
Auch künftig wolle Nintendo auf Spieletitel setzen, die vor allem Einsteiger ansprechen, sagte Harrison gegenüber der Nachrichtenagentur Bloomberg. Damit gebe es für das Unternehmen aber auch wenig Gründe, seine Konsole mit leistungsfähigeren Prozessoren oder Grafik-Chips auszurüsten. "Wir erkennen, dass die technischen Leistungen der PS3 und der Xbox 360 nicht notwendigerweise den Markt beleben, wie sie es sollten."
Quelle: Spiegel Online