Das Erste, was mir nach all den Stunden in den Sinn kommt, um das Spiel zu beschreiben, ist Spielspaß, und zwar Spielspaß in seiner reinsten Form. Ys X Nordics macht einfach unfassbar viel Freude, die man aber erst so richtig nach ein paar Stunden der Einführung der Welt vollständig ausleben darf. Lässt man den Spieler dann von der Leine, gibt es in den einzelnen Gebieten kein Halten mehr. Der Drang die einzelnen Inseln von Vorne bis Hinten auf den Kopf zu stellen ist so dermaßen stark, dass ich immer ein bisschen die Miene verzogen habe, wenn eine Insel nur recht spärlich ausfiel, und da sind wir gleichzeitig schon beim ersten Kritikpunkt des Spiels, die Größe und komplexität der meisten Gebiete. Hier hätte man durchaus eine der Stärken des Spiels deutlicher betonen dürfen, denn das Level-Design ist so verdammt gut, und bis in jede kleinste Ecke durchdacht, dass ich stets ein wenig enttäuscht war, wenn die jeweilige Insel überschaubar daherkam. Eine weitere Stärke in dieser Hinsicht sind die Fähigkeiten, die man im Laufe der Geschichte von Ys X: Nordics erhält, da sie nämlich sinnvoll in das Level-Design eingebunden sind, auch wenn man die ein oder andere Mechanik nicht hätte sein müssen.
Kommen wir zu einer weiteren großen Stärke, dem Kampfsystem. Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase und einer individuellen Umlegung der Tasten, war dieses System pures Gold in meinen Händen. Sowohl die beiden Charakter mit ihren speziellen Angriffen jeder für sich, als auch im Doppel, wenn es gegen schwere Gegner ging und man darauf angewiesen war, die Angriffe zu blockieren. Durch das Verbrauchen von Mana war man stets dazu gezwungen zwischen Adol und Karja zu wechseln oder eben mit ihnen, je nach Typ des Gegners, zusammen in die Schlacht zu ziehen und brachiale Angriffe vom Stapel lassen, die großartig inszeniert sind. Zudem schaltet man neue Skills frei, indem man im Level aufsteigt, aber nur in Verbindung mit dem Meistern der Fähigkeiten, was dazu führt, dass man immer wieder sein repertoire dahingehend umstellt und daher keine Langeweile bei den Attacken aufkommt, man sogar viel mehr sie alle auf hundert Prozent bringen möchte (was ich getan habe). Was da dann teils auf dem Bildschirm los war, kam einem Feuerwerk der ersten Güte gleich. Hinzu kommt, und mein Herren, habe ich es geliebt, die direkte (!) Rückmeldung der Steuerung. Kein unnötiges Verzögern, kein Warten, sondern einfach das tun, wann ich es will und wie ich es will. Eine absolute Wohltat, die es gefühlt heutzutage kaum noch zu geben scheint. Hierbei möchte ich noch lobend den Talentbaum erwähnen, der nicht einfach nur Fähigkeiten für das Doppel freischaltet, sondern mit seinen unterschiedlichen Typen an Orbs und dessen individuellen Stärken tiefgründiger ist, als es auf den ersten Blick den Anschein macht.
Natürlich spielt auch das Sammeln von Gegenständen eine große Rolle, um beispielsweise seine eingekauften Waffen, Accessoires und sein Schiff aufzuwerten oder eben um Heiltränke und dergleichen herstellen zu können. Das Schöne an dem Spiel ist, dass man das quasi im Vorbeigehen, wenn man durch die jeweiligen Gebiete fegt, vollbringt. Typischerweise gibt es auch etliche Nebenaufgaben, die nicht selten repetitiv gestaltet sind, aber ab und an gab es wirklich schöne, überraschende und ebenso emotionale Momente zu erleben. Hier kommen wir dennoch zu einer weiteren Kritik, und zwar den Umgang mit den Nebencharakteren. Ja, alle haben ihren Platz, den sie in Ys X: Nordics ausfüllen müssen, und jeder von ihnen bringt seine eigene Identität und Individualität mit ein, sowie eine persönliche Geschichte, die mittels Aufgaben erzählt werden. Man wird zwar beim Erfüllen dieser am Ende mit einer kurzen und teils auch guten Geschichte belohnt, aber hier hätte ich mir Synergien zu Waffen und Ausrüstung gewünscht. Sprich, wenn man eine Storyline mit einem Nebencharakter erfüllt, hätte ich gerne Ausrüstungsgegenstände gesehen, die es nicht zu kaufen oder anderswo zu finden gibt. Diesbezüglich hätte eine Umsetzung wie in Ghost of Tsushima und dessen Side-Storys eine ordentliche Weiterentwicklung dargestellt. Zudem hätte man all diese Geschichten gerne auch mit der Suche nach Schätzen auf Inseln verbinden können, da wir ja immerhin die nördlichen Meere mit einem Schiff überqueren und Abenteuer das höchste Gebot ist.
Kommen wir nun zu der hauptsächlichen Geschichte, zu der ich aber nicht viele Worte verlieren möchte, da sie jeder selbst erleben sollte. Es sei nur soviel gesagt, dass sie mir sehr gut gefallen hat, auch wenn sie in Teilen vorhersehbar war. Nichtsdestotrotz hat es mir äußerst großen Spaß bereitet, die Geschichte rund um die nordische Mythologie in dem Spiel (nachzu)verfolgen. Sie mag nun nicht auf dem allerhöchsten Level agieren, aber die Story hat, zumindest meiner Auffassung nach, keinerlei größere Schwächen und wirkt in sich stimmig. Der eigentliche Fokus liegt aber logischerweise auf Adol und Karja sowie dessen Beziehung zueinander, die mit der Zeit wächst, aber auch nicht immer positiv verläuft, wie es unter Geschwistern normal ist. Karja sticht hier jedoch besonders hervor und ist der heimliche Star in Ys X: Nordics. Der Charakter ist toll geschrieben, großartig in Szene gesetzt und harmoniert neben Adol schlicht hervorragend. Auch diesbezüglich möchte ich nun nicht weiter vorgreifen, da ihr die junge Dame, wie auch das gesamte Spiel an sich, einfach selber kennenlernen solltet.
Ist es nun mein stets propagiertes Game of the Year? Nein, jedoch denkbar knapp verfehlt. Das liegt, so blöde es klingen mag, aber nicht an Ys X. Nordics, sondern daran, dass mich Final Fantasy VII Rebirth auf anderer Ebene etwas mehr berührt hat, die Ys gar nicht liefern kann und will. Wer auf Wertungen steht, Ys X: Nordics ist eine glatte 9 von 10, gleichauf mit Final Fantasy VII Rebirth für mich, aber im Detail nicht ganz so gut, beziehungsweise “anders”. Glaubt mir, es war für mich eine enorm schwere Entscheidung.
Zum Abschluss sei gesagt, es war eine wundervolle Reise durch Ys X: Nordics. Der Titel hat halten können, was ich mir davon versprochen habe und sogar weitaus mehr als das. Eine einzigartige Reihe, bei der ich mit Freude in die Zukunft auf weitere Abenteuer rund um Adol und seinen Freunden blicke, sowie auf die Geschichten mit ihnen, die ich noch nachholen werde.
Allerherzlichsten Dank dafür, Falcom.