Nachdem Ghost of Tsushima zu einem meiner Highlights aus der PS4-Generation gehört, war ich natürlich absolut heiß auf den Nachfolger. Nicht nur habe ich es begrüßt, dass Sucker Punch sowohl einen neuen Schauplatz verwendet, sondern ebenso einen neuen Protagonisten einsetzt. Am Ende war das Spiel zwar ein Schritt nach vorn, aber auch mehrere zur Seite.
Beginnen wir mit dem Schritt nach vorn.
Positiv ist allen voran, dass dem Spieler quasi durchgängig eine Karotte vor der Nase gehalten wird, die einen immer wieder durch die wunderschön gestaltete und prall gefüllte Welt lockt (ich habe selten so viele Fotos in einem Spiel geschossen). Überall gibt es irgendetwas zu entdecken, gefühlt alle paar Sekunden erblickt man etwas Neues und Interessantes, und wenn man dem nachgeht, wird man dafür in den meisten Fällen auf unterschiedliche Weise ordentlich belohnt. Die Open World ist voll von Dingen, die einen vom eigentlichen Pfad ablenken wollen, und dieses Ziel wird keinesfalls verfehlt. Das ist einerseits eine Stärke, jedoch im gesamten Kontext eine Schwäche, auf die ich später nochmal eingehe.
Über das Kampfsystem verliere ich nun nicht allzu viele Worte, denn das ist hervorragend umgesetzt. Die unterschiedlichen Waffen sind nicht nur Zierde, sondern müssen je nach Gegner eingesetzt werden, ansonsten beißt man sich schnell die Zähne aus. Auch die Gadgets verfehlen ihren Sinn und ihre Wirkung nicht. Gleiches gilt für die Skills, die in den Kämpfen spürbar zum Tragen kommen und somit dem Kampfsystem im Verlauf des Spiels eine runde und tolle Dynamik bescheren, was dazu führt, dass wir hier über eine der größten Stärken von Yōtei sprechen und diese somit eine richtig gute Weiterentwicklung anhand des Vorgängers darstellt, die eine Menge Spaß bereitet.
Kommen wir nun zu dem Schritt „Seitwärts“.
Ja, die Open World ist mitunter eine weitere Stärke des Spiels, da sie sich, so wie sie nun mal aufgebaut und designt ist, organisch anfühlt. Aktivitäten werden einem nicht nur als Markierung vorgesetzt und abgearbeitet, man entdeckt diese zum allergrößten Teil. Im Laufe des Spiels ermöglicht Ghost of Yotei es dann einem, die Aktivitäten, die man im Verlauf gezielt ansteuern möchte, durch spielerische Interaktionen einfacher zu finden. Sucker Punch wollte diese Welt mit Leben füllen, und das haben sie in der Tat geschafft. Nur, und jetzt kommen wir zur anderen Seite der Medaille, ist es am Ende einfach zu viel von allem und für Spieler wie mich, die einen inneren Monk in sich tragen, eher von Nachteil, da sich dann zwangsläufig Ermüdungserscheinungen erkennbar machen. Aufgrund der Fülle an nebensächlichen Aufgaben ist eine Wiederholung schlicht nicht zu vermeiden, auch wenn die Aktivitäten gerne mal mit bis zu sehr guten Nebengeschichten garniert sind, was wiederum ein Pluspunkt ist, aber an sich nicht nötig gewesen wäre, wenn man die Geschichte rund um Atsu und all die Charaktere gezielter erzählt und nicht unwesentliche Parts in eben solche Nebengeschichten ausgelagert hätte. Ich habe mich des Öfteren bei dem Gedanken erwischt, dass ich mir das Spiel lieber in einer Semi-Open-World mit gezieltem Verlauf und in der Ausführung der spielerischen Elemente sowie bezüglich der Geschichte eine konzentrierte Umsetzung gewünscht hätte, was dem Erlebnis in Gänze definitiv zugutegekommen wäre. So war es in Summe einfach zu viel des Guten.
Natürlich kann man argumentieren, dass das Spiel nun mal eine Open World mit all ihren Vor- und Nachteilen sein wollte und diese Erwartungen mit Bravour meistert, aber ich bin dessen schlicht überdrüssig geworden.
Trotz alledem hat Sucker Punch einen tollen Job gemacht, auch wenn ich persönlich Ghost of Yotei nicht unbedingt stärker ansehe als seinen Vorgänger. Nur eben breiter im Detail aufgestellt, aber noch immer auf hohem Niveau.
Ghost of Yotei ist ein gutes, bis stellenweise sehr gutes Spiel, das eine Menge Spaß macht, aber eben auch auf unterschiedliche Art und Weise zu lange gezogen ist. Müsste ich eine Wertung vergeben, würden wir uns im mittleren bis oberen Bereich einer 7 von 10 bewegen.