Das folgende reflektiert meine Eindrücke von dem Spiel
Control und ist wohlgemerkt keine Tiefenanalyse, sondern eher eine Schnellrezension mit subjektiver Färbung. Vorweg muss ich sagen, dass First Person Shooter mit Horrorelementen nicht mehr ganz so mein Ding sind.
Das Spiel macht auf seltsam, was erst einmal interessant ist. Die Grafik ist top und die ganzen Fähigkeiten ganz prima. Die Storyidee mit dem Haus finde ich an sich gut und es gibt auch immer wieder interessante Sequenzen, die wiederum von der Grafik profitieren. Klingt erst einmal toll und die Packung gibt viele Lorbeeren. „80 Auszeichnungen“ und „Generationen werden über das Spiel sprechen“. Das ist also DAS SPIEL. Das setzte bei mir im Nachhinein die Messlatte allerdings so hoch, dass ich bei ersten harmlosen Problemchen anfing das Spiel recht kritisch zu betrachten.
Ich nenne mal ein paar dieser Problemchen vom Anfang. Einzeln betrachtet sind die nicht wild, aber die Summe fiel mir für ein „Generationen werden über das Spiel sprechen“ Spiel dann doch auf.
Teilweise macht es sich das Spiel - trotz aller Komplexität - recht einfach. Beispielsweise kämpft man von Beginn an vorwiegend gegen Besessene, also menschliche Kollegen. Damit das gerechtfertigt ist, versucht Jesse auf Anweisung eines Dritten ganz am Anfang mal einen besessenen Kollegen zu befreien. Das klappt nicht und danach ist das Thema erst einmal komplett vom Tisch. Schade. Jesse denkt auch nicht mehr darüber nach.
Das mit dem Test an Jesse von Emily, der keine eigene grafische Sequenz oder Überblende bekommen hat, wurde einfach nur in einer Unterhaltung reingehauen. Ich kann nicht nachvollziehen, wo die Tests oder zumindest ein Blutentnahme stattfanden und als Mittelpunkt derselben hätte ich das mitbekommen sollen.
Die Geschichte mit den Berechtigungsleveln soll Neubesuche für später interessant machen, allerdings ist das wirklich kein neues Spielelement. An einer Stelle ist es sogar albern, weil ich um den Raum quasi herum gehen muss und dann die Türe von beiden Seiten sehe. Ich bin in dem Spiel die Direktorin, verdammt.
Dank der seltsamen Map und nicht immer gut erkennbaren Orientierungspunkten lief ich manchmal länger umher als nötig. Das ist nicht so wild, aber es gab doch Situationen, wo es mich richtig nervte.
Wenn man stirbt, dann wird man von dem Spiel dreifach bestraft:
- Man spawnt manchmal weit ab von Schuss und muss ziemlich lange rennen/klettern.
- Man trifft dabei manchmal auf respawnende Gegnerhorden, die man eigentlich schon durch hat, was es nicht so attraktiv macht die nochmal anzugehen.
- Man verliert beim Tod einen Teil der gesammelten Rüstungspunkte, also die Zusatzkämpfe „lohnen“ nicht.
All das kostet einfach Zeit, ohne wirklich zu unterhalten.
Die Rätsel bzw. Aufgaben sind mir in Teilen zu rustikal umgesetzt. Da hat man tollste Grafik mit Details und Jesse rammt dann einfach per Telekinese aus schlechtem Winkel Gegenstand A in Vorrichtung B. Vor allem in der Wiederholung ist das eher naja.
Mich hat dann sogar gewundert, dass Jesse sich nicht wundert, dass sie zwar auf den Bildern ist, aber das Namensschild nach das Alte blieb.
Den Flair des kalten Krieges fand ich gut transportiert, die Dialoge haben ihren Charme und Jesse ist eben Jesse. Man läuft am Anfang also Spiele eher neben ihr, als mit ihr, aber das gibt sich recht schnell. So richtig abgeholt hat mich Jesse allerdings dann doch nicht, aber das ist wohl von Spieler zu Spieler unterschiedlich.
Das mit der Steuerung ist gut gelöst und die Kämpfe in sich sinnvoll, auch wenn das Ausweichen der Gegner anstrengend ist, aber sonst wäre es zu einfach bzw. das Ausweichen selber witzlos bzw. die Kräfte zu overpowered. Teilweise wiederholen sich Abläufe, aber das fand ich jetzt nicht so tragisch. Es nimmt vielleicht etwas das Besondere aus einigen Kampfhandlungen, weil es manchmal ein wenig beliebig erscheint. Die Fähigkeiten „funktionieren“, also das hakt nicht irgendwo. Die zur Schau gestellte Zerstörung der Umgebung ist spitzenklasse.
Die ganzen Dokumente, inklusive dem unnötigen Kram, geben Gelegenheit sich tiefer in diese Welt bzw. das Haus einzulesen. Eine Konzeption, die man inzwischen aus vielen Spielen kennt, die hier aber recht gut umgesetzt ist.
Bei der Story scheiden sich vermutlich die Geister. Ob man es „Zischen“, Bruch, Virus, Zombieapokalypse oder sonstwas nennt, im Kern bleibt diese Art der Gegnererschaffung in vielen Videospielen ähnlich. Die mysteriöse bzw. nebulöse Erzählart mag manchen gut gefallen. Ich hatte eher den Eindruck, dass man damit ein bisschen kaschieren möchte, um den Spieler am Anfang auf Linie (Levelvorgehen usw.) zu halten. Jesse macht eben alles mit, weil sie ihr eigentliches Ziel verfolgen möchte und das schafft einen gewissen Abstand zu den Ereignissen im Haus. An einigen Stellen ist das hilfreich, weil man so nicht alles in der Erzählstruktur im Detail rechtfertigen muss. Andererseits führt es dazu, dass man mit jemandem mitläuft, der sich nicht in erster Linie wirklich für die Vorgänge im Haus oder die Menschen dort interessiert. Entsprechend kann man Jesse aus Sicht der Story nicht so tief in gewisse Aspekte eintauchen lassen, weil es erst einmal Mittel zum Zweck ist. Das wiederum hilft aber, Jesse geheimisvoll erscheinen zu lassen. I
Eine Wertung kann ich dem Spiel aber wegen einem wichtigen Punkt nur schwerlich geben. Mir wurde zugetragen, dass viele coole Sachen im Spiel hauptsächlich in den Nebenmissionen auftauchen. Ob die Vorgehensweise mit dem Verstecken von Inhalten eine gute Sache ist oder nicht, ist dann wohl eine unabhängige Diskussion von dem Spiel. Bewerten kann ich diese Elemente dann aber nicht. Es ist ohne Frage ein gutes Spiel, welches man mal gezockt haben sollte.