Allgemein finde ich es recht seltsam, daß die bereits erlassenen Ermächtigungsgesetze (und nichts anderes sind es) nicht bereits wieder ausser Kraft gesetzt wurden. Immer wieder werden mit scheinheiligen Gründen die Notstandsgesetze dieser Terror-Paranoiker verlängert oder sogar weiter verschärft. Kürzlich haben sich ja auch die gestreuten Verdächtigungen um Planungen zu weiteren Flugzeugentführungen als unrichtig erwiesen. Dabei ist diese Masche natürlich recht durchschaubar. Man hält die Bevölkerung mit gestreuten Terrorverdachten in Angst, damit weitreichende Überwachungsgesetze erlassen werden können. In den USA funktioniert das ja auch so - selbst das Postgeheimnis ist dort inzwischen gefallen.
Immer wieder wird von Seiten der Politiker von einer Demokratieverdrossenheit der Bevölkerung gesprochen. Derzeit finde ich eher, daß unter den Politikern über alle Parteigrenzen hinweg eine Erosion demokratischer Werte stattfindet, man eine Demokratieverdrossenheit wohl eher bei ihnen findet. Schäuble will Flugzeuge abschießen lassen dürfen, Zypries will die EU-weite (IMHO grundgesetzwidrige) Vorratsdatenspeicherung legalisieren, womit die Unschuldsvermutung aller EU-Bürger umgekehrt wird, also jeder Bürger als potentieller Straftäter gilt, Beckstein will mehr Videoüberwachung, alle wollen noch rigidere Polizeigesetze (die inzwischen in einigen Bundesländer sogar in Kraft getreten sind), man will bei der Polizei die Mautdaten für Ermittlungszwecke missbrauchen oder gar das Internet überwachen, europäische Flugpassagierdaten wie auch Banktransfers über SWIFT werden heimlich an die US-Geheimdienste weitergeleitet und etliche Politiker rufen im Zusammenhang mit Videospielen sogar offen nach Zensur. Diese Liste ließe sich endlos fortsetzen und ist wie schon gesagt nicht nur auf die konservativen (oder auch rechten) Parteien beschränkt. Auch die vermeindlich linken Parteien haben im Zusammenhang mit der "Terrorgefahr" einen Rechtsruck durchgemacht. Der Satz "mehr Freiheit wagen" bei der Antrittsrede von Merkel ist daher recht zynisch und kommt fast schon einer Verhöhnung der Bevölkerung gleich, da derzeit genau das Gegenteil veranlasst wird.
Mich, der ich eine Zeit in solch einem Überwachungs- und Spitzelstaat gelebt hat, erinnert das frapierend eben an jene DDR. Dort wurde dies auch (wie heute) immer damit begründet, daß man die Bevölkerung als Staatspflicht schützen müsse. Damals war es der "Imperialismus" vor dem man die Bevölkerung zu schützen glaubte, heute wird dazu die vermeindliche Terrorgefahr vorgeschoben. Wenn es mit der "Terrorgefahr" aus ist, wird man sicher eine andere Ausrede (Internetkriminalität, Kinderpornografie?) für eine Überwachung finden. Allgemein finde ich es immer noch recht befremdlich, daß man zur Wendezeit zusammen mit der STASI nicht auch noch den BND oder MAD aufgelöst und abgewickelt hat und damit auch die Machenschaften des BND aufgeklärt hat. Es ist eben der gleiche Menschenschlag der bei STASI gearbeitet hat und heute immer noch beim BND schnüffelt. IMHO sollte man den BND auflösen und die Mitarbeiter dieser "Spitzel-Behörde" aufdecken und den Gerichten zukommen lassen. Genau wie bei der Stasi sollten BND-Mitarbeiter von den Schaltstellen der Macht und der Medien entfernt und damit auch öffentlich (und natürlicht auch persönlich) geächtet werden. Die Birthler-Behörde kann zusätzlich zu den STASI-Akten damit auch gleich die BND und MAD-Akten durchleuchten.
Gegen solche Ermächtigungsgesetze kann man tatsächlich nicht viel machen. Aber es gibt z.B. die Aktion
Briefe gegen Datenspeicherung, bei der Beschwerdebriefe unter einer Adresse an alle Bundestagsabgeordneten weitergeleitet werden. Ich habe auch einen Brief geschrieben. Als Antwort erhält man natürlich immer nur die üblichen Beschwichtigungen, daß man sich ein Deutschland auf den kleinstmöglichen Nenner geeinigt hätte, und die Datenspeicherung (der Verbindungsdaten) nicht so schlimm sei und das man als Staat eine Verpflichtung zur Sicherheit der Bevölkerung hätte. Dabei ist nicht nur IMHO die Gefahr im Straßenverkehr oder gar Haushalt umzukommen ungleich größer als die Gefahr Opfer eines Terroranschlages zu werden. Und derzeit ist das Gleichgewicht zwischen Freiheit und Sicherheit eindeutig zu Lasten der Freiheit extrem gestört. Die Maßnahmen werden (und da bin ich mir sicher) im Laufe der Zeit von der reinen Begründung der Terrorabwehr auch auf andere Dinge ausgeweitet werden. Diese Salami-Taktik, daß solche Maßnahmen scheibchenweise langsam immer mehr ausgeweitet werden, ist lange bekannt und schon oft angewendet worden (aktuelles Beispiel sind die Polizeiforderungen nach den eigendich streng zweickgebundenen Mautdaten). Zumindest gegen Datenspeicherung, das geplante Schnüffeln mit BND-Trojanern oder die offen im Raum stehende Internet-Zensur kann man sich eigendlich nur durch massiven Einsatz von Verschlüsselung schützen. In Zukunft muss man sich wohl mit anonymisierenden Proxys (TOR, JAP), alternativen Betriebsystemen oder vielleicht sogar Steganografie vor einem im Wiederaufbau befindlichen Überwachungsstaat schützen. Wobei inzwischen sogar schon die Rechner der anonymisierenden Proxys unter scheinheiligen Begründungen einkassiert und durchsucht wurden.