Zu der Mondlandung: Die Information, dass die Mondlandung aus den Schulbüchern gestrichen worden ist, ist extremst wichtig für das World-Building des Films. Die Mondlandung gilt als einer der wichtigsten Meilensteine der Menschheitsgeschichte und das diese den Kindern verwehrt bleibt ist nicht nur ein Mittel um deren Expansionsdrang zu hemmen sondern zeugt auch davon, dass die Menschheit den Glauben an sich selbst verloren hat und sich nur noch auf das Überleben fixiert. Cooper spricht genau dieses Verhalten an als der Abends auf der Veranda sitzt und kritisiert, dass die Menschen quasi nicht mehr träumen über ihre Grenzen zu gehen sondern sich dafür entschieden haben innerhalb ihrer Grenzen zu leben auch wenn diese sich weiter und weiter zuziehen.
Zur Drohnenjagd: Auch dieser Part spielt eine wichtige Rolle, und zwar um Cooper zu charakterisieren. Denn dieser ist weitestgehend eine Anomalie in seiner Welt da er Ambitionen hat und sich der Wissenschaft verschrieben hat. Cooper ist durch und durch ein Mann, der an technischen Fortschritt glaubt und sich diesem auch widmet. Die Szene ist auch sehr deutlich aufgebaut: eigentlich befinden sich Cooper und die Kinder auf dem Weg zur Schule und folgen einer geraden Straße, die man als Metapher für den lahmen Alltag der Familie sehen kann (alle Charaktere wissen, dass Cooper insgeheim kein Farmer sein will). Die vorbeifliegende Drohne ist eine kleine Chance für Cooper aus seinem Alltag rauszubrechen und seiner Leidenschaft nachzugehen, weshalb das Fahrzeug dann vom monotonem Weg abweicht und die Drohen verfolgt. Die riskante Verfolgungsjagd hat auch einen netten Nebeneffekt: Cooper kann die Materialen, die er in der Drohne findet in seine Traktoren reinbauen und diese können dann ferngesteuert und automatisch die Felder bearbeiten. Soviel zum Thema "Hatte das einen Sinn in der Story?". Die einzige Kritik die ich bei dieser Szene nennen würde wäre, dass der Reifen platt war, aber ich kenne mich auch nicht aus mit amerikanischen Autos und deren Fahreigenschaften.
Zu Coopers Auserwählung: Das ist richtiger Mumpitz wenn man den Film nur bis dahin gesehen hat und das komplette Ende ignoriert, denn es wird im Nachhinein erklärt warum Cooper sich auf den Weg dahin befindet und wie sie ausgerechnet die NASA Basis gefunden haben. Kritisieren kann man, dass die NASA nicht weiter nachgefragt hat wie er die Basis gefunden hat oder dass sie keine Nachuntersuchungen getätigt haben. Und ich weiß auch nicht was so unlogisch dran sein soll, dass sich der Konferenzraum neben der Raketenbasis befindet. Die NASA in der Welt von Interstellar agiert im Geheimen und hat vermutlich sowieso wenig raum zur Entfaltung, und vermutlich ist der Konferenzraum entstanden nach dem Bau der Raketenbasis da diese a) höhere Priorität genießt und b) der Konferenzraum vermutlich auch als Tarnung genutzt wird.
Zu Dr.Mann: Man muss sich vor Augen halten, in welchem Umfeld Dr.Mann sich bewegt und warum er handelt wie er handelt. Es stimmt, dass er im Film der zelebrierte Forscher und Astronaut ist, und diese Information verrät auch gleich, dass ihm nicht nur immenses Vertrauen geschenkt wird, sondern dass auch gleichzeitig riesiger Druck auf seinen Schultern lastet. Hier wird entlarvt, dass selbst zwischen Wissenschaftlern auf der ganzen Welt ein Wettstreit besteht, und dass selbst der größte IQ einen nicht vor den eigenen Stolz bewahrt. Dr.Mann wollte sich nicht eingestehen, dass er eine Niederlage kassiert hat und es kein Zurück mehr gibt. Er hat gelogen, dass der Planet der Richtige sein könnte und hat deshalb das Signal entsendet (was Cooper auch als eines der Hauptargumente nimmt um dorthin zu reisen). Er weiß, dass er in den Tiefschlaf muss, weshalb er auch seinen Roboter zur Sprengfalle umfunktioniert, da die Möglichkeit besteht, dass die Leute, die ihn finden würden, zuerst auf den Roboter zugreifen statt ihn zu wecken und so die falschen Daten finden würden. Danach begibt er sich in den Tiefschlaf bis er gefunden wird und dann seine große Lügenstory erzählt, dass sich unter dem Eis eine erdähnliche Welt befände. Hier ist die Interaktion zwischen Cooper und Mann sehr wichtig: Mann versucht Cooper zunächst von dem Gedanken abzubringen ihm die angebliche menschenfreundliche Welt zu präsentieren, scheitert jedoch und macht sich mit ihm auf dem Weg weit weg. Er fragt Cooper nach seiner Ausrüstung um sich genau darüber bewusst zu machen, was er bei sich trägt (deshalb weiß Mann auch, dass wie bei seinem Anzug der Transponder sich am Hals befindet und sich nicht möglicherweise woanders befindet, da die Chance bestünde dass das Anzugsmodell von Cooper viel weiterentwickelter ist als das von Mann). Mann muss Cooper töten, da dieser nun selber sieht, dass sich nur Eis auf dem Planeten befindet, und es kommt zum Kampf. Ich finde Eddy's Interpretation schade, da Nolan bewusst ausgezoomte Kamerafahrten benutzt um zu zeigen, dass die Menschen sich selber immer wieder in die Quere kommen und im Vergleich zu ihrem drumherum geradezu winzig sind. Mir gefiel die Szene, da sie zeigt, dass es Menschen sind, die sich meistens Chancen verbauen durch irrationale Entscheidungen. Mann flieht anschließend, aber nicht um zurückzukehren, sondern wie er selber sagt "die Mission zu vollenden". Dies zeigt, dass Mann nicht dran denkt Nachhause zu fliegen ohne einen Erfolg verbucht zu haben. Mann sieht sich selber als unantastbarer Wissenschaftler und steht für die Überheblichkeit und den falschen Stolz; er setzt die Forschung über Moral und tötet sogar Menschen wenn es sein muss. Und wenn ich ehrlich sein soll sehe ich hier keinen Evil Charakter, sondern durch und durch einen Menschen, der aufgrund seines Rufes und Persönlichkeit Dinge tut, die krass sind. Dass es mit Cooper so weitgekommen ist tut ihm selber sogar Leid, aber da Cooper plante zurückzufliegen nachdem der Bluff von Brand aufflog, war dies die einzige Möglichkeit. Es ist auch seine Überheblichkeit, die ihn das Leben kostet (und zur fantastischen Docking Szene führt). Ich finde die Lösung besser als 2001 zu kopieren und dann künstliche Intelligenz als Antagonisten zu nehmen, was ja schon viele Filme gemacht haben.
Es war Coopers Fehler sich gegen Brand's Entscheidung zu stellen und Manns Planeten zu besuchen; der Planet von Mann steht für die kalte und berechende Wissenschaft, der Planet von Edmund (?) für Liebe (ja, kitschig).
Zum Tesserakt: Ab hier ist alles Spekulation basierend auf Nolans Interpretation von Schwarzen Löchern, und ich denke, dass er es auch geschafft hat eine in sich schlüssige Lösung zu finden. Grundsätzlich ist es ja so, dass wir Menschen in der 4. Dimension leben (X,Y,Z,Zeit), wobei wir keinen Einfluss auf die Zeitkomponente haben. Der Tesserakt am Ende ist die physikalische/greifbare Repräsentation der 5.Dimension in der sich die gesamte Zeitlinie Coopers vor ihm erstreckt und er sich frei bewegen kann. Es gibt ein vorher, jetzt und nachher, sondern einfach die Zeit ohne Beschränkung. Die einzige Konstante in allen Dimensionen ist die Gravitation, die auch für Cooper die einzige Möglichkeit der Kommunikation ist (was auch im Film gesagt wird, also lieber Mal besser aufpassen statt zu meckern, Andre). Das Schwarze Loch hat die Strukturen eines Wurmlochs und befördet ihn in den Tesserakt, der von den 5D Wesen (vermutlich Menschen) erschaffen wurde. Meine Interpretation ist, dass Cooper sich irgendwo zwischen tot und lebendig bewegt, da Mann andeutet, dass wenn man stirbt als aller letztes die Gesicher seiner liebsten Menschen sieht und Cooper nun von Murphs Zimmer umzingelt ist. Nachdem er die Daten sendet, schließen die 5D Wesen den Tesserakt und befördern ihn zum Saturn. Ich kann verstehen, wenn man mit Physik nicht viel anfangen kann, aber die Interpretation Nolans ist in sich schlüssig und wird im Film gut transportiert ohne ausufernd zu werden. Es war auch clever eben NICHT die fünfdimensionalen Wesen näher zu beschreiben oder gar zu zeigen, da dies nicht nur die Filmlogik zerstören würde sondern auch weil es nicht möglich ist sich eben diese Wesen vorstellen zu können. Das ist ja der Punkt an der Sache: die fünfte Dimension ist für uns als Menschen nicht begreifbar. Da diese Wesen die Zeit nach belieben nutzen können lassen sie Cooper genau an den Punkt raus wo die Menschheit sich schon in der Nähe des Saturns festgesetzt hat. Nix Glück.
Zur Murph Szene: Murph hat bis zu Cooper's Rückkehr ihr eigenes Leben gelebt ohne Vater, und auch ihre eigene Familie gegründet. Sie hat auch drum gebeten, dass er sie beim Sterben sieht. Sie weiß auch nicht, wo sich Brand befindet, sondern sagt lediglich, dass sie sich irgendwo da draußen befände. Ihr vergesst dabei, dass sich der Planet von Brand/Anne durch ein Wurmloch erreichbar gewesen ist und das dieses nicht mehr geöffnet ist als die Menschen ihre Zivilisation am Saturn aufbauen, was heißt, dass sie sich viel weiter entfernt befindet als ihr annehmt. Meine Theorie ist, dass der Roboter die Daten haben könnte, die zeigen wo der Planet ist, jedoch wurde dieser nie repariert bis Cooper ihn erst entdeckt hat, weshalb auch keiner was unternommen hat.
Zum weirdo Bruder: Tom hat einfach durch die Abstinenz seines Vaters seinen Glauben an die Wissenschaft und allem Progressivem verloren, weshalb er sich an das Farmerleben bindet und nichts mit der NASA zutun haben will, trotz absolviertem College und allem. Er ist einer der emotional geschädigsten Figuren im Film und verhält sich genauso wie die Schuldirektoren und die restliche Menschheit es auch tut. Hinzu kommt auch, dass sein Sohn gestorben ist und dies auch seinen Teil dazu beigetragen hat, dass Tom seinen Glauben an die Menschheit verloren hat. Seine Wut über seinen Vater ist so stark, dass er dabei sogar Kind und Mutter gefährdet, was natürlich crazy ist aber wie ich finde nachvollziehbar.
Vieles hier ist nur meine Interpretation, während ich aber auch finde, dass ihr teilweise Aspekte kritisiert, die zwar sehr subtil sind aber trotzdem in sich schlüssig sind. Manche Kritik wie der Konferenzraum scheint mir zum Beispiel dermaßen an den Haaren herbeigezogen während ich andererseits verstehen kann, dass das Ende bzw. der Twist einen verwirren kann. Als Weltraumfan habe ich mich schon lange vor dem Film mit den Themen auseinandergesetzt und bin bei weitem kein Experte, weiß aber, dass das sehr kompliziert ist und kann auch verstehen, wenn vieles wie ein Deus Ex Machina daherkommt. Trotz aller Kritik bin ich einfach froh, dass es endlich mal wieder einen fantastischen originellen Film gibt, der nicht auf irgendeine Comiclizenz basiert. Ein Film der trotzt multimillionen Dollar Budget damit auskommt, dass nicht eine einzige Waffe abgefeuert wird oder irgendeine stupide Sexszene oder sonst etwas eingefügt wurde. Ich bin Nolan echt dankbar!